Ganz ehrlich – mein erster Gedanke war: Noch so ein Tschakka-Tschakka Buch. Kennen wir alles, wissen wir alles und ist in der Praxis auch gar nicht machbar. Wahrscheinlich wieder eines von den vielen Motivationsbüchern, die man heute noch nicht einmal mit ruhigem Gewissen verschenken kann, wenn man sich langfristig keine Feinde machen will.
Ich habe gerade in den Anfängen meiner Selbständigkeit wirklich viele von diesen Büchern gelesen, unzählige Seminare und Vorträge besucht und das Ergebnis war immer dasselbe: Tschakka-Tschakka funktioniert genau 24 Stunden … dann macht es “puff!” und alles ist wie zuvor. Aber immerhin: Der gute Wille war da, es ist bequem und es gibt einem für einen Moment das Gefühl, die Welt aus den Angeln heben zu können (ohne etwas dafür tun zu müssen), bringt einen dann leider genauso schnell wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurück.
Aber zurück zu “Steh auf!” von Boris Grundl. “Ein bisschen Kurzzeit-Motivation kann ja nicht schaden” dachte ich mir, also einfach mal reinschauen. Kann’s ja nach zehn Seiten wieder weglegen.
<< Er ist Mitte zwanzig, hoffnungsvoller Tennisspieler und erfolgsverwöhnter Sonnyboy. Er kostet das Leben voll aus – Sport, Charmeur, Frauenheld, ein Grenzgänger auf der Suche nach dem nächsten Kick. Da passiert es: ein Unfall. Boris Grundl ist querschnittgelähmt, physisch und psychisch am Ende. 90 Prozent seiner Muskulatur – gelähmt. Karriere, Zukunft, Unabhängigkeit – verloren. Das Leben, wie er es geliebt hat – vorbei. Stattdessen Reha, Rollstuhl, Sozialhilfe. Boris Grundl hat fast nichts mehr. Was ihm geblieben ist: ein klar denkender Kopf, zehn Prozent Restmuskulatur und ein starker Wille, gepaart mit Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. >>
Das war die Ausgangssituation für ein Leben, das wahrscheinlich viele bereits an diesem Punkt aufgegeben hätten. Da ich selbst im Laufe der Jahre von einigen, zum Teil schweren, gesundheitlichen Schicksalsschlägen überrumpelt wurde, aber glücklicherweise auch zu denen gehöre, die nur eine Richtung kennen, wusste ich nur allzu genau , wovon Boris Grundl hier spricht. Es schien wirklich aussichtslos. Aber nicht für Boris Grundl.
Und schon war ich mitten drin in einer Geschichte, die so nur das Leben schreiben kann.
<< Er gibt nicht auf und arbeitet an seiner inneren Einstellung, befreit sich aus der Rolle des Behinderten. Als erster Rollstuhlfahrer schließt er sein Studium der Sportwissenschaften ab. Er wird Verkäufer von Rollstühlen, steigt zum Marketing- und Vertriebsdirektor in einem Großkonzern auf. Nebenbei wird aus einem Sozialhilfeempfänger einer der besten Rollstuhl-Rugby-Spieler der Welt. Heute ist Boris Grundl erfolgreicher Managementtrainer, Keynote-Speaker und CEO. >>
Wenn Boris Grundl diesen Weg nicht genau so tatsächlich gegangen wäre, ich würde sagen “Nette Geschichte, aber weit an der Realität vorbei”. Tschakka-Tschakka. Punkt. Aber Boris Grundl ist durch und durch authentisch, “stimmig”, wie er sich selbst bezeichnet. Er verzichtet auf das Sieger-Image und jegliche Superlative. Stattdessen zeigt er am eigenen Beispiel, dass es geht. Nicht mehr und nicht weniger. Auf die “Geheimnisse der Erfolgreichen” warten Sie hier vergebens. Sein Weg war und ist der Wille etwas zu schaffen und die Klarheit darüber, wer und in welcher Situation man eigentlich ist und welche Möglichkeiten man wirklich hat.
Böse Stimmen mögen jetzt sagen “Kenn ich doch alles schon, nichts neues”. Doch, ist es und auf genau dieses Phänomen geht Boris Grundl auch gleich in den ersten Kapiteln seines Buches ein: Der Unterschied zwischen Kennen und Können ist der Unterschied zwischen Stillstand und Entwicklung. Diese “Kenn-Ich-Typen” sitzen einfach in jedem Seminar, in jedem Vortag. Sie haben auch im meinen Seminaren gesessen und mussten sich gelegentlich publikumswirksam von mir fragen lassen “Und warum sind Sie dann hier?”. Dabei ging es mir immer wieder auf’s Neue wie Boris Grundl – es machte mich innerlich aggressiv.
Das Fazit zu diesem Buch schoss mir heute beim morgendlichen Hundespaziergang durch den Kopf: “Wenn Boris Grundl es unter dieses widrigen Bedingungen geschafft hat, dann kannst du das auch, denn deine Ausgangssituation ist besser, tausendmal besser”.
Von mir eine klare Leseempfehlung für ein außergewöhnliches Buch über das außergewöhnliche Leben eines außergewöhnlichen Menschen.
