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Was, wenn es in den Krankenhäusern eng wird? Endzeitstimmung in den Medien

Eine Kolumne an Allerheiligen zu schreiben und auch noch bei miesem Wetter, das ist nicht lustig. Wie überhaupt seit Wochen schon keine gute Stimmung so recht aufkommen will: Abend für Abend sehe ich in Nachrichten und Extrasendungen auf allen Kanälen Schläuche, Monitore und Bilder mit verpixelten Patienten auf Intensivstationen und höre Stimmen, die vor der Überlastung des Gesundheitssystems und einem Run auf die Intensivbetten warnen.

Und selbst, wenn diese noch ausreichend vorhanden sein sollten, wird es definitiv an Pflegepersonal fehlen, um die Patienten zu versorgen. Man muss kein(e) Augur*in sein (mit Atempause beim Sternchen zu lesen), um vorauszusehen, dass in Kürze die Virologen, die Mediziner und mit ihnen unisono die Medien den letzten Pfeil aus dem Köcher ziehen: die Triage. Genau damit zielen sie auf die Mitte der ängstlich klopfenden Herzen der Menschen. Es herrscht mediale Endzeitstimmung. Verglichen damit haben die Bilder der vier Reiter der Johannes-Apokalypse einen hohen Symbol- und Unterhaltungswert.
Dabei ist die Sichtung oder Einteilung bei einem unerwartet hohen Aufkommen von Verletzten z. B. nach einem Erdbeben oder einer Explosion ein notwendiges Verfahren, wenn die Kapazitäten und Ressourcen knapp sind. Ich beneide Ärzte und Rettungssanitäter nicht darum, dass sie innerhalb von Sekunden entscheiden müssen, wen sie zuerst medizinisch versorgen und wer auf Hilfe warten muss.

Chaos mit Ansage

Doch bei Corona liegt die Sache ein bisschen anders, das Chaos kommt mit Ansage. Darum würde ich – was mich betrifft – gerne ein Wörtchen mitreden. Die Stadt Essen hat z. B. ein Online-Formular ins Netz gestellt, um nicht-coronakonformes Verhalten zu melden. Klar, warum nicht mal die Nachbarn in die Pfanne hauen? Habe ich auch schon gemacht, indem ich Adressen von Menschen, die ihre Kartons vor den Papiercontainern vor meinem Büro auf dem Fürstenplatz abstellten, ans Ordnungsamt weitergegeben habe oder die Kartons den Leuten wieder zurück in ihren Hausflur gebracht habe. Das war kleinlich und spießig von mir. Außerdem knibbeln viele ihre Adressen ab und all das fördert auch nicht das nachbarschaftliche Miteinander. Das habe ich eingesehen, denn viel wichtiger als Leute dazu zu bringen, ihren Müll ordentlich zu entsorgen, ist es ihren Müll in Gemeinschaftsaktionen aus Wäldern, Fluren und Gewässern wieder einzusammeln. Das kommt gut an.

Jetzt schon bewerben

Aber zurück zur Triage: Wie wäre es mit einer Art Bewerbung, um im Fall der Fälle den Verarztenden eine Entscheidungshilfe bei der Zuteilung von Sauerstoffmasken und Lungenmaschinen zu geben? Sollte am Ende womöglich das schnöde Geburtsdatum den Ausschlag geben, ausgerechnet jetzt, wo die Schwererkrankten immer jünger werden? Wer mich in einem desolaten und lebensbedrohlichen Zustand sieht, kann ja nicht ahnen, dass ich nicht rauche, maximal ein Glas Wein vertrage (Schnaps geht besser), Fahrrad und kaum Auto fahre, Sport treibe, keine Vorerkrankungen habe bis auf ein paar Allergien, keine Medikamente nehme und mich halbwegs gesund ernähre. Außerdem habe ich keine Vorstrafen und zahle Steuern, sogar Kirchensteuern, so dass ich mir hier einen Extrapunkt ausbitte und geistlichen Beistand. So etwas kommt also dabei heraus, wenn man sich auf Allerheiligen Gedanken über das Diesseits macht und dem Jenseits und den Heiligen nicht so recht traut.

 

Mehr zum Autor

Susan Tuchel, Journalistin, Autorin und PR-Beraterin in Düsseldorf, nimmt gesellschaftliche Trends, politische und wirtschaftliche Entwicklungen ins Visier. Ihre Kolumne, mal sachlich und nüchtern, mal emotional oder scharfzüngig, erscheint exklusiv jeden ersten Montag im Monat bei business-on.

Foto:
Alexander Vejnovic

Bildquellen

  • dateien_bilder_susan_tuchel_thumb_180: Alexander Vejnovic
  • intensivstation_krankenhaus: Michael Bührke / pixelio.de

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