Der Winter ist auch die Zeit vielfältiger Erkältungskrankheiten. Der Ausfall von Mitarbeitern ist nicht immer leicht zu kompensieren und führt häufig zu betrieblichen Beeinträchtigungen. Wenn sich krankheitsbedingte Fehlzeiten bei einzelnen Mitarbeitern summieren, stellt sich die Frage, ab wann Krankheitszeiten einen personenbedingten Grund im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes darstellen.
Die Rechtsprechung hat hierbei vier Fallgruppen herausgebildet. Zum einen gibt es das Phänomen der häufigen Kurzerkrankungen, daneben die langanhaltende Krankheit, die krankheitsbedingten Leistungsmängel und die subjektive Unmöglichkeit, welche besagt, dass klar ist, dass der Mitarbeiter die von ihm geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft nicht mehr erbringen kann.
Bei allen Erscheinungsformen der krankheitsbedingten Kündigung hat die Rechtsprechung verschiedene Erfordernisse aufgestellt. Dreh- und Angelpunkt ist hierbei eine sogenannte negative Gesundheitsprognose. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der Arbeitgeber berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass auch zukünftig mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen sein wird. Da regelmäßig keine Kenntnisse über die Prognosen und Diagnosen bestehen, kann sich der Arbeitgeber hierbei auf die Fehlzeiten in der Vergangenheit zunächst zurückziehen.
Negative Gesundheitsprognose ist die Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung
Hierbei begründen regelmäßig Fehlzeiten von jeweils mehr als sechs Wochen pro Jahr, bezogen auf die vergangenen drei Jahre des bestehenden Arbeitsverhältnisses, eine negative Gesundheitsprognose. Allerdings kann diese zunächst gestellte Prognose im Prozess vom Arbeitnehmer durch den Hinweis auf erfolgreiche Therapien und positivem Krankheitsverlauf etc. erschüttert werden. Ferner müssen die Fehlzeiten zu wirtschaftlichen oder betrieblichen Beeinträchtigungen führen. Dies können zum einen Entgeltfortzahlungskosten von mehr als sechs Wochen pro Jahr, Kosten für Ersatzkräfte, Überstunden oder Leiharbeitnehmer sein, aber auch Beeinträchtigungen durch nicht erledigte Arbeiten, verzögerte Bearbeitungen bis hin zu Auftragsverlusten. Auch die Unsicherheit über die Wiederbesetzbarkeit des Arbeitsplatzes bei langanhaltenden Krankheiten kann eine betriebliche Beeinträchtigung darstellen.
Schließlich muss der Arbeitgeber eine umfassende Interessenabwägung anstellen, bei der sowohl das Alter des Arbeitnehmers, die Betriebszugehörigkeit als auch die wirtschaftlichen und betrieblichen Beeinträchtigungen miteinander abgewogen werden. Insbesondere muss der Arbeitgeber prüfen, ob nicht eine leidensgerechte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gegeben ist. Um dies zu ermitteln, ist die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zwingend erforderlich. Die Nichtdurchführung des BEM führt in einem eventuellen Schutzprozess zu erheblichen Nachteilen auf Seiten des Arbeitgebers.
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Geschäftsführer Recht & Tarife und Rechtsanwalt Volker Hepke
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