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Recht & Steuern

Kündigung in der Probezeit

Immer wieder passiert es, dass sich die Erwartungen, die man nach einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch hatte, nicht erfüllen und das Arbeitsverhältnis deswegen in der Probezeit beendet werden soll. Eigentlich ist dies rechtlich unproblematisch – aber nur auf den ersten Blick.

Symbolfoto: Fokussiert / Adobe Stock

Zwar findet das Kündigungsschutzgesetz erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit Anwendung, allerdings wird hierbei auch die vorher absolvierte Ausbildung angerechnet. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich bei Vorliegen eines besonderen Kündigungsschutzes. Das SGB IX, welches einen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte normiert, ist dabei keine Schwierigkeit, da dieser Schutz ebenfalls erst nach sechs Monaten einsetzt. Anders verhält es sich bei Schwangeren, die vom Mutterschutzgesetz erfasst werden. Der besondere Kündigungsschutz gilt hier unabhängig von einer Probezeit oder der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. So verhält es sich auch für Beschäftigte, die Elternzeit beantragen. Der besondere Schutz des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt hier auch unmittelbar. Schließlich kann außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes eine Kündigung unwirksam sein, wenn sie gegen „Treu und Glauben“ verstößt. Dies wäre der Fall, wenn sich der Arbeitgeber treuwidrig verhält, in dem er dem Mitarbeitenden bis zum letzten Tag suggeriert, dass die Probezeit als bestanden gilt, nur um dann trotzdem zu kündigen.

Letzter Stolperstein ist die Betriebsratsanhörung. Auch bei einer Kündigung in der Probezeit muss der Betriebsrat, falls vorhanden, angehört werden. Zwar bedarf es keines Grundes im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, aber die für die Kündigungsentscheidung maßgebliche Motivation muss dem Betriebsrat mitgeteilt werden. Wenn es sich um eine faktenbasierte Entscheidung handelt, müssen dem Betriebsrat auch die maßgeblichen Fakten konkret mitgeteilt werden. Nur wenn es sich um eine rein subjektive Entscheidung des Arbeitgebers handelt, reicht in der Anhörung der Verweis hierauf aus. Es muss dann aber in der Anhörung deutlich zum Ausdruck kommen, dass es sich um eine rein subjektive Beurteilung und Entscheidung handelt, die nicht auf konkreten Tatsachen beruht.

— Volker Hepke —

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ZUM AUTOR

Rechtsanwalt Volker Hepke, Geschäftsführer Recht & Tarife
AGA Norddeutscher Unternehmensverband
Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Im AGA sind mehr als 3.500 überwiegend mittelständische Groß- und Außenhändler sowie unternehmensnahe Dienstleister aus Norddeutschland organisiert. Der AGA unterstützt in Unternehmens- und Personalführung sowie in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Ferner vertritt der AGA die branchen- und firmenspezifischen Belange seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. www.aga.de

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Bildquellen

  • Volker Hepke: Ulrich Perrey / AGA Unternehmensverband
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