Recht & Steuern

Schutz privater Nachrichten am Arbeitsplatz

Die Überwachung privater E-Mails von Arbeitnehmern darf nur eingeschränkt erfolgen. Die Grenze der Verhältnismäßigkeit gilt auch, wenn die private Nutzung von Internet und E-Mail-Diensten am Arbeitsplatz verboten ist. Das Recht auf Privatsphäre muss der Staat auch gegenüber dem Arbeitgeber schützen, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) klar.

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Geklagt hatte ein rumänischer Arbeitnehmer, der gekündigt wurde, weil er auf seinem dienstlichen PC private Nachrichten über einen Messenger verschickte, der ausschließlich dienstlich genutzt werden durfte. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Überwachung des Arbeitnehmers gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens verstoßen habe, das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert ist.

Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich zu Kontrollen berechtigt, die Überwachung muss aber verhältnismäßig sein. Der Beschäftigte hätte zudem über die Möglichkeit zur Überwachung sowie Art und Umfang der Maßnahme informiert werden müssen. Dies hätten die rumänischen Gerichte prüfen müssen. Auch hätte geklärt werden müssen, ob der Arbeitgeber einen legitimen Grund für die Kontrolle hatte und ob mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um einen etwaigen Verstoß festzustellen. Da dies unterlassen wurde, sprach die Große Kammer des EGMR dem Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch gegen den rumänischen Staat zu.

Verurteilt wurde damit Rumänien. Als Mitglied des Europarats muss sich aber auch Deutschland an die Vorgaben des Urteils halten, wenn es keine eigene Verurteilung riskieren will. Kriterien, wie sie der EGMR nun erstmals formuliert hat, gab es hierzulande bisher nicht in diesem Detail.

In Deutschland dürfen Arbeitgeber die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit verbieten – zum Beispiel ausdrücklich in einem Anhang zum Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung.

Wenn aber die private Internetnutzung über lange Zeit durch den Arbeitgeber geduldet wird, entspricht dies einer konkludenten Erlaubnis. Kontrollen grenzte das Bundesarbeitsgericht im Juli 2017 in einem konkreten Fall ein. Danach dürfen Unternehmen keine verdeckten Spähprogramme einsetzen. Keylogger, die alle Tastatureingaben heimlich protokollieren und Bildschirmfotos schießen, sind für eine Überwachung „ins Blaue hinein“ unzulässig.

Die Verlaufsdaten eines Internetbrowsers dürfen dagegen nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg für Kontrollen und gegebenenfalls eine Kündigung verwendet werden. Höchstrichterlich wurde die Frage noch nicht entschieden. Gibt es einen Betriebsrat, hat dieser bei der Art und Weise der Kontrollen immer mitzubestimmen.

Daher sollten Arbeitgeber sich zumindest durch eine unternehmensinterne Regelung absichern. Gibt es die nicht, laufen beide Seiten Gefahr, dass es zu Missverständnissen kommt. Was dabei aus Sicht des Menschenrechtsschutzes zu beachten ist, haben die Straßburger Richter nun vorgegeben.

 

– Rechtsanwältin Michaela Hofbauer —

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ZUR AUTORIN

 

Rechtsanwältin Michaela Hofbauer
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