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Recht & Steuern

Corona-Pandemie: Ist eine Impf- und Testpflicht für Beschäftigte zulässig?

Ende des Jahres 2020 sind die ersten Impfungen gegen das Coronavirus durchgeführt worden, die nach einem vorab festgelegten Plan erfolgen, der zwischen unterschiedlichen Gruppen differenziert. Dies und auch begrenzte Impfkapazitäten führen dazu, dass es dauert, bis alle, die sich impfen lassen wollen, auch eine Impfung bekommen können. Bereits jetzt wird diskutiert, ob geimpfte Personen Vergünstigungen im Hinblick auf Kontaktbeschränkungen etc. erhalten können. Unabhängig von diesem Solidargedanken, der dadurch deutlich beeinträchtigt wäre, stellt sich auch die Frage, ob weitere Einschränkungen von Personen, von denen keine Gefahr mehr ausgeht, rechtlich umsetzbar sind.

Darüber hinaus gibt es auch Bereiche, in denen aufgrund von Verordnungen eine Testpflicht besteht, da Beschäftigte in diesen Bereichen ein erhöhtes Risiko für ihnen anvertraute Personen darstellen. Mitarbeiter, die sich dennoch nicht testen lassen wollen, dürften dann nicht beschäftigt werden und würden in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Entgelt haben.

Fraglich ist, ob Arbeitgeber auch unabhängig von behördlichen Anordnungen in ihren Unternehmen durchsetzen können, dass nur regelmäßig getestete Personen oder später nur geimpfte Personen beschäftigt werden dürfen. Sowohl beim Test als auch bei der Impfung handelt es sich jeweils um Grundrechtseingriffe, die nur gerechtfertigt sein dürften, wenn überragende Interessen auf der anderen Seite bestehen. Dies wäre zu bejahen bei Beschäftigtengruppen, denen besonders vulnerable Personen, beispielsweise in der Pflege, anvertraut sind. Eine generelle Pflicht zur Testung in anderen Bereichen dürfte dagegen nur zulässig sein, wenn ebenfalls hohe Ansteckungsrisiken bei besonders gefährdeten Personen zu befürchten sind.

Keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Weigerung gegen Corona-Test oder Impfung

Die Weigerung, sich testen zu lassen, darf daher grundsätzlich auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Dies schließt selbstverständlich freiwillige Angebote des Arbeitgebers nicht aus. So darf der Arbeitgeber auch Werbung für die Impfung betreiben. Ob dagegen am Arbeitsplatz eine Differenzierung zwischen geimpften und nicht geimpften Mitarbeitern erfolgen darf, etwa nur geimpften Beschäftigten den Zugang zur Kantine zu gewähren oder beispielsweise Kundenkontakt haben können, dürfte zweifelhaft sein. Auf jeden Fall dürfte eine Differenzierung so lange unzulässig sein, solange nicht alle Beschäftigten die Chance gehabt haben, sich impfen zu lassen. Ob danach eine Differenzierung zulässig wäre, ist dagegen durchaus denkbar, wenn sichergestellt wird, dass auch geimpfte Personen keine Überträger der Viren darstellen können und mit der Differenzierung ein sachlich zu rechtfertigendes Ziel verfolgt wird.

Da das Thema Corona und sicherlich auch die anstehende Impfung Gesprächsstoff unter den Beschäftigten darstellt, stellt sich ferner die Frage, wie man mit Mitarbeitern umgeht, die sich als Corona-Leugner präsentieren und andere Kollegen von ihrer Meinung bzw. den Vorbehalten gegenüber einer Impfung überzeugen wollen. Dies dürfte als Störung des Betriebsfriedens anzusehen sein und kann daher grundsätzlich auch mit einer Abmahnung geahndet werden.

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ZUM AUTOR

Geschäftsführer Recht & Tarife und Rechtsanwalt Volker Hepke
AGA Norddeutscher Unternehmensverband
Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Im AGA sind mehr als 3.500 überwiegend mittelständische Groß- und Außenhändler sowie unternehmensnahe Dienstleister aus Norddeutschland organisiert. Der AGA unterstützt in Unternehmens- und Personalführung sowie in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Ferner vertritt der AGA die branchen- und firmenspezifischen Belange seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. www.aga.de

Bildquellen

  • Volker Hepke: Ulrich Perrey / AGA Unternehmensverband
  • AdobeStock_398634331: escapejaja / stock.adobe.com
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