Oberhausen. 70.000 Quadratmeter des Gasometers haben im letzten Jahr einen neuen Korrosionsschutz erhalten. Dazu mussten die Mitarbeiter der mittelständischen Rodopi Gruppe in Höhen von bis zu 117,5 Meter arbeiten. Susan Tuchel traf den Inhaber und Managing Director Ercan Kara Osman in seinem Büro in Düsseldorf.
business-on: Noch bis zum 30. Dezember läuft die Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ zur Klimageschichte des Planeten im Gasometer in Oberhausen. Was die Besucher nicht sehen, ist, welche Sanierungsmaßnahmen Sie mit Ihren Mitarbeitern durchgeführt haben …
Ercan Kara Osman: Stimmt, wenn alles schön ist, erinnert sich niemand mehr an den Rost, die Korrosionsschäden und die 14 alten Farbschichten. All das haben wir über Monate in einem sehr aufwändigen Trockenstrahlverfahren entfernt. Um Ihnen die Dimensionen einmal zu verdeutlichen: Vier Kilometer Strahlschläuche, drei Kilometer Absaugschläuche und weitere zweieinhalb Kilometer Druckluftschläuche, also fast zehn Kilometer Schläuche, waren hierfür im Einsatz. Da die alten Farben zum größten Teil Blei enthielten, mussten wir außerdem so genannte Schwarz-Weiß-Schleusen errichten. Diese mussten die Mitarbeiter in Sicherheitsausrüstung passieren und nach jeder Schicht dekontaminiert werden.
business-on: Und wie haben Sie die Arbeiten hoch oben auf dem Dach erledigt?
Ercan Kara Osman: Für den Korrosionsschutz dort haben wir einen ferngesteuerten Roboter eingesetzt, weil die Tragkraft nicht mehr gewährleistet war. Dafür mussten wir die Innendecke direkt unter dem Dach des Gasometers mit einem Spezialgerüst und mit Industriekletterern händisch entrosten.

Auf dem Dach des Gasometers kam ein ferngesteuerter Roboter zum Einsatz
business-on: Und wann waren Sie damit fertig?
Ercan Kara Osman: Die Arbeiten waren bereits letzten Oktober weitgehend abgeschlossen. Aber erst vor vier Monaten hatten wir einen endgültigen Abnahmetermin mit einem Team von Kletterern, denn wo wir gearbeitet haben, da müssen diejenigen, die die Abnahme machen, ja erst einmal hinkommen.
business-on: Die letzten Sanierungsarbeiten am Gasometer wurden 2002/2003 durchgeführt. Aber trotzdem gab es erneut starke Korrosionsschäden. Hält die Sanierung des Energie-Industriedenkmals mit der Rodopi Gruppe länger?
Ercan Kara Osman: Wir gehen davon aus, dass unser Korrosionsschutz mit den fünf Schichten drei Jahrzehnte das Industriedenkmal zuverlässig vor Wind und Wetter schützen wird. Das liegt an unserem Know-how und der Manpower, die wir für den Korrosionsschutz eines solchen Stahlbauprojektes mitbringen. Wir haben allein 90 qualifizierte Mitarbeiter für den Bereich Stahlbau-Korrosionsschutz und Finishing. Wir versehen nicht nur Bauwerke mit Korrosionsschutz, sondern übernehmen auch Oberflächenbeschichtung für Schiffbau, Offshore und Windkraftanlagen.
business-on: Alles Projekte hier in Deutschland?
Ercan Kara Osman: Nein, die Rodopi Gruppe ist mit 300 Mitarbeitern im Bau von Rotorblättern weltweit im Einsatz. Wir generieren mittlerweile über 80 Prozent der Umsätze aus Bau, Service und Reparatur von Windkraftanlagen für On- und Offshore.
business-on: Woher bekommen Sie Ihre Mitarbeiter in Zeiten des Fachkräftemangels?
Ercan Kara Osman: Wir haben 2019 ein Schulungszentrum in Xanthi in Griechenland gegründet. Die meisten unserer Mitarbeiter kommen aus Südeuropa, aus Griechenland, Portugal, Spanien und Bulgarien. Das Schulungszentrum ist nach den Standards der Global Wind Organisation (GWO) zertifiziert und wurde bereits zwei Mal auditiert. Ein weiteres Schulungszentrum errichten wir zur Zeit in Aveiro in Portugal. Das soll Ende des Jahres fertig werden, so dass wir 2023 mit den Schulungen starten können.
business-on: Was lernen die Mitarbeiter in Ihren Schulungszentren?
Ercan Kara Osman: Wenn Sie so wollen, jeden Handgriff, den die Männer brauchen, wenn sie auf Montage gehen. Wir haben Ingenieure, Maler und Hilfsmaler vor Ort. Wir bilden zum Gabelstaplerfahrer oder Portalkranführer aus. Wir schulen in der Reparatur von Rotorblättern, aber auch im Heben und Tragen von Lasten, im Arbeiten in der Höhe, im Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen, in der Ladungssicherung und in der Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Ertrinken. Es gibt Module in der Gerüstnutzung, im Gehörschutz, im Atemschutz, aber auch in Erster Hilfe, im Retten aus Höhen und Tiefen sowie in engen Räumen und im Brandschutz und noch einige Module mehr.
business-on: Das klingt nach harten Jobs für harte Männer. Warum rekrutieren Sie im Ausland und wo werden die Steuern für Ihre Mitarbeiter gezahlt?
Ercan Kara Osman: Wir rekrutieren unsere Mitarbeiter im Ausland, weil wir hier keine bekommen. All unsere Mitarbeiter sind jedoch in Deutschland fest angestellt und zwar nach deutschen Lohnstandards. Hinzu kommen noch Hotel und Essen, wenn die Mitarbeiter in Deutschland auf Montage gehen und in Windparks oder auf Werften arbeiten. Auf diese Weise kommen viele Familien in Südwesteuropa zu mehr Wohlstand und wir können uns hier in Deutschland um so große Projekte wie für den Gasometer bewerben.
Bildquellen
- roboter dach klein: Dirk Böttger
- Ercan Kara Osman, Geschäftsführer der Rodopi Gruppe: Alexander Vejnovic
