Der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte hat eine neue Dimension erreicht: Neben Gehalt und Benefits entscheiden Arbeitsumfeld, Sinnstiftung und kulturelle Passung immer häufiger über Zu- oder Absage. Kunst kann hier ein wirkungsvolles, aber oft unterschätztes Instrument sein. Richtig eingesetzt, übersetzt sie Unternehmenswerte in eine sicht- und spürbare Umgebung – vom Empfang über Projektflächen bis zu Events. Das Ergebnis: stärkere Identifikation, ein prägnanter erster Eindruck und eine Arbeitsatmosphäre, in der Menschen gern bleiben.
Warum Kunst wirkt: Psychologie, Raum & Kultur
Kunst spricht mehrere Ebenen gleichzeitig an:
- Identität & Werte: Kuratierte Werke vermitteln, wofür ein Unternehmen steht – Innovationsfreude, Diversität, Nachhaltigkeit, lokale Verwurzelung.
- Atmosphäre & Fokus: Farben, Formen und Motive beeinflussen Stimmung und kognitive Aktivierung. Räume werden markanter, Zonen erhalten Charakter und Funktion.
- Gesprächsanlässe: Kunst eröffnet Dialoge – intern wie extern. Sie lädt zu Fragen ein, stiftet Gemeinsamkeit und erzeugt Momente, die in Erinnerung bleiben.
Im Kern schafft Kunst einen Kulturmarker: eine sichtbare, glaubwürdige Verdichtung dessen, was in Leitbildern oft abstrakt bleibt.
Anwendungsfelder im Unternehmen
3.1 Empfangsbereich & Besucherwege
Der erste Eindruck prägt. Ein kuratierter Eingangsbereich macht die Marke erlebbar, bevor das erste Wort gesprochen ist. Großformate oder modulare Hängungen entlang der Wege strukturieren Besuchserlebnisse, leiten durch das Gebäude und schaffen Fotomotive für PR und Social Media.
3.2 Arbeitszonen & Kreativräume
Räume für Fokus benötigen andere Impulse als Kollaborationsflächen. In Think Tanks, Projekträumen oder Labs funktionieren experimentellere Arbeiten, die Perspektivwechsel begünstigen. In Bereichen für konzentriertes Arbeiten empfehlen sich ruhige Kompositionen und klare Linien.
3.3 Events, Jubiläen & Kampagnen
Temporäre Installationen zu Meilensteinen – vom Produktlaunch bis zum Firmenjubiläum – verstärken Botschaften und ziehen Mitarbeitende aktiv ein. Live-Formate (z. B. begleitende Skizzen, Mural-Entstehung, Illustration bei Townhalls) machen Wandel und Kreativität erlebbar.
Street Art im Unternehmen: Mut zur urbanen Bildsprache
Street Art bringt Energie, Mut und Urbanität in die Unternehmenswelt. Sie eignet sich für Atrien, Cafeterien, Außenfassaden oder Parkgaragen – Orte, an denen alltägliche Wege zu bleibenden Erlebnissen werden. Gerade Graffiti Art zeigt, wie sich junge visuelle Sprachen mit Markenidentität verbinden lassen: progressiv, zugänglich und nah an Popkultur. Wichtig ist eine sorgfältige Auswahl der Künstler:innen und ein klares Briefing, das Themen, No-Gos und die räumliche Wirkung adressiert.
Zusammenarbeit mit Nachwuchskünstler:innen – so gelingt’s
Die Kooperation mit Studierenden oder frischen Absolvent:innen schafft Mehrwert auf beiden Seiten:
- Briefing mit Haltung: Ziele, Zielgruppen, Räume und Werte definieren. Beispiele zeigen, aber keine „Copy-Paste“-Vorgaben.
- Kuratierte Auswahl: Stilrichtungen und Medien testen (Malerei, Illustration, Fotografie, Mixed Media, Street Art). Ein kurzes Portfolio-Screening hilft beim Match.
- Prozess & Meilensteine: Kick-off, Entwurfsphase, Zwischenabnahmen, Endabnahme. Transparenz verhindert Missverständnisse.
- Nutzungsrechte klären: Ausstellung vs. Ankauf, Reproduktion (z. B. Broschüren, Website), Social-Media-Regeln, Credit-Lines.
- Einbindung der Belegschaft: Voting-Formate, Artist Talks, kleine Vernissagen – Beteiligung erhöht Identifikation.
Wer sich einen niedrigschwelligen Einstieg wünscht, kann Editionen oder kleinere Originale in Serie einsetzen – etwa pro Teamzone ein eigenes Motiv. So entsteht Vielfalt mit konsistenter Klammer.
Budget, Beschaffung und Organisation
Budgets variieren nach Format, Medium und Dauer (temporär vs. Ankauf). Ein pragmatischer Start:
- Pilot: 3–5 Werke (Originale/Editionen) für Empfang und zwei Kernzonen.
- Temporär: Wechselhängung im Halbjahresrhythmus; schafft Dynamik und Storytelling über das Jahr.
- Auftragsarbeiten: Für Mural/Installation gesondert kalkulieren (Entwurf + Umsetzung + Material + Hebe-/Sicherheitskosten).
Zur Beschaffung: Kuratierte Plattformen erleichtern Auswahl, Abwicklung und Dokumentation. Wer den Zugang zu Originalen sucht, kann dort Kunst kaufen und gleichzeitig Nachwuchstalente fördern.
Erfolg messen: KPIs für Kunst am Arbeitsplatz
Damit Kunst nicht „nur schön“ ist, gehören Ziele und Kennzahlen dazu:
- HR-Kennzahlen: Time-to-Hire, Offer-Acceptance-Rate, Retention nach 6/12 Monaten.
- Engagement: interne Umfragen (Raumzufriedenheit, Identifikation), Teilnahme an Artist Talks/Events.
- Kommunikation: Earned/Owned Media, Social Mentions, Recruiting-Traffic auf Karriereseiten.
- Nutzung: Buchungsraten von Kollaborationsräumen, Verweildauer in Begegnungszonen.
Qualitative Signale sind ebenso relevant: Gespräche über die Werke, spontanes Teilen, interne Community-Building-Effekte.
Recht & Compliance: Worauf Unternehmen achten sollten
- Urheber- und Nutzungsrechte (Reproduktion, Social Media, Dauer der Ausstellung) schriftlich fixieren.
- Arbeitsschutz & Brandschutz: Materialwahl und Montage (z. B. Fluchtwege, Brandschutzklassen).
- Corporate Guidelines: Motivwelten und Sensibilitäten (DEI, kulturelle Aneignung, politische Neutralität) vorab klären.
- Versicherung: Transport, Hängung, Diebstahl/Schäden – insbesondere bei Außenflächen.
Kunst als nachhaltiger Differenzierer
Employer Branding endet nicht bei Benefits und Karrierewebseiten. Kunst macht Kultur sichtbar und Arbeitswelten erlebbar – für Kandidat:innen, Mitarbeitende und Besucher:innen. Ob als kuratierte Hängung, temporäre Installation oder Street Art: Wer Haltung zeigen will, findet in künstlerischen Kooperationen ein wirksames, glaubwürdiges Format. Mit klaren Zielen, sauberem Prozess und messbaren Ergebnissen wird Kunst vom „Nice to have“ zum strategischen Asset.
Bildquellen:
- Employer Branding mit Kunst: Bild von TonTectonix
