Steuernachforderungen treffen Unternehmen häufig unvorbereitet und können erhebliche finanzielle Folgen haben. Viele Verantwortliche fragen sich dann, ob Fehler in der steuerlichen Beratung dafür ursächlich sind und ob ein Steuerberater in solchen Fällen haftbar gemacht werden kann. Die rechtlichen Anforderungen sind komplex, denn Pflichtverletzung, Schaden und Kausalität müssen im Einzelfall nachweisbar sein.
Dieser Beitrag behandelt die Pflichten von Steuerberatern, ihre Haftung im Fall der Nachzahlung der Steuer sowie typische Fehlerquellen, die Berater und Unternehmen kennen sollten.
Sind Steuerberater bei Steuernachzahlungen haftbar?
Ja, eine Steuerberaterhaftung existiert grundsätzlich. Aber die Haftung kommt nur unter klar definierten Voraussetzungen in Betracht:
Entscheidend ist, ob eine Pflichtverletzung vorliegt, etwa eine fehlerhafte Berechnung, eine versäumte Frist oder eine unzutreffende Bewertung steuerlicher Sachverhalte. Auf dieser Grundlage prüfen Gerichte, ob der entstandene finanzielle Nachteil konkret auf den Fehler des Beraters zurückzuführen ist.
Ohne diesen Kausalzusammenhang entsteht kein Anspruch, denn die gesetzliche Steuerschuld selbst bleibt immer beim Steuerpflichtigen. Auch die Datenbasis des Mandanten hat dabei eine zentrale Bedeutung: Werden unvollständige oder fehlerhafte Informationen bereitgestellt, kann keine Haftung begründet werden.
Maßgeblich bleibt außerdem der Mandatsumfang. Ein Steuerberater ist nur für Aufgaben verantwortlich, die ausdrücklich vereinbart wurden. Eine allgemeine Überwachung aller steuerlichen Risiken gehört nicht automatisch dazu.
Damit lässt sich festhalten: Eine Haftung ist möglich, aber ausschließlich bei nachweisbaren Beratungsfehlern, einem klaren Schaden und einer eindeutigen Verbindung zwischen beiden Faktoren.
Rechtslage: Voraussetzungen für eine Haftung des Steuerberaters
Damit ein Steuerberater für eine Steuernachzahlung oder andere Nachteile durch den Verdacht einer Steuerhinterziehung haftet, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein.
Die Grundlage bildet in der Regel das Bürgerliche Gesetzbuch, insbesondere § 280 BGB, der eine Haftung bei Pflichtverletzungen aus einem Vertragsverhältnis regelt.
Wenn der Berater mit Vorsatz oder aus Leichtfertigkeit selbst an einer Steuerhinterziehung beteiligt war, ist auch der § 71 AO (Abgabenordnung) relevant. Er besagt, dass Personen, die eine Steuerhinterziehung begehen oder daran teilnehmen, für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile persönlich haften.
Entscheidend ist jedoch, dass jeder einzelne Prüfungspunkt klar nachweisbar ist:
- Pflichtverletzung: Der Betroffene muss zeigen, dass der Steuerberater gegen seine berufsrechtlichen oder gesetzlichen Pflichten verstoßen hat. Dazu zählen etwa fehlerhafte Berechnungen, fehlende Hinweise, organisatorische Versäumnisse oder eine unzureichende Prüfung der bereitgestellten Daten.
- Konkreter Schaden: Aufgrund der Pflichtverletzung muss ein Schaden entstanden sein. Dazu können etwa Zinsen, Säumniszuschläge oder zusätzliche Kosten gehören, die ohne den Beratungsfehler nicht angefallen wären.
- Kausalzusammenhang: Mandanten müssen darlegen, dass genau der festgestellte Beratungsfehler ursächlich für den finanziellen Nachteil war.
- Mandatsvertrag: Je konkreter im Beratungsvertrag geregelt ist, welche Leistungen geschuldet waren, desto klarer lässt sich die rechtliche Verantwortung abgrenzen. Für Aufgaben, die nicht beauftragt wurden, entsteht grundsätzlich keine Haftung.
Damit eine Haftung entsteht, müssen diese Voraussetzungen vollständig erfüllt sein. Erst wenn Feststellungen zu Pflichtverletzung, Schaden, Kausalität und Mandatsumfang übereinstimmen, kommt ein Schadensersatzanspruch rechtlich infrage.
Darüber hinaus existiert bei der Steuerberaterhaftung eine Grenze gegenüber Dritten. Ansprüche können meist nur Mandanten selbst geltend machen, nur in besonderen Konstellationen kommt eine Haftung gegenüber anderen Personen oder Institutionen in Betracht.
Pflichten eines Steuerberaters nach StBerG und AO
Die beruflichen Pflichten ergeben sich im Wesentlichen aus dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) und der Abgabenordnung (AO). Beide Normwerke definieren, wie eine ordnungsgemäße Steuerberatung aussehen muss und welche Sorgfaltsstandards gelten, etwa:
- Sorgfältige und gewissenhafte Berufsausübung: Steuerberater müssen Mandate nach anerkannten fachlichen Standards bearbeiten und dafür sorgen, dass alle Vorgänge korrekt und vollständig verarbeitet werden.
- Fristgerechte Erstellung von Steuererklärungen: Die AO verlangt, dass steuerliche Pflichten termingerecht erfüllt werden. Dazu gehört die zuverlässige Übermittlung an die Finanzbehörden.
- Prüfung und Plausibilisierung der Mandantendaten: Auch wenn Mandanten die Informationen liefern, muss der Berater prüfen, ob Angaben schlüssig sind und ob weitere Unterlagen benötigt werden.
- Hinweispflichten zu steuerlichen Risiken: Bei erkennbaren steuerlichen Konsequenzen, Gestaltungsspielräumen oder drohender Steuerschuld besteht die Pflicht, Mandanten rechtzeitig zu informieren.
- Dokumentationspflichten: Beratungsinhalte, Entscheidungen und übermittelte Informationen müssen nachvollziehbar festgehalten werden, um spätere Prüfungen zu ermöglichen.
- Treuepflicht und Wahrung der Interessen des Mandanten: Steuerberater dürfen keine widerstreitenden Interessen vertreten und müssen stets im Interesse des Mandanten handeln.
- Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Mitwirkung gegenüber Finanzbehörden: §§ 33 und 34 AO regeln, dass Berater steuerliche Pflichten ordnungsgemäß unterstützen und Auskünfte korrekt übermitteln müssen.
- Beachtung des vereinbarten Mandatsumfangs: Der Steuerberater muss nur Leistungen erbringen, die explizit beauftragt wurden. Gleichzeitig muss er darauf hinweisen, wenn wichtige Aufgaben außerhalb des Mandats liegen.
- Vertraulicher Umgang mit allen steuerlichen Informationen: Daten des Mandanten sind zu schützen und dürfen nur im Rahmen des Auftrags verarbeitet werden.
Diese Pflichten bilden die Basis dafür, wann ein Fehler rechtlich relevant wird. Entstehen Steuerschulden, weil einer dieser Standards gebrochen wurde, tritt die Haftung des Steuerberaters ein.
Typische Fehler, die zu Haftungsansprüchen führen können
Werden die zuvor beschriebenen Pflichten im Sinne des StBerG oder der AO verletzt, können Haftungsansprüche geltend gemacht werden. In der Praxis zeigen sich bestimmte Fehlerbilder besonders häufig, wie:
- Verspätete Abgabe von Steuererklärungen: Wird eine Frist übersehen oder zu spät gehandelt, können Steuernachzahlungen, Zinsen oder Säumniszuschläge entstehen. Solche Fälle zählen zu den häufigsten Auslösern für Streitigkeiten.
- Unzutreffende oder unvollständige Bewertung steuerlicher Sachverhalte: Falsch angesetzte Abschreibungen, fehlerhafte Einordnung von Betriebsausgaben oder nicht beachtete steuerliche Vorschriften können zu erheblichen Nachforderungen führen.
- Fehlerhafte Datenverarbeitung oder Übermittlung: Wenn Angaben falsch übertragen, Datensätze fehlerhaft verarbeitet oder Werte versehentlich verändert werden, kann dies unmittelbar steuerliche Auswirkungen haben.
- Unzureichende Prüfung der Mandantenangaben: Auch wenn Mandanten die Daten liefern, müssen Berater deren Plausibilität bewerten. Werden offensichtliche Widersprüche oder Ungereimtheiten nicht hinterfragt, kann ein Beratungsfehler vorliegen.
- Versäumte Hinweise auf steuerliche Risiken: Erkennt ein Steuerberater relevante Risiken oder Gestaltungsfragen und weist nicht rechtzeitig darauf hin, liegt ein Verstoß gegen die Hinweispflicht vor.
- Fehlende oder lückenhafte Dokumentation: Werden Beratungsinhalte, Absprachen oder übermittelte Informationen nicht dokumentiert, erschwert das die Nachvollziehbarkeit und kann als Pflichtverletzung gewertet werden.
Ob daraus tatsächlich ein Haftungsanspruch entsteht, hängt jedoch von der konkreten Fallgestaltung und der Frage ab, ob der entstandene Schaden unmittelbar auf den Fehler zurückzuführen ist. Entscheidend ist zudem, ob ein Verstoß gegen die beruflichen Standards nachweisbar ist und daraus ein konkreter finanzieller Schaden resultiert.
Wann Steuerberater NICHT haftbar sind
Steuernachzahlungen führen nicht automatisch zu einer Haftung des Steuerberaters. Viele Fälle entstehen unabhängig von der Beratung, etwa durch gesetzliche Änderungen, Betriebsprüfungen oder wirtschaftliche Entwicklungen.
- Mangelnde Mitwirkung des Mandanten: Werden Belege verspätet eingereicht, Angaben unvollständig übermittelt oder wichtige Informationen verschwiegen, liegt die Verantwortung beim Steuerpflichtigen. Ein Berater kann nur mit den Daten arbeiten, die zur Verfügung stehen. Fehler, die auf unrichtige oder fehlende Angaben zurückgehen, begründen daher keine Haftung.
- Falsch eingeschätzter Umfang des Mandats: Wurde der Steuerberater ausschließlich mit der Erstellung einer Steuererklärung beauftragt, umfasst der Auftrag keine allgemeine Überwachung aller steuerlich relevanten Vorgänge oder wirtschaftlichen Entscheidungen. Viele Streitfälle entstehen erst, wenn Mandanten davon ausgehen, dass zusätzliche Prüf- oder Analyseaufgaben automatisch Teil des Auftrags seien.
- Geänderte Rechtslage: Steuerliche Risiken, die sich erst später aufgrund einer geänderten Rechtslage oder aufgrund einer vertieften Prüfung durch das Finanzamt ergeben, sind nicht dem Berater anzulasten. Eine Steuerschuld entsteht immer aufgrund gesetzlicher Regelungen, nicht durch die Arbeit des Steuerberaters. Nachforderungen, die auf neuen Erkenntnissen der Finanzbehörden beruhen, gehören daher nicht in den Bereich der Steuerberaterhaftung.
Schließlich besteht keine Haftung, wenn der Berater ordnungsgemäß auf Risiken hingewiesen hat, diese Hinweise jedoch nicht beachtet wurden. Eine Vermeidung empfohlener Maßnahmen kann nicht dem Steuerberater zugerechnet werden.
Vorgehen bei Verdacht auf Beratungsfehler
Wenn der Eindruck entsteht, dass eine Steuernachzahlung oder ein anderer finanzieller Nachteil auf einen möglichen Beratungsfehler zurückgeht, sollten Betroffene strukturiert und nachvollziehbar vorgehen. Ein geordnetes Vorgehen erleichtert die Prüfung des Sachverhalts und schafft eine belastbare Grundlage für weitere Schritte.
Im ersten Schritt sollten alle relevanten Unterlagen zusammengestellt werden. Dazu gehören Steuererklärungen, Steuerbescheide, E-Mails, Dokumentationen aus der Kanzlei sowie Nachweise über bereitgestellte Daten. Eine vollständige Sammlung erleichtert die spätere Bewertung und zeigt, welche Informationen dem Steuerberater vorlagen. Digitale Technologien helfen bei der Sammlung und Archivierung relevanter Inhalte zu Steuerpflicht, Datenaustausch und Beratungsumfang.
Anschließend ist ein Gespräch mit der Kanzlei sinnvoll. Viele Unstimmigkeiten klären sich bereits durch eine fachliche Einordnung oder durch die Erklärung, wie bestimmte Werte zustande gekommen sind. Oft ist erkennbar, ob ein Fehler vorliegt oder ob steuerliche Vorschriften die eigentliche Ursache sind.
Bleiben Zweifel bestehen, lohnt sich die Hilfe einer unabhängigen Zweitmeinung. Eine Einschätzung externer Experten schafft Klarheit darüber, ob ein objektiver Hinweis auf eine Pflichtverletzung besteht oder ob die Nachzahlung andere Ursachen hat.
Sollte sich ein Verdacht erhärten, müssen Fristen und vertragliche Regelungen zu Schadensersatzansprüchen beachtet werden. Sie unterliegen Verjährungsfristen. Eine rechtliche Prüfung durch spezialisierte Anwälte ist ratsam, wenn es um einen konkreten Haftungsbescheid geht.
Dieses Vorgehen reduziert das Risiko voreiliger Schlussfolgerungen und ermöglicht eine sachliche Klärung, ob tatsächlich ein haftungsrelevanter Fehler vorliegt.
Was passiert, wenn ein Fehler eindeutig nachgewiesen wurde?
Wenn ein nachgewiesener Fehler des Steuerberaters vorliegt, folgt ein klar definierter Ablauf, der rechtlich wie organisatorisch nachvollziehbar geregelt ist. Entscheidend bleibt, dass Pflichtverletzung, Schaden und Kausalität eindeutig belegt sind.
Erst dann greifen die nächsten Schritte:
1. Der Steuerberater muss sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen
Liegt eine belegbare Pflichtverletzung vor, ist die Kanzlei verpflichtet, den Sachverhalt zu prüfen und intern zu dokumentieren. Viele Kanzleien sind berufsrechtlich angehalten, transparent mitzuwirken und ihre Sicht des Falles darzustellen.
2. Einschaltung der Berufshaftpflichtversicherung
Steuerberater sind gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten. Wird ein Fehler bestätigt, meldet die Kanzlei den Fall in der Regel unmittelbar ihrer Versicherung.
Diese prüft:
- ob tatsächlich ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist,
- ob der Schaden vollständig oder nur teilweise übernommen wird.
3. Regulierung des Schadens
Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, übernimmt die Versicherung die durch den Fehler verursachten Zusatzkosten, z. B.:
- Zinsen
- Säumniszuschläge
- Kosten infolge falscher Bewertung oder verspäteter Abgabe
- Die Steuerschuld selbst wird nicht ersetzt, weil sie gesetzlich geschuldet ist.
4. Mögliche Anpassung oder Berichtigung der Steuererklärung
Falls möglich, wird der Fehler durch eine Berichtigung (§ 153 AO) korrigiert. Dies kann dazu führen, dass ein Teil der Nachzahlung entfällt oder dass weitere Nachteile vermieden werden.
5. Vertrags- oder berufsrechtliche Konsequenzen in der Kanzlei
Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen können weitere Folgen eintreten, zum Beispiel:
- Organisationsänderungen in der Kanzlei
- interne Prüfung von Workflows
- berufsrechtliche Schritte durch die Steuerberaterkammer bei systematischen oder grob fahrlässigen Verstößen
6. Anspruch auf Schadensersatz für den Mandanten
Der Mandant erhält finanzielle Kompensation entsprechend der anerkannten Schadenshöhe. Die Auszahlung erfolgt über die Haftpflichtversicherung oder – bei Deckungslücken – direkt durch die Kanzlei.
Der Nachweis eines Beratungsfehlers führt regelmäßig zu einer Schadensregulierung über die Berufshaftpflichtversicherung des Steuerberaters. Der Prozess ist strukturiert, gesetzlich verankert und orientiert sich an klaren juristischen Kriterien.
Fazit: Klare Maßstäbe beim Thema Steuerberaterhaftung
Steuerberater tragen eine weitreichende Verantwortung, doch ihre Haftung greift nur, wenn nachweisbare Pflichtverstöße vorliegen und daraus ein konkreter finanzieller Nachteil entsteht. Steuerschulden bleiben immer gesetzlich geschuldet, während Zinsen und zusätzliche Kosten ersatzfähig sein können.
Mandanten profitieren von klaren Mandatsvereinbarungen, vollständigen Daten und sorgfältiger Dokumentation. Werden Fehler belegt, übernimmt in der Regel die Berufshaftpflichtversicherung die Regulierung. Klare Prozesse, transparente Kommunikation und präzise Prüfungen bleiben entscheidend, um Risiken zu reduzieren und Konflikte zu vermeiden.




















































































































