Fachbeiträge Recht & Steuern

Die Stammeinlagehaftung des GmbH-Gesellschafters

Problem: Gefahr der doppelten Einlageleistung Eine in der Praxis nicht zu unterschätzende Gefahr ist es für den GmbH-Gesellschafter nicht nachweisen zu können, dass er den von ihm übernommenen Anteil an der Stammeinlage der Gesellschaft bzw. einer Kapitalerhöhung tatsächlich in das Vermögen der GmbH-Gesellschaft eingebracht hat.

Problem: Gefahr der doppelten Einlageleistung Eine in der Praxis nicht zu unterschätzende Gefahr ist es für den GmbH-Gesellschafter nicht nachweisen zu können, dass er den von ihm übernommenen Anteil an der Stammeinlage der Gesellschaft bzw. einer Kapitalerhöhung tatsächlich in das Vermögen der GmbH-Gesellschaft eingebracht hat.

Da die Rechtsprechung zum Schutz der Gläubiger einer GmbH im Hinblick auf die Stammkapitalaufbringung besonders streng ist, lastet auf dem Gesellschafter sowohl die Darlegungs- als auch Beweislast, die Einzahlung des Stammkapitals nachweisen zu können. Die Gefahr realisiert sich, wenn der Insolvenzfall eingetreten ist und die eigene Gesellschaft zum Gegner wird, die durch einen Insolvenzverwalter im Interesse der Gesellschaftsgläubiger Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter geltend macht.

Da der Anspruch der Gesellschaft auf Einzahlung der Stammeinlage bzw. der übernommenen Kapitalerhöhung unproblematisch darzulegen ist, gehört dessen Geltendmachung gegen den GmbH-Gesellschafter zu den „Hausaufgaben“ eines jeden Insolvenzverwalters. Kann der in Anspruch genommene Gesellschafter gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht belegen, dass seine Einlage erbracht worden ist, wird er seinen Kapitalanteil noch mal zur Insolvenzmasse der eigenen Gesellschaft leisten müssen.

Betroffene Gesellschafter

Die praktische Relevanz der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme darf nicht unterschätzt werden. Auch dem Gesellschafter einer wirtschaftlich gesunden GmbH kann – insbesondere wenn die Gründung der GmbH oder der Stammkapitalerhöhung schon einige Jahre zurückliegt – die erneute Zahlung des Stammkapitals in der Insolvenz drohen. In einem etwas abgewandelten Fall, den das OLG Koblenz jetzt zu entscheiden hat, hatte der Senior einer GmbH zur Stützung des Eigenkapitals der Gesellschaft noch eine Kapitalerhöhung beschlossen und 20.000,00 € an Einlage geleistet.

Nachdem der Altgesellschafter einige Zeit später aus Altersgründen aus der Gesellschaft ausgeschieden war, ist das Geschäft nicht fortgesetzt und an einen Wettbewerber verkauft worden. Dieser ist jedoch innerhalb eines Jahres gescheitert und musste Insolvenz anmelden.

Der eingesetzte Insolvenzverwalter hat u. a. auch den Senior der Gesellschaft auf nochmalige Einzahlung der Kapitalerhöhung in Anspruch genommen, da aus den Unterlagen der Gesellschaft nicht zu entnehmen war, dass der Betrag tatsächlich in das Vermögen der Gesellschaft gelangt war.

Aber auch den Erwerber einer GmbH kann das Risiko treffen, neben dem Kaufpreis für die übernommenen GmbH-Anteile nochmals das Stammkapital an den Insolvenzverwalter leisten zu müssen, wenn das neue Geschäft unter seiner Führung scheitert und er vom Verkäufer der Anteile keinen Beleg über die Einzahlung des Stammkapitals bei Kauf erhalten hatte. Besonders hart trifft die Haftung für das Stammkapital in der Regel solche (Familien-)Gesellschafter, die am operativen Geschäft der Gesellschaft nicht beteiligt sind und sich lediglich durch Zurverfügungstellung von Gesellschaftskapital am Unternehmen beteiligt haben.

Gesetzliche Regelung und Anforderungen der Rechtsprechung

Rechtsgrundlage für die Inanspruchnahme der Gesellschafter auf Zahlung der Stammeinlage ist § 19 GmbHG, für die Einzahlung der Stammkapitalerhöhung § 55 i.V.m § 19 GmbHG. Das Gesetz verlangt, dass der übernommene Kapitalbetrag in bar oder nach den Vorschriften zur Einbringung einer Sacheinlage zur freien Verfügung in das Vermögen der Gesellschaft überführt wird. Nachfolgend werden nur die Einlageleistungen durch Geldzahlungen weiter betrachtet, da die zahlreichen rechtlichen Probleme der Sachkapitaleinbringung bei Weitem den Umfang dieses Artikels überschreiten und in jedem Fall einer rechtlichen Beratung bedürfen.

Wird die Stammeinlageleistung bzw. Kapitalerhöhung unbar per Banküberweisung an die Gesellschaft geleistet, liegt in der Regel für den Gesellschafter in Form des Kontoauszuges mit der Belastungsbuchung auf seinem Konto ein ausreichender Beleg zum Nachweis der Einlageleistung vor. Wenn aber – wie in der Praxis gar nicht so selten – die Bankbelege vom Gesellschafter und auch der GmbH nicht sorgfältig aufbewahrt werden, verliert der Gesellschafter die Möglichkeit, mit diesem Beleg auch noch nach Jahr und Tag seine Einlageleistung beweisen zu können. Denn die Rechtsprechung hat zur Stärkung des Schutzes der Gläubiger einer GmbH wiederholt entschieden, dass es nicht ausreicht, allein anhand der Buchführung und Ausweisung in der Bilanz, dass das Stammkapital erbracht sei, die Leistung der Stammeinlage zu belegen. Dies gilt auch dann, wenn die Gründung der Gesellschaft schon mehrere Jahre zurückliegt (OLG Koblenz, NZG 2002, 281). Auch der BGH lässt die Buchführungsunterlagen der Gesellschaft allein wohl nicht ausreichen, sondern überlässt die Frage des Beweismaßes der richterlichen Würdigung im Einzelfall (BGH Entscheidung vom 09.07.2007, Az.: II ZR 222/06).

Schwierig ist der Nachweis der Einlageleistung für den Gesellschafter auch dann, wenn der Geldbetrag in bar der Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden ist und kein Bankbeleg über eine Einzahlung zur Verfügung steht. Die Einlageleistung in das Barvermögen der Gesellschaft kann nach den Anforderungen der Rechtsprechung an die Beweislast des Gesellschafters wohl nur durch eine nachvollziehbare Eintragung der Einlageleistung in ein auch sonst formgerecht geführtes Kassenbuch der Gesellschaft sowie eine Quittung der Gesellschaft über die Zahlung belegt werden.

In dem oben erwähnten Fall hatte das Landgericht Koblenz die Einlageleistung des Altgesellschafters nicht anerkannt, da diese vor dem notariellen Abschluss der Kapitalerhöhung auf ein Bankkonto der Gesellschaft eingezahlt und von dort in die Kasse der Gesellschaft geflossen war, ohne dass der Gesellschafter das Kassenbuch für den Zeitpunkt der Einzahlung vorlegen konnte noch über eine Bestätigung der Banküberweisung verfügte. Das OLG Koblenz hat im Berufungsverfahren jetzt zu erkennen gegeben, dass die nochmalige Inanspruchnahme des Altgesellschafters nicht in Betracht komme, da aus den Bankbelegen der Gesellschaft hervorgehe, dass unabhängig von einem Beleg über die Einzahlung jedenfalls bei der notariellen Beschlussfassung das Bankguthaben der Gesellschaft noch unangetastet in Höhe der Einlageschuld als Guthaben der Gesellschaft bestanden habe, so dass die Voreinzahlung bei Beschlussfassung noch in voller Höhe zur Verfügung der Gesellschaft bestanden habe.

Praktische Empfehlung

In praktischer Hinsicht ist es jedem Gesellschafter als Selbstverständlichkeit zu empfehlen, sich einen belastbaren Nachweis über die von ihm an die Gesellschaft geleistete Einlage zu besorgen. Dies sollte entweder der Bankbeleg über die eigene Einzahlung der Stammeinlage sein (Kontoauszug mit Abbuchungsbestätigung, nicht bloß der Überweisungsträger), am besten auch eine Fotokopie des Kontobelegs über die Gutschrift bei der GmbH oder aber bei Bareinzahlungen in die Kasse die vom Geschäftsführer der Gesellschaft unterzeichnete Quittung über den Empfang des Geldes sowie eine Fotokopie der Seiten des Kassenbuchs aus dem Monat der Einzahlung.

Soweit eine Voreinzahlung geleistet wurde, ohne dass der notarielle Gesellschaftsvertrag bzw. der Kapitalerhöhungsbeschluss vorgelegen haben, müssen die Kontobelege bzw. das Kassenbuch der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einlageverpflichtung beschafft werden.

Die Belege sollten ebenso sorgfältig aufbewahrt werden wie der Gesellschaftsvertrag und die Bilanzen des Unternehmens, die Aufbewahrungsfrist sollte mindestens 10 Jahre ab dem Zeitpunkt der Einzahlung betragen, da die Verjährung der Einlageforderung seit 2002 – auch für Altfälle – gemäß § 19 Abs. 6 GmbHG 10 Jahre beträgt und mit der Entstehung der Einlageforderung beginnt, d. h. der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages bzw. ab dem Zahlungstermin, soweit er im Gesellschaftsvertrag bzw. im Kapitalerhöhungsbeschluss bestimmt worden ist. Zudem wird gemäß § 19 Abs. 6 S. 2 GmbHG bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Ablaufhemmung von weiteren 6 Monaten wirksam, die dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gibt, die kurz bevorstehende Verjährung von Einlageforderungen noch rechtzeitig zu verhindern.

Haftung für Mitgesellschafter

Neben der Beschaffung der Belege für die eigene Einlageleistung empfiehlt es sich weiter für jeden Gesellschafter, ebenso sorgfältig wie für die eigene Einlage sich auch die Belege über die Einlageleistung der Mitgesellschafter zu verschaffen und aufzubewahren. Denn gemäß § 24 GmbHG haften die Gesellschafter im Falle der Insolvenz gegenüber dem Insolvenzverwalter füreinander auf Einzahlung der Stammeinlage, d. h. wenn die Einlagezahlung eines anderen Gesellschafters nicht nachgewiesen werden kann und dieser nicht in der Lage ist, die Anlagesumme nochmals nachzuzahlen, haben für ihn die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag aufzubringen und werden insoweit vom Insolvenzverwalter als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden.

Jedem Gesellschafter kann daher im Falle einer Insolvenz bzw. einer Unternehmenskrise nur geraten werden, sich Belege zu verschaffen und bei einer Inanspruchnahme rechtliche Beratung zur Prüfung von Abwehrmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.

 

Matthias Arens

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