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Fachkräftemangel Pflege – Wie groß ist der Pflegenotstand tatsächlich?

In Deutschland steht der Pflegenotstand angesichts steigender Kosten für Pflegeheimplätze und eines akuten Personalmangels im Zentrum gesellschaftlicher Debatten. Das Problem könnte sich in den kommenden Jahrzehnten sogar noch verschärfen: Die Arbeitsbedingungen sind in vielen Einrichtungen problematisch, was sich unmittelbar auf die Versorgung in Kliniken und Pflegeheimen auswirkt. Um den wachsenden Herausforderungen in der Pflegebranche zu begegnen, sind innovative Konzepte gefordert, die sowohl die Arbeitsbedingungen verbessern als auch den Beruf attraktiver machen.

So viele Pflegekräfte fehlen derzeit

Der Fachkräftemangel in der Pflegebranche in Deutschland zeigt sich drastischer als in vielen anderen Branchen. Trotz des deutlichen Anstiegs der Beschäftigtenzahl in den letzten Jahren – eine Entwicklung, die andere Wirtschaftszweige weit übertrifft – bleibt der Bedarf an qualifizierten Pflegefachkräften ungedeckt. Im Jahr 2023 berichtete die Bundesagentur für Arbeit, dass zigtausende Stellen für Pflegefachkräfte offen standen, wohingegen nur rund ein Drittel der benötigten Fachkräfte als arbeitssuchend registriert waren. Das zeigt die große Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage in diesem Sektor.

Insbesondere die Altenpflege leidet unter einem akuten Mangel an Fachkräften, dicht gefolgt von der Gesundheits- und Krankenpflege. Diese beiden Berufsgruppen erleben bundesweit den größten Mangel. Spezialisierte Pflegeberufe, wie OP-Pfleger oder Intensivpfleger, finden ebenfalls kaum ausreichend Personal, was zu erheblichen Engpässen führt. Nach einer Umfrage des Evangelischen Verbands für Altenpflege (DEVAP) waren im Jahr 2023 vier von fünf Pflegeeinrichtungen gezwungen, ihr Angebot zu kürzen, weil Fachpersonal fehlt.

In diesem Kontext werden Alternativen wie die 24-Stunden-Pflege zuhause immer wichtiger. Eine solche Form der Betreuung bietet eine kontinuierliche Versorgung durch Fachkräfte direkt im häuslichen Umfeld des Pflegebedürftigen und stellt damit eine zunehmend attraktive Option dar – vor allem wenn traditionelle Pflegeeinrichtungen nicht mehr alle Leistungen erbringen können.

Die gravierende Unterbesetzung hat auch kritische Auswirkungen auf pflegeintensive Stationen in Kliniken. Seit 2019 gibt es zwar gesetzliche Personaluntergrenzen für solche Bereiche, aber die internationalen Vergleiche zeigen, dass Deutschland weiterhin hinter anderen Ländern zurückbleibt. Zum Beispiel kommen in den Niederlanden auf eine Pflegefachkraft nur etwa halb so viele Klinikpatienten wie in Deutschland, was die Dringlichkeit für effektive Maßnahmen zur Behebung dieses Mangels unterstreicht.

Blick in die Zukunft – Pflegenotstand könnte noch zunehmen

Die Herausforderungen im Pflegebereich in der Bundesrepublik könnten sich in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen. Die Bevölkerung altert zunehmend, und Prognosen zufolge wird die Zahl der Pflegebedürftigen erheblich ansteigen. Der Barmer Pflegereport etwa weist darauf hin, dass bis zum Jahr 2030 etwa 6 Millionen Menschen pflegebedürftig sein könnten – ein Anstieg um 1,4 Millionen im Vergleich zu heute.

Obwohl die Zahl der Personen, die eine Ausbildung in der Pflege beginnen, laut Statistischem Bundesamt gestiegen ist, bleibt der Bedarf ungedeckt. Das liegt unter anderem daran, dass etwa ein Drittel der Ausbildungsverträge in der Pflege vorzeitig beendet werden – eine deutlich höhere Quote als in vielen anderen Berufen.

Bis 2055 könnte die Zahl der Pflegebedürftigen sogar um 37 Prozent auf etwa 6,8 Millionen ansteigen. Dieser wachsende Bedarf könnte zu einem zusätzlichen Mangel von etwa 180.000 Pflegekräften – allein in der Altenpflege – führen. Die künftige Entwicklung in den Pflegeberufen hängt laut Experten stark davon ab, wie attraktiv und nachhaltig die Arbeitsbedingungen gestaltet werden. Ohne größere Verbesserungen wird sich der Pflegenotstand weiter zuspitzen, was die Gesundheitsversorgung pflegebedürftiger Menschen zunehmend gefährdet.

So wirkt sich der Fachkräftemangel aus

Der Personalmangel in der Pflege hat weitreichende Auswirkungen auf Patienten und Heimbewohner. Betroffene Mitarbeiter beschreiben, dass der Zeitdruck häufig dazu führt, dass die Pflege nicht so sorgfältig erfolgen kann wie nötig. Wichtige zwischenmenschliche Aspekte bleiben auf der Strecke, und selbst empfohlene Pflegemaßnahmen, die Heilungsprozesse fördern können, werden vernachlässigt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt an dieser Stelle ist die Patientensicherheit: Mittlerweile ist bewiesen, dass mit jedem zusätzlichen Patienten, den eine Pflegekraft betreuen muss, das Risiko eines tödlichen Ausgangs nach chirurgischen Eingriffen ansteigt. Das zeigt, wie wichtig eine ausreichende Personalausstattung in medizinischen Einrichtungen ist.

Ursachen des Pflegenotstands – das steckt dahinter

Der Pflegenotstand in Deutschland hat unterschiedliche Ursachen, die sich aus verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen speisen. Zentral stehen hierbei die extrem belastenden Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Viele empfinden den ständigen Zeitdruck, das hohe Arbeitstempo und die häufig notwendigen Überstunden als dauerhafte Belastung. Das führt nicht zuletzt dazu, dass Pflegekräfte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen regelmäßig am Limit arbeiten und immer häufiger darüber nachdenken, ihren Beruf aufzugeben.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die unzureichende Entlohnung in Teilen des Gesundheitswesen. Laut Daten der Bundesarbeitsagentur liegt das Durchschnittsgehalt von vollzeitbeschäftigten Pflegefachkräften in Kliniken bei etwa 3.771 Euro brutto monatlich, während ihre Kollegen in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen mit rund 2.885 Euro auskommen müssen. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe schlägt vor, ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro zu etablieren, um den Beruf attraktiver zu machen und die Wertschätzung für die geleistete Arbeit zu erhöhen.

Die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, belastende Schichtdienste und eine mangelnde gesellschaftliche sowie innerbetriebliche Wertschätzung verschärfen die Situation zusätzlich. Die Arbeitsbedingungen sind oft so strapaziös, dass Pflegekräfte eine hohe Krankheitsrate aufweisen und nicht selten frühzeitig aus dem Beruf ausscheiden.

Hinzu kommt der demografische Wandel, der den Druck auf das Pflegesystem weiter erhöht. Die Geburtenraten sinken, während gleichzeitig immer mehr ältere Menschen auf professionelle Pflege angewiesen sind. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen, da mehr Pflegefachkräfte in den Ruhestand gehen, als junge Menschen nachrücken.

Der Zustand erzeugt einen Teufelskreis: Personalmangel führt zu höherer Belastung der verbleibenden Mitarbeiter, was wiederum die Arbeitsbedingungen verschlechtert und die Attraktivität des Berufsfelds weiter mindert. Um den Kreislauf des Fachkräftemangels zu durchbrechen, sind grundlegende Veränderungen in der Struktur und Finanzierung der Pflege notwendig, die sowohl die Arbeitsbedingungen verbessern als auch eine angemessene Bezahlung sicherstellen.

Wege aus dem Fachkräftemangel in der Pflege – Lösungsansätze im Überblick

Die Bundesregierung hat bereits einige Schritte unternommen, um die sich immer weiter zuspitzende Situation des Pflegenotstands zu verbessern – wie etwa die Einführung von Personaluntergrenzen in pflegeintensiven Klinik-Stationen und die Tariftreueregelung, die zu höheren Löhnen in Altenheimen geführt hat. Doch es stehen noch weitere Ansätze zur Verfügung, die dem Pflegenotstand ein Ende setzen sollen:

  • Krankenhausreformen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant eine Reform in zwei Schritten, die unter anderem vorsieht, medizinisch vertretbare Behandlungen verstärkt ambulant durchzuführen. Ziel ist es, die Belastung für Pflegekräfte zu reduzieren und Nachtdienste zu reduzieren.
  • Tarifverträge: Nach erfolgreichen Streiks des Pflegepersonals an den NRW-Unikliniken wird über verbesserte Arbeitsbedingungen in Form von Tarifverträgen verhandelt.
  • Internationale Rekrutierung: Um dem Mangel entgegenzuwirken, wirbt die Bundesregierung aktiv um ausländische Pflegekräfte. Die Anzahl ausländischer Pflegekräfte hat sich in den letzten Jahren bereits verdoppelt.
  • Aufgaben neu verteilen: Die Übernahme einfacher Tätigkeiten durch Hilfskräfte könnte Fachkräften ermöglichen, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Dies basiert auf Forschungen, die zeigen, dass eine Neuregelung der Aufgabenverteilung effektiv sein kann.
  • Beiträge zur Pflegeversicherung erhöhen: Um die finanzielle Nachhaltigkeit des Pflegesystems zu sichern, könnten die Beiträge zur Pflegeversicherung in Zukunft steigen. Auch eine mögliche private Vorsorge-Versicherung könnte als zusätzliche Säule eingeführt werden.
  • Technologie und Digitalisierung: Innovative Technologien und neue Geräte sollen dazu beitragen, die Pflege effizienter zu gestalten und den Alltag in Pflegeeinrichtungen zu verbessern.

Ambulante Pflegedienste als Alternative

Ambulante Pflegedienste gewinnen im Zuge der Pflegenotstandproblematik zunehmend an Bedeutung. Sie stellen für viele Angehörige eine Alternative dar, pflegebedürftige Menschen zu Hause zu versorgen und die Familie zu entlasten, die häufig einen großen Teil der Pflege übernehmen. Diese Entwicklung spiegelt sich in den Zahlen wider: Ende 2021 waren fast 443.000 Menschen in ambulanten Pflegeeinrichtungen beschäftigt, ein deutlicher Anstieg von 134 Prozent gegenüber den Zahlen von 2001. Damals waren es nur etwa 189.600 Beschäftigte (Destatis).

Parallel dazu ist auch die Zahl der Menschen, die ambulante Pflegedienste in Anspruch nehmen, stark gestiegen – um 141 Prozent im gleichen Zeitraum. Das unterstreicht, wie unverzichtbar diese Dienste geworden sind, um den wachsenden Bedarf an Pflege zu decken. Ambulante Pflegedienste bieten dabei nicht nur eine sinnvolle Alternative zur stationären Pflege, sondern ermöglichen es vielen Pflegebedürftigen auch, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben. Das trägt dazu bei, die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen und die sozialen Bindungen zu stärken, die bei einem Umzug in eine Pflegeeinrichtung häufig auf die Probe gestellt werden.

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