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Kann man ein Attest nachträglich holen?

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In bestimmten Situationen kann es notwendig werden, eine Krankschreibung rückwirkend zu erhalten. Ob dies erlaubt ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und was dabei aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten ist, wird in diesem Artikel umfassend erklärt. Gerade Arbeitnehmer stehen bei kurzfristigen Erkrankungen oder in Ausnahmefällen vor der Frage: Ist es möglich, ein Attest nachträglich zu holen? Dieser Beitrag bietet einen detaillierten Überblick über die geltenden Regelungen, medizinischen Grundlagen und rechtlichen Anforderungen im Arbeitskontext – basierend auf aktuellen Richtlinien und unter Berücksichtigung individueller Fallkonstellationen.

Rechtlicher Rahmen: Was sagt das Gesetz zur rückwirkenden Krankschreibung?

Nach § 5 Absatz 1 Satz 2 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz) muss ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber spätestens am vierten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Die Regelung lässt jedoch Raum für weitergehende Vorschriften, etwa in Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen, die die Vorlage bereits ab dem ersten Krankheitstag verlangen können. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und in welchem Rahmen eine rückwirkende Krankschreibung erlaubt ist.

Gemäß § 5 Absatz 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie können Ärzte in begründeten Ausnahmefällen eine Arbeitsunfähigkeit rückwirkend bescheinigen – allerdings höchstens für drei Kalendertage vor dem Arztbesuch. Diese Regelung dient dazu, besondere Situationen aufzufangen, etwa wenn der Erkrankte aufgrund der Symptome nicht in der Lage war, frühzeitig eine Arztpraxis aufzusuchen. Die rückwirkende Ausstellung eines Attests ist jedoch kein Regelfall, sondern liegt im Ermessen des behandelnden Arztes.

Wichtig ist, dass die rückwirkende Krankschreibung nicht automatisch ein Anrecht auf Lohnfortzahlung schafft, wenn die Krankmeldung verspätet erfolgt. Hier können individuelle arbeitsrechtliche Vereinbarungen greifen. Auch Krankenkassen prüfen im Einzelfall, ob ein Anspruch auf Krankengeld besteht, insbesondere wenn die Bescheinigung zu spät eingereicht wurde.

Medizinische Beurteilung: Wann stellen Ärzte ein Attest rückwirkend aus?

Der behandelnde Arzt – meist der Hausarzt – trägt eine große Verantwortung, wenn es darum geht, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachträglich auszustellen. Denn eine rückwirkende Krankschreibung setzt voraus, dass der Arzt eine zuverlässige medizinische Einschätzung zur Dauer und zum Beginn der Erkrankung abgeben kann. Grundlage sind dabei die geschilderten Symptome, der Krankheitsverlauf sowie gegebenenfalls bereits bestehende Patientenakten oder frühere Arztbesuche.

Die Ärzte sind durch die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien verpflichtet, die rückwirkende Ausstellung eines Attests streng zu prüfen. Die sogenannte Rückdatierung darf nur erfolgen, wenn es medizinisch vertretbar und dokumentierbar ist. In der Regel beschränkt sich der Rückwirkungszeitraum auf maximal drei Kalendertage. Länger als drei Tage rückwirkend krankschreiben zu lassen, ist nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen denkbar – etwa wenn der Patient stationär behandelt wurde oder medizinisch eindeutig feststellbar ist, dass die Krankheit bereits länger bestand.

Es ist nicht ausreichend, dem Arzt lediglich per E-Mail oder telefonisch mitzuteilen, dass man krank sei. Ein tatsächlicher Arztbesuch ist erforderlich. Die Praxis entscheidet dabei nicht willkürlich, sondern auf Basis ärztlicher Erfahrung und rechtlicher Vorgaben. Wenn Unsicherheiten bestehen, empfiehlt sich ein direkter Arztbesuch am ersten Krankheitstag oder frühestmöglich, um Probleme mit der Anerkennung der Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen: Was gilt gegenüber dem Arbeitgeber?

Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und eine Krankschreibung innerhalb der vorgeschriebenen Fristen vorzulegen. Dabei unterscheiden sich die Anforderungen je nach individueller vertraglicher Regelung. Während das Gesetz die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem vierten Krankheitstag vorsieht, verlangen viele Arbeitgeber diese bereits ab dem ersten Arbeitstag der Erkrankung.

Wird die Arbeitsunfähigkeit verspätet oder gar nicht mit einer Bescheinigung nachgewiesen, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Dazu zählen unter Umständen Abmahnungen, Gehaltskürzungen oder sogar arbeitsrechtliche Schritte bei wiederholtem Verstoß. Auch wenn ein Arzt ein Attest nachträglich ausstellt, wird dies nicht zwangsläufig von allen Arbeitgebern anerkannt – insbesondere dann nicht, wenn die Voraussetzungen für eine Rückdatierung nicht erfüllt waren oder der Zeitraum überschritten wurde.

In der Praxis kommt es zudem vor, dass Mitarbeiter während ihres Urlaubs erkranken. Hier gilt: Wird eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ordnungsgemäß eingereicht, werden die Urlaubstage nicht angerechnet. Voraussetzung ist aber die sofortige Krankmeldung sowie der rechtzeitige Arztbesuch. Rückwirkend krankschreiben lassen im Urlaub ist zwar theoretisch möglich, aber praktisch oft mit Schwierigkeiten verbunden. Arbeitgeber hinterfragen in solchen Fällen die Glaubwürdigkeit der Angaben, und auch Krankenkassen prüfen genauer, ob Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld besteht.

Typische Szenarien und Beispiele aus der Praxis

Ein häufiger Fall betrifft Angestellte, die sich am Wochenende oder an einem Feiertag krank fühlen, aber erst am darauffolgenden Werktag zum Arzt gehen. Hier stellt sich oft die Frage: Kann man ein Attest nachträglich holen, um den vorangegangenen Krankheitsbeginn zu dokumentieren? In solchen Fällen ist eine rückwirkende Krankschreibung durchaus möglich, sofern der Mediziner den Symptomen und der Krankheitsentwicklung nachträglich Glauben schenken kann. Die Bescheinigung kann dann für Samstag oder Sonntag rückdatiert werden – maximal drei Tage zurück, das Wochenende eingeschlossen.

Ein weiteres Beispiel: Eine Mitarbeiterin fühlt sich bereits am Donnerstag krank, wartet aber mit dem Arztbesuch bis Montag. In diesem Fall können die Tage Freitag bis Sonntag rückwirkend bescheinigt werden, sofern die Ärztin die Symptome nachvollziehbar dokumentieren kann. Problematisch wird es jedoch, wenn der Zeitraum größer als drei Tage ist oder die Symptome zwischenzeitlich abgeklungen sind.

Auch psychische Erkrankungen oder schwer fassbare Symptome wie Migräne, Erschöpfung oder diffuse Schmerzen stellen Ärzte vor Herausforderungen. Die Entscheidung über eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung basiert hier oft auf dem subjektiven Empfinden des Patienten. Dennoch gelten die gleichen Maßstäbe: Eine Rückdatierung darf nur mit medizinischer Plausibilität erfolgen. Ein rein administrativer Wunsch zur Rückwirkung – etwa um Urlaubstage zu retten oder das Gehalt abzusichern – ist kein ausreichender Grund.

Grenzen und Risiken der rückwirkenden Krankschreibung

Trotz der bestehenden Möglichkeiten bleibt festzuhalten, dass die rückwirkende Ausstellung eines Attests immer mit Unsicherheiten behaftet ist. Es gibt keine Garantie, dass der Arzt die Arbeitsunfähigkeit rückwirkend bescheinigt – selbst wenn der Patient objektiv krank war. Entscheidend ist die ärztliche Einschätzung zum Zeitpunkt des Arztbesuchs, nicht das subjektive Empfinden des Mitarbeiters.

Zudem können Probleme mit dem Arbeitgeber entstehen, wenn die Bescheinigung zu spät oder fehlerhaft vorgelegt wird. Die Beweislast liegt dann beim Arbeitnehmer. Auch der Anspruch auf Krankengeld kann gefährdet sein, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos nachgewiesen wird. Eine rückwirkende Krankschreibung gilt nur dann als wirksam, wenn sie zeitnah erfolgt, nachvollziehbar ist und die formalen Anforderungen erfüllt.

Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Kommunikation: Viele Patienten versuchen, über E-Mail oder Telefonate mit der Arztpraxis ein Attest zu erhalten, ohne tatsächlich untersucht zu werden. Dies ist nicht zulässig. Die Diagnose und Ausstellung müssen stets im persönlichen Kontakt erfolgen – entweder in der Praxis oder bei einem Hausbesuch. Bei Fernbehandlungen gelten seit 2020 erweiterte Regeln, doch auch hier ist die nachträgliche Krankschreibung rechtlich nur unter strengen Bedingungen möglich.

Digitalisierung der Krankmeldung: Was sich seit der eAU geändert hat

Seit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) Anfang 2023 hat sich die Übermittlung von Krankschreibungen grundlegend verändert. Arbeitnehmer müssen die AU-Bescheinigung nicht mehr selbst an den Arbeitgeber weiterleiten – diese Pflicht entfällt. Stattdessen übermittelt die Arztpraxis die Bescheinigung digital an die Krankenkasse, von wo aus der Arbeitgeber die Daten elektronisch abrufen kann. Dennoch bleibt die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung bestehen: Der Arbeitgeber muss weiterhin unmittelbar über die Arbeitsunfähigkeit informiert werden, idealerweise am ersten Krankheitstag. Auch die elektronische AU ist an Fristen gebunden. Wird die Krankschreibung rückwirkend ausgestellt, muss sie ebenso zeitnah digital verarbeitet werden, damit sie im System korrekt ankommt. Besonders in Fällen der Rückdatierung ist es entscheidend, den Arztbesuch nicht zu verzögern. Die Digitalisierung bringt Vorteile in der Verwaltung, setzt aber gleichzeitig ein hohes Maß an Sorgfalt bei der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Pflichten voraus – für Arztpraxen, Arbeitgeber und Mitarbeiter gleichermaßen.

Empfehlungen für den Krankheitsfall: Was ist zu beachten?

Um rechtliche und medizinische Probleme zu vermeiden, sollten Angestellte bestimmte Regeln beachten. Bei Krankheit ist eine sofortige Krankmeldung gegenüber dem Arbeitgeber Pflicht – am besten telefonisch oder per E-Mail mit klarer Angabe zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Je früher der Arzt aufgesucht wird, desto einfacher lässt sich die Erkrankung dokumentieren und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.

Wer am Wochenende erkrankt, sollte spätestens am Montag zum Arzt gehen, um eine Rückdatierung für Samstag oder Sonntag zu ermöglichen. Länger als drei Tage rückwirkend krankschreiben lassen ist fast nie möglich – daher zählt jeder Tag. Besonders bei Urlaubszeiten, Feiertagen oder geplanten Terminen sollte der Arztbesuch nicht aufgeschoben werden, um den Nachweis der Erkrankung nicht zu gefährden.

Im Zweifelsfall lohnt es sich, bereits vorab bei der Arztpraxis nachzufragen, ob eine rückwirkende Bescheinigung in der jeweiligen Situation möglich ist. Viele Praxen haben klare Vorgaben zur Rückdatierung und orientieren sich strikt an den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Wer regelmäßig denselben Hausarzt aufsucht, profitiert zudem von bekannten Akten und besseren Einschätzungsmöglichkeiten.

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Auch aus Sicht der Arbeitgeber ist eine klare Kommunikation wichtig. Transparente Vorgaben zur Krankmeldung – etwa in Mitarbeiterhandbüchern oder im Arbeitsvertrag – können Missverständnisse vermeiden. Unternehmen sollten dabei rechtlich zulässige Fristen einhalten und individuelle Härtefälle berücksichtigen.

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Fazit: Rückwirkend krankschreiben lassen – möglich, aber nicht selbstverständlich

Die Frage „Kann man ein Attest nachträglich holen?“ lässt sich nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich ja – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Gesetzliche Regelungen, medizinische Einschätzungen und arbeitsrechtliche Anforderungen greifen ineinander und machen die rückwirkende Krankschreibung zu einem komplexen Thema.

Die Dauer der Rückwirkung ist auf maximal drei Kalendertage beschränkt, länger als drei Tage rückwirkend krankschreiben zu lassen ist nur in Ausnahmefällen möglich. Ein Attest vom Arzt muss auf fundierter Diagnose basieren und kann nicht allein auf Wunsch des Patienten ausgestellt werden. Die Verantwortung liegt sowohl beim Mediziner als auch beim Arbeitnehmer, der rechtzeitig handelt, klare Informationen liefert und die bestehenden Regelungen kennt.

Mit dem richtigen Verständnis der Voraussetzungen, dem frühzeitigen Arztbesuch und offener Kommunikation mit dem Arbeitgeber lassen sich viele Probleme vermeiden – sowohl im Alltag als auch in speziellen Fällen wie Urlaub, Feiertagen oder Wochenenden. In jedem Fall gilt: Gesundheit geht vor, und klare Regeln schützen alle Beteiligten.

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