Was ist eine SperrminoritÀt?
Der Begriff der SperrminoritĂ€t beschreibt eine Situation, bei der ein positiver Beschluss beziehungsweise ein Abstimmungsergebnis durch die Gegenstimmen einer Minderheit (MinoritĂ€t) verhindert werden kann. Normalerweise reicht bei demokratischen Abstimmungen eine absolute (50,1 Prozent), je nach Satzung in manchen FĂ€llen auch schon eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, um einen Beschluss herbeizufĂŒhren. In anderen FĂ€llen, wie zum Beispiel einer VerfassungsĂ€nderung durch den Deutschen Bundestag (Zweidrittelmehrheit), ist eine qualifizierte Mehrheit von mehr als der HĂ€lfte der Stimmen notwendig. Daher kann eine Minderheit der Abstimmungsberechtigten einen Beschluss blockieren beziehungsweise sich gegen ihn sperren.
Im wirtschaftlichen Zusammenhang ist von einer SperrminoritĂ€t zumeist im Gesellschaftsrecht fĂŒr Aktienunternehmen die Rede. Das deutsche Aktiengesetz (AktG) sieht vor, dass bestimmte BeschlĂŒsse nur auf der Hauptversammlung und nur mit einer Dreiviertelmehrheit gefasst werden dĂŒrfen. Dazu gehören beispielsweise BeschlĂŒsse zur Kapitalerhöhung und andere VerĂ€nderungen in der EigentĂŒmerzusammensetzung, BeschlĂŒsse zur GeschĂ€ftsordnung der Hauptversammlung oder zur Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern.
BeschlĂŒsse, die eine Dreiviertelmehrheit erfordern, können bereits mit einer SperrminoritĂ€t von 25 Prozent plus einer Aktie verhindert werden.
SperrminoritÀt: Mitbestimmender MinderheitsaktionÀr
Da das AktG vorsieht, bestimmte, wichtige Entscheidungen der UnternehmensfĂŒhrung nur durch eine Dreiviertelmehrheit auf der Hauptversammlung treffen zu können, reicht bereits eine Minderheitsbeteiligung von 25,1 bis 49,9 Prozent der Aktien aus, um sich in wichtigen strategischen Fragen ein Mitspracherecht zu erkaufen.
Ein unverzichtbares Instrument fĂŒr MinderheitsaktionĂ€re
Investoren, die nicht nur aus GrĂŒnden der Vermögensanlage oder der Kursspekulation in andere Unternehmen einsteigen, sind hĂ€ufig an strategischen Entscheidungen der UnternehmensfĂŒhrung interessiert und möchten hier ihre eigenen Kompetenzen einbringen, um den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu sichern.
Nicht zuletzt sichern Wagniskapitalgeber, Private Equity Unternehmen oder Venture Capital Fonds damit den Wert ihres Investments ab. Diese investieren oft in Startups oder kleine Unternehmen mit groĂen Wachstumsaussichten und mĂŒssten im Falle eines wirtschaftlichen Misserfolgs ihr Investment in groĂen Teilen oder sogar vollstĂ€ndig abschreiben.
FĂŒr sie ist der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von 25,1 Prozent aller Aktien ein unverzichtbares Instrument, um an den wichtigen strategischen Entscheidungen der Firma, in die investiert wurde, beteiligt zu werden. Da sich die UnternehmensfĂŒhrung mit einem Gesellschafter, der ĂŒber eine SperrminoritĂ€t verfĂŒgt, generell gut stellen muss, will sie nicht in wichtigen Fragen handlungsunfĂ€hig werden, reicht der Einfluss meistens weit ĂŒber die durch AktG und Unternehmenssatzung gewĂ€hrten Rechte hinaus.
Stimmrechte und Mehrheiten
Die Beschlussfassung einer Aktiengesellschaft ist im deutschen Aktiengesetz (AktG) geregelt und Àhnlich verfÀhrt auch das deutsche GmbH-Gesetz (GmbHG). Beide sehen vor, dass bestimmte wichtige Entscheidungen nur auf der Gesellschafterversammlung und nur mit einer qualifizierten Mehrheit von Dreivierteln der abgegebenen Stimmen zu treffen sind.
Einfache Mehrheit
FĂŒr die meisten BeschlĂŒsse auf einer Gesellschafterversammlung ist eine einfache Mehrheit von in der Regel mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen ausreichend. Die entsprechenden Gesetze, aber auch die Satzung des Unternehmens können jedoch fĂŒr bestimmte Fragen auch qualifizierte Mehrheiten verlangen.
MinderheitsaktionÀr
Ist fĂŒr einen Abstimmungserfolg eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, können auch MinderheitsaktionĂ€re mit lediglich 25,1 Prozent der Anteile BeschlĂŒsse verhindern. Sie verfĂŒgen in diesen, hĂ€ufig die strategische Ausrichtung oder die EigentumsverhĂ€ltnisse des Unternehmens betreffende Fragen, ĂŒber eine SperrminoritĂ€t. Bei Unternehmen, bei denen ein Teil der Aktien im Streubesitz ist und diese Gesellschafter nicht an der Hauptversammlung teilnehmen, können bereits weniger als 25 Prozent der Anteile fĂŒr eine faktische SperrminoritĂ€t ausreichend sein.
Investoren und SperrminoritÀt
Wie oben bereits beschrieben ist die SperrminoritĂ€t ein unverzichtbares Instrument, mit dem Investoren mit Minderheitsbeteiligungen ihre Interessen schĂŒtzen können. Viele Investments wĂŒrden ohne dieses Vetorecht in wichtigen Entscheidungen vermutlich gar nicht getĂ€tigt werden. Die SperrminoritĂ€t erlaubt es Kapitalgebern, die grundsĂ€tzlich nicht zu stark in das operative GeschĂ€ft involviert werden wollen, trotzdem eine groĂe Mitsprache in der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu haben. Damit schĂŒtzen sie ihr Investment vor Fehlentscheidungen des Managements oder der UnternehmensfĂŒhrung.
Allerdings kann die SperrminoritĂ€t auch destruktiv genutzt werden, um bestimmte wichtige Entscheidungen zu blockieren. Ein Wertverlust oder gar die Insolvenz werden hier billigend in Kauf genommen, um sich beispielsweise eines unbequemen Konkurrenten zu entledigen oder eine feindliche Ăbernahme zu ermöglichen.
Ein genauer Blick auf die SperrminoritÀt
Die SperrminoritÀt scheint also sowohl positive als auch negative Effekte mit sich zu bringen und lohnt daher nochmals einen genaueren Blick auf ihre Vorteile und Nachteile.
Vorteile der SperrminoritÀt
Der Vorteil einer Entscheidungsfindung durch eine qualifizierte Mehrheit ist allgemein der Minderheitenschutz. Bei Kapitalgesellschaften wie der Aktiengesellschaft oder der GmbH geht es also um den Schutz der Interessen der Minderheitsgesellschafter, die ansonsten einem MehrheitseigentĂŒmer schutzlos ausgeliefert wĂ€ren. Viele Investments werden wahrscheinlich nur wegen dieser Absicherung beziehungsweise diesem Mittel, den eigenen Einfluss geltend zu machen, getĂ€tigt. Daher kann die SperrminoritĂ€t eine wichtige und positive Rolle bei der Versorgung von Startups und anderen innovativen Firmen mit Kapital sein.
Dabei handelt es sich zum einen um Eigenkapital mit allen Vorteilen, die eine höhere Kapitalisierung mit sich bringt und zum anderen um Kapital, welches vielleicht auf keinem anderen Wege zu akquirieren wĂ€re. Vermutlich wĂŒrde es einige innovative Produkte und Dienstleistungen nicht geben, könnten Investoren ihr Kapital nicht durch eine SperrminoritĂ€t schĂŒtzen.
Nachteile der SperrminoritÀt
Eine qualifizierte Mehrheit als Voraussetzung der Beschlussfassung bringt es aber auch mit sich, dass Minderheitsgesellschafter ihren Einfluss ĂŒber das demokratische MaĂ, welches sich aus den gehaltenen Anteilen ergibt, hinaus ausĂŒben können. Eine SperrminoritĂ€t kann auch genutzt werden, um eine bestehende EigentĂŒmergesellschaft so stark unter Druck zu setzen, dass sie am Ende vielen Entscheidungen, die eigentlich nicht ihren Interessen entsprechen, zustimmen mĂŒssen.
Ein Missbrauch der SperrminoritĂ€t kann zur Vorbereitung einer feindlichen Ăbernahme oder zum Schaden eines Konkurrenten eingesetzt werden und damit dem freien Wettbewerb schaden. Ob man als Gesellschafter einer GmbH einen Partner aufnehmen möchte oder als Aktiengesellschaft die Möglichkeit des Erwerbs einer Minderheitsbeteiligung zulassen möchte, sollte daher gut ĂŒberlegt sein.
FAQ: SperrminoritÀt
Im Folgenden werden einige hÀufig gestellte Fragen zum Thema SperrminoritÀt kurz beantwortet.
Wann liegt eine SperrminoritÀt vor?
Die SperrminoritĂ€t beschreibt den Anteil der Stimmen, der nötig ist, um eine Abstimmung scheitern zu lassen und ist daher von den Bedingungen der Abstimmung abhĂ€ngig. FĂŒr Kapitalgesellschaften ist dies beispielsweise im deutschen Aktiengesetz oder dem GmbH-Gesetz sowie in den Unternehmenssatzungen geregelt. Diese sehen fĂŒr wichtige unternehmerische BeschlĂŒsse vor, von einer Dreiviertelmehrheit getroffen zu werden. Eine SperrminoritĂ€t liegt dann ab einem Anteil von mehr als 25 Prozent der Stimmen in der Versammlung beziehungsweise der Unternehmensanteile vor.
Warum 25,1 Prozent?
Wenn Dreiviertel der abgegebenen Stimmen ausreichen, um BeschlĂŒsse herbeizufĂŒhren, benötigt man ein wenig mehr als ein Viertel der Stimmen, um BeschlĂŒsse sicher scheitern lassen zu können. Diese Möglichkeit ist beispielsweise bei 25,1 Prozent der Anteile beziehungsweise der möglichen Stimmen gesichert.
Wie viel Prozent SperrminoritÀt?
Im Gesellschaftsrecht fĂŒr Kapitalgesellschaften wird fĂŒr wichtige BeschlĂŒsse eine qualifizierte Mehrheit von Dreivierteln der abgegebenen Stimmen verlangt. Das heiĂt, dass der Gesellschaftsvertrag 25,1 Prozent der Stimmen als SperrminoritĂ€t konstituiert. Eine de facto SperrminoritĂ€t kann aber auch schon mit einem geringeren Anteil erreicht werden, wenn ein Teil der Gesellschafter, EigentĂŒmer oder Aktienbesitzer nicht an der Versammlung teilnimmt, da sie kein Interesse an der aktiven Einflussnahme haben.
Fazit
SperrminoritĂ€ten haben sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die UnternehmensfĂŒhrung und die Kapitalisierung aussichtsreicher Unternehmen. GmbH-GeschĂ€ftsfĂŒhrer oder andere Gesellschafter sollten sich daher ĂŒberlegen, ob die Vorteile ĂŒberwiegen oder ob sie ihren Kapitalbedarf nicht lieber mit Fremdkapital decken.
Bildquellen:
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