Stückzinsen werden dem Veräußerer bis einen Tag vor dem Verkaufstag zugerechnet und stehen dem Käufer erst ab dem Kauftag zu. Für den Erwerber handelt es sich um vorweggenommene negative Einnahmen aus Kapitalvermögen, der mit anderen Kapitalerträgen verrechnet wird. Für den Verkäufer waren die gesondert in Rechnung gestellten und erhaltenen Stückzinsen bis Ende 2008 laufende Kapitaleinnahmen und sie unterlagen dem Zinsabschlag.
Vereinnahmte Stückzinsen gehören seit 2009 als zusätzliches Element zu den Veräußerungsgewinnen und unterliegen nunmehr der Abgeltungsteuer. Dies gilt auch bei Wertpapieren, die vor dem 1. Januar 2009 angeschafft wurden und bei denen der Gewinn aufgrund des Bestandsschutzes eigentlich nicht der Abgeltungsteuer unterliegt.
Beispiel: Ein Anleger hatte 2008 und 2009 Bundessanleihen für jeweils 9.800 Euro erworben. Beide Positionen verkauft er Anfang 2011 für je 10.400 Euro. Darüber hinaus werden ihm je 250 Euro Stückzinsen gutgeschrieben. Die Bank rechnet wie folgt:
Anleihe stammt aus | 2008 | 2009 |
Kursgewinn | 600 € | 600 € |
davon steuerpflichtig | – | 600 € |
Stückzinsen | 250 € | 250 € |
Kapitaleinnahmen | 250 € | 850 € |
Abgeltungsteuer 25% | 62,50 € | 212,50 € |
Schwierigkeiten ergaben sich in der Vergangenheit mit dem Verkauf der Altanleihen, also festverzinslichen Anleihen mit Bestandsschutz, die also vor 2009 erworben wurden und deren Gewinn aus dem Verkauf damit an sich nicht steuerpflichtig ist. Hier hatte die Finanzverwaltung schon immer die Auffassung vertreten, dass die Stückzinsen der Abgeltungsteuer unterliegen. Dies war jedoch unter Experten umstritten, zumal die Übergangsregel gesetzlich nicht eindeutig geregelt war. Diese Lücke wurde erst über das Jahressteuergesetz 2010 geschlossen. Da das Gesetz aber erst im Dezember 2010 in Kraft getreten ist, haben die Kreditinstitute in 2009 und 2010 auf den Verkauf des Altbestands aus 2008 keine Steuern auf die Stückzinsen einbehalten. Dies hat also im Wege der Veranlagung durch eine Nachversteuerung zu erfolgen.
Damit hiervon betroffene Sparer ihre Stückzinsen dem Finanzamt einfacher nachmelden können, hat das BMF mit Schreiben vom 16.12.2010 eine gesonderte Steuerbescheinigung veröffentlicht (Az. IV C 1 – S 2401/10/10005). Dieses amtlich vorgeschriebene Muster haben die Kreditinstitute ihren Kunden unaufgefordert getrennt für die beiden Jahre auszustellen. Spätestens bis zum 30. April 2011 hat die Versendung dieser Steuerbescheinigungen zu erfolgen. Sie kann nur unterbleiben, wenn der Bank eine Nicht-Veranlagungs-Bescheinigung vorliegt. In diesem Fall sind die Stückzinsen mangels einer Verpflichtung zur Erklärungsabgabe auch nicht im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung anzusetzen.
(TIPP) Sparer tragen diese Stückzinsen in die Zeilen 15 und 16 der Anlage KAP ihrer Einkommensteuererklärung für das entsprechende Kalenderjahr ein. Sofern sie die Formulare bereits bei ihrem Finanzamt eingereicht haben, brauchen sie keine berichtigte Einkommensteuererklärung abzugeben. Ausreichend ist, wenn Sparer die Steuerbescheinigung einreichen und gleichzeitig einen formlosen Antrag stellen, dass die bescheinigten Stückzinsen bei ihrer Einkommensteuerfestsetzung zu berücksichtigen sind.
VSRW-Verlag