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Jamin-Kolumne: Düsseldorf hat eine Milliarde € für die Oper, aber kein Geld für vernünftige Bahnsteige fürs Volk

Auf einen Cappuccino: Die Jamin-Kolumne

©Dalle-E2

Wenn ich durch die Straßen in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf flaniere, fallen mir immer die Verkehrsfallen auf, die Behinderten oder Frauen und Männern mit Kinderwagen den Weg versperren.

Hier stehen Pkw so weit auf dem Bürgersteig, dass ein Rollstuhlfahrer oder eine Person mit Gehhilfen nicht passieren kann. Dort steht ein Pkw genau auf der Ecke mit der abgeflachten Auffahrt für Rollstühle.

Probleme beim Einsteigen

Meist ist es ja Unachtsamkeit und kein böser Wille, durch den behinderte Passanten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Ärgerlicher ist es aber, dass Düsseldorfs Rheinbahn nun schon viele Jahre dafür benötigt, ihre Haltestellen um- und extreme Einstiegsbarrieren für ihre Fahrgäste abzubauen.

Immer wieder sehe ich, etwa an den Haltestellen am Belsenplatz in meinem Lieblingswohnstadtteil Oberkassel, wie sich Senior*innen, Menschen mit Behinderungen und mit Gehhilfen, Rollstuhlfahrer*innen oder Personen mit Kinderwagen die hohen Einstiege der Hochbahnen oder auch Busse mühsam hochwuchten.

Die Stadt sollte Darlehen geben

Klar, neue Hochbahnsteige kosten viel Geld. Einer mehrere Millionen Euro. Aber das wusste man bereits, als man die Straßenbahnflotte plante. Auch trägt das Land NRW in der Regel 85 Prozent der Kosten. Der wohlhabenden Stadt Düsseldorf sollte es doch möglich sein, seinem Verkehrsunternehmen Rheinbahn das restliche Geld für einen schnellen Umbau aller Haltestellen zu leihen oder für das Baugeld zu bürgen.

Immerhin wird die Stadt (geschätzt) für einen Oper-Neubau unserer Upper-Class-Gesellschaft über eine Milliarde Euro, also 1.000 Millionen Euro, hinblättern. Barrierefreie Mobilität ist im Übrigen ein Recht, das in vielen Gesetzen verankert ist. Und was eine Ex-Bundeshauptstadt wie Bonn kann, sollte doch einer NRW-Landeshauptstadt mit einer Königsallee erst recht gelingen.

Marc G. schildert Vorfall

Und damit möchte ich auf ein besonderes Schicksal aufmerksam machen. Auf Facebook und an die Rheinbahn schrieb Rollstuhlfahrer Marc G. einen empörten Brief über sein Erlebnis mit dem Öffentlichen Personennahverkehr in Düsseldorf. „Ich möchte Ihnen einen Vorfall schildern, der sich heute (3. Juli 2023) an der Haltestelle Eckenerstraße in Unterrath gegen 13:00 Uhr ereignet hat. Ich stand dort mit meinem elektrischen Rollstuhl und wartete auf den M1 Bus mit der Nummer 8609“.

Busfahrer hatte keine Zeit

„Aufgrund parkender Autos konnte der Bus nicht ordnungsgemäß einscheren und blieb genau zwischen der Lücke stehen. Der hohe Bordstein erschwerte es mir, den Bus zu erreichen“, schrieb Marc: „Ich schlug dem Busfahrer vor, dass ich die Straße geradeaus hinunterfahre, wo der Bordstein niedriger ist, und er die Klappe herunterlässt, damit ich einsteigen kann. Jedoch antwortete der Fahrer, dass er keine Zeit habe und fuhr ohne mich davon. Ich war sehr enttäuscht und frustriert über diese Situation.“

Vernünftige Haltebucht bauen

„Leider erlebe ich es häufig,“, so Marc G., „dass die Gelenkbusse nicht richtig einscheren können. Da ich monatlich diesen Bus benötige, wünsche ich mir eine Lösung für diese wiederkehrende Problematik. Möglicherweise könnte man mit der Stadt Düsseldorf sprechen, um den gesamten Bereich von der Kreuzung bis zur nächsten Einbiegung für Pkws zu sperren“.

Dadurch würden die Gelenkbusse ausreichend Platz zum Halten haben und der Zugang für Rollstuhlfahrer und Menschen mit körperlichen Einschränkungen wäre gewährleistet, meint Marc: „Ich halte dies für eine kostengünstige Lösung. Eine Alternative könnte darin bestehen, eine vernünftige Haltebucht zu bauen.“

Hilfsbereitschaft notwendig

Marc G. musste 20 Minuten bis zum nächsten Bus warten: „Es gab das gleiche Problem. Allerdings war die Busfahrerin sehr zuvorkommend und fuhr bis zur nächsten Einbiegung. Dort machte sie die Klapprampe herunter, sodass ich einsteigen konnte. Ich möchte diese Busfahrerin ausdrücklich loben und hervorheben, dass ihr Verhalten vorbildlich war.“

Die Rheinbahn soll prüfen

Marc G. bittet die Rheinbahn nun, „diese Angelegenheit ernsthaft zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen, um die oben genannten Probleme an der Haltestelle Eckenerstraße zu lösen“.

„Eine bessere Organisation des Verkehrs und das Schaffen eines barrierefreien Zugangs für alle Fahrgäste, unabhängig von ihrer Mobilität, wäre sehr wünschenswert“, schrieb er an die Rheinbahn, „Ich hoffe auf eine positive Rückmeldung und darauf, dass dieser Vorfall angemessen untersucht und gelöst wird.“

Was wird die Rheinbahn dem Rollstuhlfahrer wohl antworten?

Bleiben Sie fröhlich. Bis nächsten Freitag. Auf einen Cappuccino …

Ihr Peter Jamin

Bildquelle: ©Dalle-E2

 

Peter Jamin (© Michael Seelbach)

Peter Jamin arbeitet als Schriftsteller und Journalist. Er veröffentlichte – neben Kolumnen und Artikeln – mehr als 30 Bücher zu gesellschaftlich relevanten wie unterhaltsamen Themen. Darüber hinaus arbeitete er als Autor und Regisseur von Fernsehdokumentationen und -serien. Etliche Bücher schrieb er als Ghostwriter prominenter Zeitgenossen. Mit seinem Schwerpunktthema „Vermisst“ befasst er sich seit rund 30 Jahren; unterhält auch ein „Vermisstentelefon“ zur Beratung von Angehörigen Verschwundener. Ausgezeichnet wurde Jamins Arbeit u.a. mit dem „GdP-Stern“ der Gewerkschaft der Polizei „in besonderer Würdigung seiner herausragenden journalistischen Leistungen“. Infos zum Autor unter jamin.de.

Bildquellen

  • Peter Jamin: Michael Seelbach
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