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Tuchel-Kolumne: Adé zu Quergedacht

QUERGEDACHT: DIE TUCHEL-KOLUMNE

Susan Tuchel

Am Ende des verflixten siebten Jahres ist es passiert. Es kam nicht von heute auf morgen. Es war ein schleichender Prozess, ein paar böse Worte hier, ein bisschen Nichtbeachtung da, wir sind einfach in die Jahre gekommen, haben uns auseinandergelebt. Dann der Entschluss: Ich trenne mich. Und zwar von meiner Quergedacht-Kolumne, nicht nur, aber auch, weil ihr Name coronabedingt ganz ohne mein Zutun in Verruf geraten ist.

Trennung ist harte Arbeit, Trennungsarbeit. Doch bin ich nicht so aus dem Gleichgewicht gebracht, dass ich in Therapie muss. Ich wähle stattdessen ein Wochenende Klausur mit einem Haufen Blätter, um einen würdigen Abschluss zu finden. Meine Mutter hat sich all die Jahre die Kolumnen von meinem Vater ausdrucken lassen und in einer Mappe gesammelt, weil sie sich nicht für ein papierloses Büro entscheiden muss.

Die Welt aus den Angeln heben

Beim Durchblättern und Lesen wird mir klar, woher der Trennungswunsch rührt. Ich war im Dezember 2014 angetreten, um die Sprachwelt aus den Angeln zu heben: Mit der Wortneuschöpfung „moogeln“ hatte ich auf einen Eintrag in den Duden gehofft. Voller Enthusiasmus hatte ich mich 2015 für die tierische Randgruppe der armen Schweine stark gemacht.

Ich habe meine Leser im Sommer 2017 mitgenommen auf die ungemütlichen Golanhöhen, 2018 ins Land der aufgehenden Sonne und war 2021 vermutlich einer der letzten glücklichen Digital-Nomaden auf der Vulkaninsel La Palma.

Die Best-of-Kolumnen

Beim Résumé und einem Blick auf die Zugriffszahlen fällt mir auf: Beliebt waren vor allem meine Kolumnen zu Fragen der Ernährung, wenn ich mich über Servicethemen ausließ und wenn es um Sex ging. Welche Kolumne ich besonders mag? Es ist „Der Affe in mir grüßt den Affen in dir“ aus dem Jahr 2016. Nicht ganz so großen Erfolg hatte ich mit meinen Verbesserungsvorschlägen in der Stadt- und Verkehrspolitik in Düsseldorf. Wobei, das stimmt nicht ganz. Ich bekam 2019 auf meine Müll-Kolumne Post von Thomas Geisel und habe es damit sogar bis in den „Express“ geschafft. Zurzeit bin ich im Gespräch mit dem amtierenden Oberbürgermeister Stephan Keller zu meiner „Dutch Reach“-Plakataktion, bei der ich mich – auch im Interesse für Leib und Leben – gerne als Fahrradmodel zur Verfügung stellen möchte.

Bis heute halte ich den Roman von Michel Houellebecq für so hellseherisch wie Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ und an das klassische Familienmodell glauben wohl mittlerweile auch andere nicht mehr. Die „polyamourösen Verantwortungsgemeinschaften“, die die Piraten vor sechs Jahren im Bundesrat zur Erweiterung des Ehebegriffs vorschlugen, passen übrigens hervorragend zum Gendering von 2020/21. Ohnehin verändert sich gerade viel: Wir mutieren nach der Bundestagswahl gerade vom Mutti- zum Multiland. Hauptsache, wir kommen ohne das D*-Wort aus.

Ich habe auch dazugelernt, mitunter schmerzlich, als ich eine meiner Kolumnen auf meine Website stellte und damit einen Prozess mit Bernd Kasper am Hals hatte. Seitdem habe ich den anwaltlichen Spruch „Strahlen und zahlen“ verinnerlicht.

Was ich jetzt noch zu sagen hätte, ganz ohne Zigarette: Liebe Leserinnen und Leser, danke für Eure Leselust und Treue. Ganz vom Fenster weg bin ich natürlich nicht. Ich werde weiter schreiben und auch auf dieser Wirtschaftsplattform über Unternehmen und Events berichten und Interviews führen. Nur den vierten Sonntag im Monat, den habe ich ab jetzt frei. Den brauche ich für meine Resilienz.

Susan Tuchel

 

Susan Tuchel

Susan Tuchel, Journalistin, Autorin und PR-Beraterin in Düsseldorf, nimmt gesellschaftliche Trends, politische und wirtschaftliche Entwicklungen ins Visier. Ihre Kolumne, mal sachlich und nüchtern, mal emotional oder scharfzüngig, erschien bis zu dieser letzten Ausgabe exklusiv jeden ersten Montag im Monat bei business-on.

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