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Sand und Kies – zwischen Bauboom und Rohstoffverknappung

Sand und großkörniger Kies sind wesentliche Baustoffe in Industriegesellschaften. Deutschland verfügt zwar über viel Sand und Kies. Dennoch warnen Bauwirtschaftsexperten wie Andreas Buhk, Inhaber der RBS Firmengruppe und Mitglied im Billbrookkreis, vor einer weiteren Verknappung dieser Rohstoffe – auch bei uns im Norden.

Nachschub für die Baubranche: Sande und Kiese werden in großen Mengen für viele Bauprojekte benötigt. Doch der Rohstoff ist endlich

In Hamburg und Umland wird kräftig gebaut: Nachverdichtung entlang der Magistralen, ganze Stadtviertel entstehen neu. Straßen und Brücken werden saniert, Fußgängerzonen und Velorouten gebaut. Bevorzugter Baustoff im Hoch- und Tiefbau ist Beton. Die Basis dafür: Sand und Kies.

Andreas Buhk, Inhaber von RBS, in Hamburg ansässiger Lieferant von Sand und Kies

Deutschlandweit gibt es große Sand- und Kiesvorkommen. Zugleich wird angesichts der boomenden Bauwirtschaft viel von den Rohstoffen benötigt: 238 Millionen Tonnen Sand und Kies wurden laut Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Jahr 2016 gefördert. Rund 95 Prozent der abgebauten Kiese, Sande und gebrochenen Natursteine gehen in die Bauindustrie (Quelle: Statista). Mehr als die Hälfte davon benötigen laut Informationen des Industrieverbands Steine und Erden der Bund, Länder und Kommunen für den Ausbau und Erhalt öffentlicher Gebäude und Infrastruktur.

Der prognostizierte Bedarf an Sand und Kies ist weiterhin hoch. Jedoch ist nur ein Drittel der vorhandenen Rohstoffe zugänglich. Der Rest lagert in überbauten Gebieten und auf ausgewiesenem Bauland sowie in Wäldern, Wasser- und Landschaftsschutzgebieten. Laut BGR zeigen sich bei den Baurohstoffen, besonders bei Kies und gebrochenen Natursteinen, bereits seit einigen Jahren Versorgungsengpässe, auch in Hamburg.

Längere Wege durch Mangel an Genehmigungen

Dass es für die Branche schwieriger wird, Genehmigungen für Abbauflächen in der Region zu erhalten, bestätigt RBS-Inhaber Andreas Buhk. RBS ist Sand- und Kieslieferant in fünfter Generation. Seit den 1960er-Jahren baut der Betrieb unter anderem innerhalb der Hamburger Stadtgrenzen die Rohstoffe ab. Im Stadtstaat sei der Flächendruck laut Buhk inzwischen so groß, dass es keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr gebe. Anders sehe das Potenzial in Flächenstaaten wie Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern aus.

„Die Verknappung unserer Rohstoffe ist besorgniserregend. In der Branche können wir absehen, dass wir in den nächsten 15 bis 20 Jahren einen dramatischen Rückgang an Abbaustätten bekommen werden“, sagt RBS-Chef Andreas Buhk.

Was für manchen nach „mehr Natur und weniger Industrie“ klingen mag, hat jedoch negative Folgen für die Umwelt. Lässt sich der Baustoff-Bedarf nicht mehr aus der Region gewinnen, müssen Sand und Kies von weiter her bezogen werden. „Noch vor zehn Jahren hatten wir Betriebe im Umland, die vielleicht 10, 20, seltener 30 Kilometer entfernt waren. Heute legen unsere Lkw zum Teil bis zu 80 Kilometer zurück, um das Material in unseren Betrieben abzuholen“, berichtet Andreas Buhk. Die Nachteile: „Mehr Lkw-Verkehr auf den Straßen, mehr CO2-Ausstoß, höhere Kosten – für uns, für private Bauherren und für die öffentliche Hand.“

Neue Lebensräume für Pflanzen, Pilze und Tiere

Rohstoffgewinnung bedeutet vorübergehende Eingriffe in die Umwelt. Was passiert mit der Natur, wenn der Abbau an einem Ort erschöpft ist? „Es gibt viele Sand- und Kiesabbaustätten, die nach

der Nutzung viel hochwertiger hergerichtet werden als sie vorher waren“, betont Buhk. „Die Flächen, die wir in Anspruch nehmen, waren meist Äcker oder Wiesen. Wir sind verpflichtet, diese im Nachgang auf unsere Kosten zu renaturieren oder rekultivieren.“ So entstünden etwa in Mecklenburg-Vorpommern viele Suksessionsflächen, auf denen sich heimische Flora und Fauna wieder ansiedeln. Oder Naturflächen für die Naherholung, wie es in Buchholz in der Nordheide geplant sei. Die Seenfläche am RBS-Betriebsstandort in Hamburg-Moorfleet werde, so Buhk, später als Naturschutzsee ausgewiesen. Die Flächenrückführungen passierten jeweils in enger Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden sowie Umweltverbänden, Landschaftsplanern und Biologen.

Größerer Einsatz von Recyclingprodukten sinnvoll

Sand und Kies bleiben dennoch endliche Ressourcen – zu denen es Alternativen gibt. „Wir sollten mehr Recyclingprodukte verwenden, statt auf Naturprodukte zurückzugreifen“, appelliert RBS-Chef Buhk und nennt ein Beispiel: Im Straßen- und Autobahnbau wird Schotter aus gebrochenem Gestein genutzt. Hier könne man auf Recycling-(RC-)Baustoffe ausweichen. Gerade in Hamburg werde viel abgerissen, um neu zu bauen. Aus dem Schutt – Beton, Ziegelsteine und Asphaltaufbruch – ließen sich in ortsansässigen Recyclingbetrieben gütegeprüfte, hochwertige RC-Baustoffe produzieren. Seit 2017 verwende die Stadt Hamburg nur noch Naturprodukte aus dem Steinbruch, kritisiert Buhk. „Da es hier im Norden keine Steinbrüche gibt, kommt das Gestein als Importware aus Schottland, Norwegen und Sachsen-Anhalt nach Hamburg.“

Auch mit Blick auf große Stadtentwicklungsprojekte wie Oberbillwerder sieht der Unternehmer großes Potenzial für den Einsatz von RC-Baustoffen. „Es muss ja nicht immer das qualitativ hochwertigste Naturmaterial sein, vielmehr können einzelne Schichten mit gütegeprüftem RC-Material verfüllt werden. Um Ressourcen zu sparen, denn Sand wächst ja nun mal nicht nach.“

Aufbereitung von Bauschutt und Asphaltaufbruch zu gütegeprüften Recyclingprodukten

Quellen und interessante Links

  • Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V.: www.bv-miro.org
  • Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: www.bgr.bund.de
  • Recycling-Baustoffe: www.abfallratgeber.bayern.de/gewerbe/recyclingbaustoffe/index.htm
  • Rohstoffstrategie der Bundesregierung: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/P R/rohstoffstrategie-der-bundesregierung.html

Der Beitrag ist erschienen in „der billbrooker 2020-02“, der Stadtteilzeitung von Billbrooker Unternehmen für Billbrooker Unternehmer. Die Redaktion von Business-on.de Hamburg dankt dem Billbrookkreis für diese Artikel-Übernahme.

(Autorin: Tanja Königshagen)

Bildquellen

  • _mg_8350: RBS Firmengruppe
  • 20160715_183428_neu: RBS Firmengruppe
  • dsc_4600: RBS Firmengruppe
  • dsc_3696: RBS Firmengruppe
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