Pragmatismus statt Sozialromantik prägt das Kaufverhalten der Digital Natives, also jene Generation, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist. Das bestätigen die Ergebnisse einer Studie des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh), die die Universität Rostock durchgeführt hat.
Laut behv-Mitteilung wurden dazu 930 Probanden befragt, die nach dem Jahr 1995 geboren wurden. Das Durchschnittsalter lag bei 22 Jahren. Die Befragten gehören demnach zu den Digital Natives. Gut die Hälfte der Untersuchten waren Studierende und rund ein Viertel in Ausbildung. 55 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen, zwei Prozent bezeichneten sich als divers. Für die Einschätzung des zukünftigen Einkaufverhaltens im Handel wurden mehr als 870 offene Antworten kategorisiert und analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, wie herausfordernd Digital Natives für den Handel sind: „Wir sehen in den Daten eine neue Generation, die zwar sehr wertebewusst einkauft, sich allerdings weit weniger ‚disruptiv‘ zeigt als weithin angenommen. Es ist eine Generation, die über den Schutz persönlicher Daten und der Umwelt nachdenkt. Sie zeigt sich darin aber durchaus pragmatisch, pflegt keine Sozialromantik und steht neuen Technologien im Handel aufgeschlossen gegenüber“, fasst Martin Groß-Albenhausen, Organisator des bevh-Roundtable „Forschung und Lehre“ und stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh, zusammen.
Ladengeschäfte kaum noch relevant
Vier von fünf der befragten jungen Menschen gaben an, dass sie ihre Einkäufe regelmäßig über ein Smartphone (84 Prozent) oder Notebook/PC (75 Prozent) erledigen. 75 Prozent kaufen am liebsten auf Online‐Marktplätzen ein, 13 Prozent bevorzugen klassische Onlinehändler und 12 Prozent den Direktkauf bei Markenherstellern. Der Einkaufsort „Ladengeschäft“ hingegen scheint für viele in Zukunft kaum noch relevant zu sein: Danach gefragt, wie sie sich das Einkaufen in 25 Jahren vorstellen, gaben knapp 75 Prozent der Befragten an, dass sie den überwiegenden Teil der Einkäufe online erledigen werden, rund 50 Prozent wollen nur noch in dringenden Fällen Geschäfte betreten und 57 Prozent nur dann, wenn dort interessante und passende Produkte verfügbar sind. Schaufensterbummel kommen nur noch wenigen in den Sinn. 53 Prozent können sich nicht vorstellen, in 25 Jahren noch in der Innenstadt Spontaneinkäufe zu tätigen, weitere 25 Prozent sind unentschlossen.
Geringe Kundenloyalität
Ein Zugehörigkeitsgefühl zu einem bestimmten Händler haben laut Angaben lediglich 19 Prozent der Befragten und eine positive Bewertung für ein gekauftes Produkt zu schreiben, käme nur für 18 Prozent infrage. Nur 25 Prozent sehen Wechselbarrieren bei der Suche nach anderen Händlern.
Differenzierte Nutzung sozialer Medien
Die mit Abstand beliebtesten Plattformen sind Youtube und Instagram mit 94 Prozent bzw. 88 Prozent aktiven Nutzenden unter den Befragten. Obwohl 55 Prozent soziale Netzwerke auch als eine Inspirationsquelle für Einkäufe bezeichnen, lassen sich nur 20 Prozent auch von Influencern für Einkäufe begeistern. Wichtigster Kanal ist Instagram. 62 Prozent der Befragten beziehen daraus Inspirationen und 55 Prozent nutzen ihn zum Entdecken und Einkaufen. Für die Informationssuche wird am häufigsten Youtube zurate gezogen. Das ist bei 63 Prozent der Befragten der Fall. Tik Tok landet in den drei Disziplinen mit kleinem Abstand auf dem dritten Platz. Facebook, Pinterest und Twitch sind hingegen abgeschlagen.
Nachhaltigkeit für Frauen wichtiger
Ökologisch und sozial verantwortlicher Konsum ist eine Selbstverständlichkeit für die meisten jungen Menschen, auch suchen sie aktiv nach Unternehmen, die diese Werte teilen. Dennoch: Während 40 Prozent der Frauen Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen würden, um umweltfreundlicher einzukaufen, sind es bei den Männern nur 26 Prozent. 73 Prozent der weiblichen, aber nur 52 Prozent der männlichen Befragten gaben an, dass eine nachhaltige Produktion wichtiger sei als die Strahlkraft einer Marke.
Kritische Betrachtung neuer Handelstechnologien
Positive Einstellungen gegenüber neuen Handelstechnologien zeigten sich besonders gegenüber kassenlosen Geschäften sowie dem Einkaufen in virtuellen oder augmentierten Realitäten. Als wichtigste Motive für die Nutzung neuer Technologien wurden der Wunsch nach mehr Kundenfreundlichkeit, etwa Einkaufen rund um die Uhr und nach einem nachhaltigeren Konsum genannt. In den Fragebögen zeigt sich etwa die Hoffnung, unnötige Retouren und Überproduktionen zukünftig zu vermeiden, wenn Produkte in 3-D betrachtet und virtuell anprobiert werden können. Allerdings hat auch die Technikaffinität junger Menschen ihre Grenzen. Das gilt besonders für das Shoppen per Gesichtserkennung und über Sprachassistenten. Die Datenschutzbedenken überwogen die Nutzungsabsicht in diesen Fällen deutlich. 41 Prozent der Befragten würden ihre persönlichen Daten in Zukunft nur noch teilen wollen, wenn sie dafür Geld oder andere spürbaren Vorteile als Gegenleistung bekämen.
Download: Die Studie „Next Generation E-Commerce: Einblicke in das aktuelle und künftige Kaufverhalten junger Menschen“ steht ab sofort zum Herunterladen bereit: bevh.org/daten-studien/next-generation-e-commerce
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