In jedem Meeting, bei jedem telefonischen oder persönlichen Kundenkontakt geht es um Aufgaben, Fragestellungen oder Probleme, die im Dialog zu klären sind. Wer offene Fragen stellt und verstehend oder nachfragend antwortet, kommt schneller ans Ziel.
Auf die Frage „Wie spät ist es?“ gibt es wohl nur eine Antwort, nämlich die der augenblicklichen Uhrzeit. Das ist der Prototyp einer geschlossenen Frage, die dem Gegenüber keinen Spielraum bei der Antwort lässt. Auch Fragen wie „Darf ich Sie abholen?“ und „Ist es Ihnen um 19.00 Uhr Recht?“ fallen in die gleiche Kategorie, da sie nur mit ja oder nein beantwortet werden können.
Beobachten Sie in Ihrem nächsten Gespräch einmal, welcher Fragentechnik Sie sich bedienen. Stellen Sie eher geschlossene Fragen oder stellen Sie auch Fragen wie:
- Wie verlief das Kundengespräch mit Herrn X gestern …?
- Wer ist beteiligt an dem Projekt und auf welche Art und Weise soll es abgewickelt werden?
- Wie war die Reaktion auf unser Angebot/unsere Präsentation?
- Welche Ideen und Wünsche haben Sie?
- Wann können Sie starten?
- Worin unterscheiden sich die Angebote?
- Woraus besteht dieses Produkt?
Solche W-Fragen bezeichnet man als offene Fragen. In einer guten Gesprächsatmosphäre wird Ihr Gegenüber dies als sachliches Hinterfragen einer Situation verstehen. Ist das Klima jedoch belastet, kann sich der Gefragte auch in die Ecke gedrängt fühlen oder er versteht die offene Frage als verdeckte Schuldzuweisung, auch wenn Sie dies nicht intendiert haben.
Als Business-Diplomat sollten Sie darauf achten, dass Ihre Fragetechnik aus einem geschickten Umgang mit offenen und geschlossenen Fragen besteht. Dies ist der Schlüssel zu einer sanften Gesprächsführung, die Ihren Gesprächspartner zu einem offenen und vertrauensvollen Dialog einlädt. Wie empathisch und wertschätzend Sie mit Ihrem Gegenüber umgehen, können Sie daran erkennen, ob ihr Gesprächspartner auf Ihre Kommunikationsvorgabe eingeht und eine offene Frage nicht dazu nutzt, Ihnen eine geschlossenen Antwort zu geben.
Die Bewertungsskala von Antworten
Halten Sie bei den Antworten auf Ihre Fragen die Fäden nicht immer in der Hand, so sind Sie in der Reaktion auf die Antworten absolut Herr der Lage. Sie entscheiden, ob Sie mit der Antwort Ihres Gesprächspartners bewertend, auslegend, beruhigend, besserwissend, verstehend oder nachfragend umgehen.
Alle Antwortstile haben ihre Vor- und Nachteile. Bei einer bewertenden Antwort beziehen Sie eine eindeutige Stellung, geraten aber zugleich in die Rolle des Richters. Legen Sie die Antwort aus, zeigen Sie zwar den Willen, auf die Meinung des Anderen einzugehen, lassen aber Ihre Meinung in den Hintergrund treten. Reagieren Sie auf eine Antwort beruhigend, wird das vielleicht von Ihrem Gegenüber wohlwollend aufgenommen, kann aber dazu führen, dass in Zukunft verstärkt Klagen an Sie herangetragen werden. Treten Sie besserwissend auf, ist das Problem vielleicht gelöst, aber unter Umständen geht die Lösung am Ziel vorbei.
Diplomatisch handelt, wer sich verstehend zu einer Antwort stellt oder nachfragt. Dabei sind die Fragen an die jeweilige Situation anzupassen.
Oberstes Ziel ist es, den Gesprächspartner zu öffnen und nicht Positionen zu zementieren, von denen keiner mehr ohne Gesichtsverlust abrücken kann. „Ob ein Mensch klug ist, erkennt man an seinen Antworten. Ob ein Mensch weise ist, erkennt man an seinen Fragen.“ Dieser Satz des ägyptischen Schriftstellers Nagib Mahfuz hat nichts von seiner Geltung eingebüßt.
Wulf-Hinnerk Vauk