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Kolumne „Kann passieren …“ – Schwachkopf-Karriere

Dank der sozialen Medien ist es heutzutage möglich, mit dem größten Schwachsinn Karriere zu machen und berühmt zu werden. Für alles gibt es Experten und Expertinnen – oder Leute, die sich dafür halten. Nichts ist so unbedeutend, dass man es nicht doch noch zum absolut lebenswichtigen Thema hochstilisieren kann. Unser Autor Andreas Ballnus, hat sich zu diesem Phänomen so seine Gedanken gemacht.

Foto: nuruddean / Adobe Stock

Es wird ihn geben. Irgendwann wird es ihn ganz bestimmt geben – den Typen, der den Dreck sammelt, der sich unter seinen Finger- und Zehennägeln festgesetzt hat.

Der Typ wird dann schon sehr bald kleine Filmbeiträge dazu posten auf Youtube, Tictoc und all den anderen Plattformen, auf denen wirklich alle Dumpf- und Dummheiten dieser Welt ihr Publikum finden. Natürlich wird er auch sehr bald einen Blog zu diesem Thema eröffnen. Dort lässt er sich dann darüber aus, wie man am besten diesen Dreck sammelt und aufbewahrt.

Im Laufe der Zeit werden immer mehr Menschen auf ihn aufmerksam. Schon bald geht die Zahl der Klicks und Follower durch die Decke. Nach und nach fangen immer mehr Leute damit an, den Dreck von Finger- und Zehennägeln zu sammeln. Es ist nicht auszuschließen, dass sogar Tauschbörsen entstehen werden. Der Dreck von Finger- und Zehnägeln wird weltweit per Post verschickt. Und natürlich wird es auch in den einzelnen Städten und Gemeinden Treffen der Nageldreck-Sammler geben.

Irgendwann kommt es dann zu den ersten Interview-Anfragen, und kleine Reportagen über ihn werden im Fernsehen gesendet. Wenn dieser Typ dann über das Nageldreck-Sammeln spricht, klingen seine Worte so gewichtig, als würde es sich um eine besonders ernste Angelegenheit von höchstem internationalem Interesse handeln. Er vermittelt den Eindruck, als wäre das Nageldreck-Sammeln die wichtigste Sache der Welt.

Während sich die öffentlich-rechtlichen Sender noch zieren, sind die privaten TV-Anstalten schon sehr bald mit Feuer und Flamme bei der Sache. Doch es wird nicht all zu lange dauern, bis dieser Typ an einem Freitagabend in der Talkshow einer der Sendeanstalten sitzt, die zur ARD gehören. Dort wird er dann sein Buch vorstellen, das er über das Nageldrecksammeln geschrieben hat. Es wird vermutlich eine Abhandlung über die verschiedenen Formen des Drecks sein und Hinweise auf weiterführende Literatur enthalten, wie zum Beispiel aus der Forensik.

Und so hat er es geschafft – ein Niemand, ein Schwachkopf erster Güte, der zu Ruhm und Reichtum gelangt ist. Doch nicht wenige, die ihn verspotten und beschimpfen, werden ganz tief in ihrem Inneren auch ein wenig neidisch sein und sich fragen, ob dieser Typ wirklich so bescheuert ist, wie sie denken.

– Andreas Ballnus —

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ZUM AUTOR

Andreas Ballnus
Jahrgang ’63, Liedermacher und Autor.  Unter dem Nick „anbas“ hat er in dem Literaturforum „Leselupe.de“ eine Vielzahl seiner Texte veröffentlicht. Er lebt in Hamburg und verdient sein Geld als Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst. Weitere Informationen: andreasballnus.de.tl

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Bildquellen

  • Andreas Ballnus: Sebastian Lindau
  • Soziale Medien: nuruddean / Adobe Stock
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Kolumne Kann passieren

KOLUMNE KANN PASSIEREN

Andreas Ballnus erzählt in seiner Kolumne „Kann passieren“ reale Begebenheiten, fiktive Alltagsgeschichten und manchmal eine Mischung aus beidem. Diese sind wie das Leben: mal humorvoll, mal nachdenklich. Die Geschichten erscheinen jeweils am letzten Freitag eines Monats in business-on.de.

Hier finden Sie eine Übersicht aller Beiträge, die von Andreas Ballnus erschienen sind.

Interview: 100 x Andreas Ballnus

Lesen Sie auch die  Buchbesprechung zur Antologie „Tierisch abgereimt“.

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