Die Hände zu Fäusten geballt, ein gerötetes Gesicht und die Emotion ins Gesicht geschrieben: So sieht Wut aus. Sie gilt gemeinhin als ein nicht sonderlich schönes Gefühl, das wir bestmöglich unter Kontrolle halten sollten. Bloß nicht aus der Haut fahren! Bloß nicht Kontra geben! Dabei ist Wut ein Kompass: Wo wir wütend werden, stimmt etwas nicht in der Beziehung zu unseren Erwartungen und der Außenwelt. Wie wir die Wut als Kraft nutzen, zeigt uns Friederike von Aderkas in ihrem Buch „Wutkraft“.
Beziehungen ins Gleichgewicht bringen
Dein Vorgesetzter hat dich bei einer Beförderungsrunde übergangen. Dein Mann hat wieder einmal – wie gefühlt immer – den vollen Mülleimer übersehen und stehen gelassen. Deine Freundin liest in deinem Smartphone den Chatverlauf – ohne vorher zu fragen. Und wenn dir jemand die Vorfahrt nimmt, läufst du dunkelrot an. Wir sind mal mehr, mal weniger offensichtlich wütend.
Aber warum eigentlich? Stört uns wirklich der nicht rausgebrachte Abfall? Oder fühlen wir uns in unserer Beziehung vernachlässigt oder als Opfer einer klassischen Rollenverteilung? Stört es uns, wenn die Freundin unsere Nachrichten liest, oder ist es nur die Selbstverständlichkeit, mit der sie in unsere Privatsphäre einbricht? Wer erkundet, wo die eigene Wut wirklich herkommt, begibt sich oftmals auf eine spannende Reise. „Wut zeigt dir, wo Ereignisse, Situationen und Verhältnisse für dich nicht stimmen“, erklärt die Autorin. Dadurch sei diese Emotion auch ein guter Sensor, mit dem wir Teile unseres Lebens aufspüren können, die nicht im Gleichgewicht sind.
Geben wir der Wut Raum
In ihrem Buch zeigt die Pädagogin und systemische Coachin, wie wir Wut produktiv nutzen können, um eine solche Schieflage zu erkennen und zu beheben – sei es in unseren Beziehungen, in der Familienstruktur oder im Arbeitsleben. Aber es geht auch um die Wut, die wir nicht zulassen. Weil es sich nicht schickt, wütend zu sein. Weil wir nicht negativ auffallen möchten, Beziehungen nicht gefährden möchten. Die Wut bahnt sich trotzdem ihren Weg, das weiß Friederike von Aderkas. Die einen betäuben das Gefühl mit Drogen oder Alkohol, andere werden depressiv oder leiden an körperlichen Beschwerden. Wer den Ursachen von Wut auf den Grund geht, seiner eigenen Wutgeschichte nachgeht, kann diese Gründe für die eigene Wut auflösen – oder zumindest einen gesunden Umgang mit ihr finden. Es lohnt sich also immer, diesem enorm starken Gefühl Raum zu geben, die Wut anzuerkennen und mit ihr, anstatt gegen sie, zu arbeiten.
Bildquellen
- Wutkraft: Beltz Verlag