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Zahlungsmoral deutscher Unternehmen bröckelt zunehmend

Laut einer Studie des Informationsdienstleisters Crif weisen Firmen in Schleswig-Holstein den höchsten Zahlungsverzug auf. Hamburg liegt bei Spät- oder Nichtzahlern über Bundesdurchschnitt.

Symbolfoto: Edar / Pixabay.com

Das Zahlungsverhalten deutscher Unternehmen hat sich im ersten Halbjahr 2023 verschlechtert. Überfällige Rechnungen wurden von den Unternehmen in Deutschland in den ersten sechs Monaten mit einem Verzug von rund 19,2 Tagen bezahlt (Stand 10. Juli 2023). Im ersten Halbjahr 2022 lag der durchschnittliche Zahlungsverzug noch bei 16,6 Tagen. 8,9 Prozent der Unternehmen zahlten die Rechnungen im ersten Halbjahr 2023 nicht oder verspätet – im Vergleichszeitraum 2022 waren es 7,3 Prozent. So lauten die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Auswertung des Informationsdienstleisters Crif, der für die Analyse nach eigenen Angaben das Zahlungsverhalten von knapp 540.000 Unternehmen ausgewertet hat.

„Wir beobachten derzeit vermehrt ein liquiditätsschonendes Verhalten seitens der Firmen“, kommentiert Crif-Deutschland-Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen.

Deutschlands Unternehmen gewähren ihren Gläubigern im Durchschnitt ein Zahlungsziel von 26 Tagen. Bei Nicht- oder Spätzahlern werden Rechnungen derzeit erst nach durchschnittlich 45 Tagen bezahlt. „Unternehmen warten dadurch weitaus länger auf das Geld als ursprünglich einkalkuliert. Damit werden sie unfreiwillig zum Kreditgeber ihrer Kunden“, erklärt Schlein weiter.

Schleswig-Holstein mit höchstem Zahlungsverzug

Es zeigen sich regionale Unterschiede beim durchschnittlichen Zahlungsverzug. Schleswig-Holstein führt im ersten Halbjahr 2023 die Liste an – mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 26,4 Tagen bei Zahlungszielen. Im Vergleichszeitraum 2022 lag die Verzögerung bei 19,3 Tagen. Es folgen Berlin mit einem Zahlungsverzug von durchschnittlich 26 Tagen und Brandenburg mit 22,3 Tagen. In Sachsen-Anhalt hingegen zahlen die Unternehmen im Durchschnitt mit einer Verspätung lediglich von 13,5 Tagen.

12,5 Prozent zahlen in Hamburg zu spät oder nicht

Unabhängig vom durchschnittlichen Zahlungsverzug zeigt die Crif-Analyse, dass in Deutschland derzeit 8,9 Prozent der Firmen die Rechnungen nicht oder nur mit Verspätung bezahlt. In Berlin ist die Quote der Nicht- und Spätzahler mit 16,5 Prozent am höchsten. Im ersten Halbjahr 2022 waren es 13,6 Prozent der Berliner Unternehmen, die spät oder gar nicht ihre Rechnungen beglichen. Auch in Hamburg liegt 12,5 Prozent über dem Bundesdurchschnitt  –im Vergleichszeitraum 2022 waren es 10,5 Prozent, die nicht pünktlich oder gar nicht bezahlten. Am besten ist die Zahlungsmoral derzeit in Thüringen – hier zahlen lediglich 5,7 Prozent der Unternehmen die Rechnungen nicht oder verspätet. Das ist ein leichter Anstieg gegenüber dem ersten Halbjahr mit 5,5 Prozent.

Baugewerbe und Logistik unterdurchschnittliche Zahler

In den ersten sechs Monaten des Jahres hat sich eine unterschiedliche Entwicklung in der Zahlungsmoral verschiedener Branchen gezeigt. Laut der aktuellen Auswertung weisen insbesondere die Bereiche Baugewerbe, Logistik, Gastgewerbe und Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen eine schlechtere Zahlungsmoral als der Durchschnitt auf. Vergleichsweise besser ist das Zahlungsverhalten in der Energieversorgung und im verarbeitenden Gewerbe.

Gravierende Folgen für KMU

Das schlechte Zahlungsverhalten von Unternehmen belastet nach Crif-Angaben oft die mittelständischen und kleingewerblichen Betriebe. Dies liege daran, dass ein Mangel an Liquidität, der beispielsweise durch verspätete oder unbezahlte Rechnungen entsteht, als eine der häufigsten Ursachen für Insolvenzen gelte. Zusätzlich bedeuten nicht oder zu spät bezahlte Rechnungen durch Kunden oder Auftraggeber einen erhöhten Verwaltungsaufwand und zusätzliche Kosten für die betroffenen Unternehmen.

Im schlimmsten Fall, so der Informationsdienstleister, könne sich ein Teufelskreis entwickeln, da Unternehmen durch verspätete Zahlungen ihrer Kunden länger als geplant auf ihre eigenen Investitionen verzichten müssten oder sogar Bestellungen nicht bedienen könnten. Dies könne bei kleinen Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Schieflage führen.

Crif geht derzeit von bis zu 17.000 Firmeninsolvenzen in Deutschland im Jahr 2023 aus. Das wäre ein Anstieg von knapp 17 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022.

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