Mit genau dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 20. Juni 2023 (1 AZR 265/22) befasst. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wurde eine Fachkraft erfolgreich an einen Arbeitgeber vermittelt. Aufgrund des im März 2021 geschlossenen Arbeitsvertrages nahm der Mitarbeiter seine Arbeit am 1. Mai 2021 auf. Der Arbeitgeber zahlte an den Headhunter für die erfolgreiche Vermittlung eine Provision von 4.500 Euro. Weitere 2.230 Euro sollten nach Ablauf der Probezeit fällig werden.
Um das wirtschaftliche Risiko für sich zu minimieren, nahm der Arbeitgeber in den Arbeitsvertrag die Verpflichtung des Arbeitnehmers auf, ihm die an den Headhunter gezahlte Provision zu erstatten, sollte der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf eines Jahres aus von ihm zu vertretenden Gründen beenden. Nachdem der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis bereits nach zwei Monaten innerhalb der Probezeit fristgemäß kündigte, verlangte der Arbeitgeber die Provision zurück und zog bereits einen Teilbetrag von circa 800 Euro vom letzten Gehalt des Mitarbeiters ab. Daraufhin erhob der Arbeitnehmer Klage beim Arbeitsgericht auf vollständige Zahlung des Gehalts.
Bereits das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein und so auch das BAG in seinem vorgenannten Urteil gaben dem Mitarbeiter recht. Der Arbeitgeber durfte die Provision nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen und muss das Gehalt nachzahlen. In der Begründung verwies das BAG auf die Vereinbarung der Zahlung im Arbeitsvertrag als allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Diese Regelung benachteilige den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Durch die Rückzahlungspflicht sei der Arbeitnehmer in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt. Dieser unangemessenen Einschränkung stehe zudem kein Vorteil gegenüber, der die Benachteiligung ausgleichen könne. Das Risiko, die Vermittlungsgebühr auch bei einem kurzen Arbeitsverhältnis vollständig wirtschaftlich tragen zu müssen, liege beim Arbeitgeber und sei eine Ausprägung des Betriebsrisikos.
— Lisa Aepler —
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Rechtsanwältin Lisa Aepler
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