Der Anspruch auf Zahlung der Differenz entsteht sowohl für die Zukunft als auch für die Vergangenheit. Es ist jedoch häufig schwer zu beweisen, ob tatsächlich aufgrund des Geschlechts eine geringere Vergütung erfolgt. Somit ist es von erheblicher Bedeutung für den Nachweis der Diskriminierung, wer die „Darlegungs- und Beweislast“ für die Benachteiligung trägt. Muss der Arbeitnehmer beweisen, dass die Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt ist, oder muss der Arbeitgeber darlegen, dass sie gerade nicht wegen des Geschlechts erfolgt ist? Genau mit dieser Frage hat sich kürzlich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 21. Januar 2021 befasst.
Die beschäftigte Person hat gemäß §§ 10 ff. des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Auskunft über das Vergleichsentgelt, das andere Beschäftigte für eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit erhalten, die „Vergleichstätigkeit“. Durch den Arbeitgeber ist das Vergleichsentgelt als auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts anzugeben.
Arbeitgeber muss beweisen, dass andere Umstände als das Geschlecht eine schlechtere Bezahlung rechtfertigen
Durch diese Mitteilung des Median-Entgelts gibt der Arbeitgeber gleichermaßen die maßgeblichen Vergleichspersonen bekannt, die seiner Ansicht nach das angegebene Vergleichsentgelt für die gleiche oder eine gleichwertige Tätigkeit erhalten. Auf Grundlage der in der Auskunft des Arbeitgebers gemachten Angaben können Beschäftigte vor dem Arbeitsgericht die Differenz aus deren Entgelt und dem Median-Entgelt einklagen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Differenz auf eine Benachteiligung wegen des Geschlechts zurückzuführen ist.
Genau an diesem Punkt setzt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts an. In dem zu entscheidenden Fall hatte eine Abteilungsleiterin zunächst die Auskunft nach §§ 10 EntgTranspG verlangt und erhalten. Daraus ergab sich, dass die maßgeblichen männlichen Vergleichspersonen ein höheres Entgelt erhalten. Dies betrifft sowohl das monatliche Entgelt als auch eine gezahlte Zulage. Eine Ungleichbehandlung lag somit unstreitig vor. Streitig war allerdings, ob diese Ungleichbehandlung eine Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellte. Weitere Anhaltspunkte, die auf eine solche Benachteiligung hinweisen würden, lagen nicht vor. Nachdem das Arbeitsgericht der Arbeitnehmerin in ihrem Zahlungsanspruch wegen Benachteiligung zunächst Recht gab, wies das Landesarbeitsgericht Niedersachsen die Klage der Arbeitnehmerin in der Berufungsinstanz ab, da die weiteren Anhaltspunkte für die Benachteiligung wegen des Geschlechts fehlen würden.
Das BAG dagegen entschied, dass bereits die Ungleichbehandlung auf eine Benachteiligung wegen des Geschlechts mit erheblichem Gewicht hindeute. Deshalb ergibt sich bei der dargestellten Ungleichbehandlung eine – widerlegbare – Vermutung für das Vorliegen einer Benachteiligung. In der Folge liegt es am Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass andere Umstände als das Geschlecht die schlechtere Bezahlung rechtfertigten. Gelingt es dem Arbeitgeber nicht, hierfür plausible Gründe anzugeben und im Zweifel zu beweisen, so wird die Benachteiligung wegen des Geschlechts angenommen und der Arbeitgeber ist zum Ersatz der Lohndifferenz verpflichtet. Das BAG hat bisher offengelassen, welche anderen Umstände der widerlegbaren Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgversprechend entgegengehalten werden können.
— Lisa Krüger —
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Rechtsanwältin Lisa Krüger
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