Grundsätzlich gibt ein Arbeitszeugnis Auskunft über Art und Dauer der Tätigkeiten sowie gegebenenfalls über Leistung und Kenntnisse sowie das Verhalten eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin. Ein Arbeitszeugnis kann dabei unterschiedlich umfangreich sein, denn es sind zwei verschiedene Arten von Arbeitszeugnissen zu unterscheiden.
Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis
In der Arbeitnehmerbewertung wird zwischen dem sogenannten einfachen und einem qualifizierten Zeugnis unterschieden. Das einfache Arbeitszeugnis enthält lediglich Informationen über Art und Dauer der Beschäftigung und gibt Auskunft darüber, welche Aufgaben ein/-e Arbeitnehmer/-in in welchem Zeitraum hatte und wie diese erfüllt wurden.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis gibt zudem Auskunft über die Leistung und das soziale Verhalten.
Zeitpunkte der Zeugniserteilung
Arbeitszeugnisse können zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgestellt werden. Ein Zwischenzeugnis wird im bestehenden Arbeitsverhältnis erstellt, zum Beispiel im Zusammenhang mit einem Wechsel des/der Vorgesetzten oder bei einer Versetzung oder Positionsänderung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin. Ein Endzeugnis wird zum Ende eines Arbeitsverhältnisses ausgestellt.
Der Arbeitgeber darf die Zeugniserteilung bei den genannten Anlässen nicht verweigern und hat in einem angemessenen Zeitrahmen ein Zeugnis zu erstellen, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin dies gefordert hat. Jedes formulierte Zeugnis sollte auch zur Personalakte genommen werden.
Anforderungen an Formulierung und Inhalt
Ein schriftliches Zeugnis muss mehreren Grundsätzen genügen: Es muss zunächst vollständig sein. Der Grundsatz der Vollständigkeit meint, dass im Interesse einer aussagekräftigen Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen, die das Arbeitsverhältnis gekennzeichnet haben, im Arbeitszeugnis enthalten sein müssen. Darüber hinaus muss das Zeugnis klar formuliert sein. Der Verfasser darf weder durch die Wahl von Worten oder Satzstellungen noch durch das Auslassen von Inhalt bei Dritten eine falsche Vorstellung hervorrufen.
Als wichtigster Grundsatz ist der der Zeugniswahrheit zu befolgen. Der Verfasser eines Zeugnisses darf nur objektive, der Wahrheit entsprechende Tatsachen in das Zeugnis aufnehmen. Behauptungen, Annahmen oder gar Verdächtigungen dürfen keinesfalls enthalten sein.
Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung
Weiterhin ist der Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung zu beachten. Gemeint ist eine berufsfördernde Beurteilung, die das berufliche Fortkommen des (ehemaligen) Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren soll.
Aus diesem Grundsatz ergibt sich in der Praxis teilweise eine Kollision mit der Anforderung an die Zeugniswahrheit. Hat ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin eine Verfehlung begangen, die bewiesen wurde und womöglich sogar eine arbeitsrechtliche Konsequenz wie zum Beispiel eine Abmahnung zur Folge hatte, darf diese trotzdem nicht im Zeugnis erwähnt werden. Ebenfalls ausgeschlossen sind beispielsweise Erwähnungen von Fehlzeiten oder den direkten Kündigungsgründen.
Der Arbeitgeber bestimmt aber sowohl die Wahl der Worte als auch deren Abfolge. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung oder einen bestimmten Wortlaut, sofern ihr Zeugnis den oben genannten Grundsätzen folgt.
Praxistipps für Unternehmen
Arbeitszeugnisse sind oft Streitgegenstand zwischen Arbeitgebern und (ehemaligen) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Gerade Zeugniswahrheit und wohlwollende Beurteilung bieten in ihrem Zusammenspiel Interpretationsspielraum, der häufig gerichtlich geklärt werden muss. Damit ein Zeugnis rechtlich keine Angriffsfläche bietet, sollten Mustervorlagen nur vorsichtig oder gar nicht verwendet werden. Bei schwierigen Beurteilungen empfiehlt es sich, das Zeugnis vor Übergabe an den/die Arbeitnehmer/-in rechtlich zu prüfen. Unternehmensverbände wie der AGA Unternehmensverband beraten ihre Mitglieder bei der Erstellung jeglicher Art von Arbeitszeugnissen und vertreten auch bei gerichtlichen Streitigkeiten.
— Rechtsanwältin Michaela Hofbauer —
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ZUR AUTORIN
Rechtsanwältin Michaela Hofbauer
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