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Börsen: Outperformancechancen in Osteuropa

Im ersten Halbjahr zählten zehn Börsen aus Osteuropa zu den Top-Performern der Weltbörsen, an der Spitze die Warschauer Börse mit einem Plus von 20 Prozent beim PTX-Index. Aktien aus Kasachstan können eine gute Alternative zu russischen Aktien sein. Andreas Männicke gibt seine aktuellen Börsen-Einschätzungen mit Blick auf den Ukraine-Krieg.

Marcel Schauer / Adobe Stock (Fotolia)

Ukraine will so schnell wie möglich in die Nato

Am 11. und 12. Juli 2023 findet der NATO-Gipfel in Vilnius statt. Dort wird über den Nato-Beitritt der Ukraine beraten und auch, wie man der Ukraine zu einem militärischen Sieg durch weitere Waffenlieferungen helfen kann. Beschlossen ist schon die Versendung von FH16-Kampfjets im Herbst, wobei die Pilotenausbildung auf polnischen Boden erfolgt. Zusätzlich sollen jetzt auch Mittelstreckenraketen geschickt werden, die in der Lage sind, Russland Nachschubwege zu zerstören. Sehr umstritten ist der Einsatz von Streubomben, die die USA jetzt der Ukraine zur Verfügung stellen wollen. Russland wird dann scharf auf Streubomben-Beschuss antworten. Damit wird die Eskalation absehbar zunehmen und die USA sorgen für diese Eskalation.

Es stellt sich jetzt die bange Frage, ob dieser Nato-Gipfel nicht auch den dritten Weltkrieg näher bringt. Es wird dringend Zeit für diplomatische Verhandlungen, sonst wird ein „Point of no return“ erreicht, der dies unmöglich macht.

Anschlag auf das Atomkraftwerk Saporischschja möglich

Damit wird das Eskalationspotenzial im Ukraine-Krieg im Sommer und Herbst weiter steigen. Schon jetzt besteht die Gefahr, dass das größte Atomkraftwerk Europas in Saporischschja durch einen Militäreinsatz beschädigt wird, wobei die Ukraine und Russland beide behaupten, dass dies vorbereitet werde. Dies könnte dann schon den Nato-Beistandsfall auslösen, auch wenn die Ukraine noch kein Nato-Mitglied ist. Dann wären wir von einem dritten Weltkrieg nicht mehr weit entfernt. Zudem soll jedes Nato-Land jetzt enorm aufrüsten und mindestens 2 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Militärausgaben bereitstellen.

USA überschreiten weitere „rote Linien“

Die Rüstungslobby wird sich zwar über neue Aufträge freuen, aber das Geld fehlt dann wieder an vielen anderen Stellen. Es stellt sich zudem die Frage, ob die von den USA immer wieder geforderte Aufrüstungspolitik den Weltfrieden sicherer macht oder dies nur der Vorbereitung auf den dritten Weltkrieg dient. Die USA wollen jetzt die von 100 Nationen verbotene Streumunition aus alten Beständen liefern, was eigentlich auf dem Nato-Gipfel geächtet werden müsste. Da die USA bei diesem Gipfel aber tonangebend sind, wird eine Kritik diesbezüglich wohl ausbleiben. Großbritannien ist gegen den Einsatz von Streubomben. Man fragt sich, warum sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hier zurückhält und nicht ganz klar gegen den Einsatz von Streubomben ausspricht.

Ebenso verwerflich, aber kritiklos hingenommen ist auch die Lieferung von uranhaltiger Panzermunition, was die Briten schon gemacht haben und die USA nun auch machen wollen. Damit werden alte „rote Linien“ überschritten, nur um der Ukraine zum Sieg zu verhelfen. Das ständige Schüren von Feindbildern (Russland und China) birgt auch eher die Gefahr einer Eskalation und ist in keinem Fall friedensstiftend. Bezeichnender Weise haben sich die USA, Russland und die Ukraine nicht dem Beschluss zum Verbot des Einsatzes von Streumunition, dem sogenannten Oslo-Abkommen, angeschlossen.

Immer wieder zweierlei Maß

Und immer wieder zweierlei Maß: Die USA lehnen zwar selbst den Internationalen Gerichtshof in Den Haag ab, befürworten aber die Verurteilung von Wladimir Putin als Kriegsverbrecher. Ungesühnt blieben hingegen die Kriegsverbrechen der USA in vielen militärischen Einsätzen, auch im Irak. Die Türkei hat dem Nato-Beitritt Schwedens immer noch nicht zugestimmt. Dies wird sicherlich beim Nato-Gipfel für Gesprächsstoff sorgen. Aber auch das Feindbild zu China wird wohl beim Nato-Gipfel weiter geschürt und vor einem Taiwan-Konflikt gewarnt. China will angeblich jetzt eine militärische Kooperation mit Kuba anstreben und sich dort positionieren, was den USA überhaupt nicht gefallen dürfte. Unvergessen bleibt die Kuba-Krise im Oktober 1962, die durch sowjetische Mittelstreckenraken schon damals fast einen Atomkrieg auslöste.

Ukraine-Krieg könnte die Weltbörsen im Fall einer Eskalation belasten

Bisher reagierten die Weltbörsen mehr auf die Konjunktur-Daten und die Entscheidungen der Notenbanken, wobei die Kurse zuletzt etwas nachgaben. Falls der Ukraine-Krieg aber in der Form eskalieren sollte, dass die Nato direkt in den Konflikt eingreift – indirekt macht sie dies schon lange – und die Gefahr eines dritten Weltkriegs näher rückt, wird auch die Ukraine wieder börsenrelevant. Auch insofern kann man nur hoffen, dass die dem Friedensplan von China, den BRICS-Staaten und den afrikanischen Ländern, die beim St. Petersburger Wirtschaftsforum auch bei Putin vorsprachen, mehr Gehör finden und man den diplomatischen Verhandlungen wieder mehr Raum schafft.

Wagner-Gruppe in Warteposition – wie lange noch?

Je länger der Krieg andauert, desto schwächer wird die Position des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selinskyi im eigenen Lande, aber auch die von Putin, weil dann zu viele Menschen unnötigerweise sterben. Ein erfolgreiches Zurückdrängen der Russen aus der Ostukraine würde wahrscheinlich einen zweiten Putschversuch gegen Putin auslösen, der dann auch erfolgreich wäre. Oder Putin reagiert dann mit ganz anderen Waffen, möglicherweise auch Atomwaffen.

Gespannt sein darf man auch, welche Einsatzbefehle demnächst die Wagner-Gruppe bekommt. Die meisten Söldner der Wagner-Gruppe wurden in den Urlaub geschickt. Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass die Wagner-Gruppe später von Belarus aus Kiew angreifen wird, um dort militärischen Kräfte der Ukraine zu binden. Kiew ist nur 100 Kilometer von der belarusischen Grenze entfernt. Belarus‘ Präsident Alexander Lukaschenko warnt schon seit geraumer Zeit vor der Gefahr eines dritten Weltkriegs; er plädiert für einen sofortigen Waffenstillstand oder zumindest den Beginn von diplomatischen Verhandlungen, bevor es unlösbare Konflikte gibt.

Was passiert mit Prigoschin?

Der Wager-Chef Jewgeni Prigoschin ist nach St. Petersburg gereist, weil dort sein Haus vom russischen Geheimdienst untersucht wurde. Es gibt jetzt „Säuberungsaktionen“ im russischen Sicherheitsapparat und bei Spitzenpolitikern. Die Frage ist, was der russische Geheimdienst FSB jetzt mit Prigoschin vorhat. Man sollte sich nicht wundern, wenn er eines Tages vom russischen Geheimdienst hingerichtet wird. Dies würde aber eine Gegenreaktion bei der Wagner-Gruppe und den verbündeten Militäreinheiten auslösen, die sogar zu einem Putsch gegen Putin führen könnte, der dann erfolgreich sein könnte. Immerhin wurde der Generalstabschef Valery Gerassimow, der seit Jahresbeginn für den Ukraine-Krieg verantwortlich war, nun am 9. Juli entlassen und genau das war auch das Ziel von Prigoschin.

Outperformancechancen in Osteuropa: Polen plus 20 Prozent!

In der ersten Hälfte des Jahres dürfen die Anleger mit der Performance der Aktien sehr zufrieden sein. Der Dax erreichte ein Plus von 14 Prozent, der S&P-Index von 16 Prozent und der Nasdaq-Index von über 34 Prozent, wobei der Nasdaq-Index vor allem durch die Aktien mit dem Fantasie-Thema KI, also „künstliche Intelligenz“ nach oben gezogen wurde wie von Microsoft, Meta und vor allem Nvidia. Der Dax korrigierte in der vergangenen Woch um 3,5 Prozent, so dass er jetzt „nur“ noch mit 10 Prozent im Plus ist.

Die Anleger in Osteuropa dürften ebenfalls mit dem ersten Halbjahr sehr zufrieden sein. 10 Börsen aus Osteuropa zählten schon wieder zu den am besten performenden Börsen der Welt, an der Spitze die Indices aus Polen und Kroatien mit jeweils über 20 Prozent. Aber auch der CECE-Index (mit Polen, Ungarn und Tschechien im Boot) konnte um fast 20 Prozent zulegen und damit weit mehr als der Dax.

Neue „Schnäppchenjagd“ in Russland selektiv wieder möglich

Russischen Aktien sind zwar nach wie vor nicht an westlichen Börsen wegen der gegenseitigen Sanktionen nicht handelbar, aber dennoch tun sich für sehr risikofreudige Investoren hier einige neue Chancen auf. So können über den Broker Zerich Securities Ltd aus Zypern jetzt neben Gazpromanleihen auch einige Aktien aus Russland außerbörslich zu Discoutpreisen gekauft werden. Anleger müssten dann allerdings ein Kriegsende abwarten, um ein Verkauf wieder zu ermöglichen. Der Rubel schwächte sich zuletzt deutlich auf 100 EUR/RUB ab. Der Euro stieg zum Rubel in einem Jahr schon über 60 Prozent.

Eine russische Aktie, die jetzt zu Discountpreisen gekauft werden kann, ist beispielsweise die Konsumkette Fix Price, die noch vor dem Krieg ein IPO in London wagte und dort nun von Handel ausgesetzt ist. Und auch bei Yandex, Ozon und TCS Group wird es außerbörslich Möglichkeiten geben, die Aktien zu kaufen und zu verkaufen, über Zerich Securities Ltd.

Polymetal so günstig wie noch nie

Eine gute Alternative ist jetzt der Erwerb von Aktien des russischen Gold- und Silberproduzenten Polymetal, der neuerdings auch an der AIX in Kasachstan gelistet ist. Polymetal soll an der Londoner Börse bis 17. Juli delisted werden. Anleger können diese Aktie jetzt sehr preisgünstig in Kasachstan zum Kurs von 2,7 US-Dollar über Freedom Broker kaufen. Die Aktie ist an der Moskauer Börse mehr als doppelt so viel wert, was nun eine Verdoppelungschance mittelfristig eröffnet.

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ZUM AUTOR

Andreas Männicke ist Journalist, Buchautor, Verleger, Börsen-Experte und Berater (mit Spezialisierung auf Osteuropa) – bekannt aus TV- und Radio-Sendungen wie N-TV, N24, DAF, Bloomberg, Deutsche Welle. Mehr Information: www.andreas-maennicke.de und www.eaststock.de

 

 

Bildquellen

  • Ukraine-Flagge: Marcel Schauer / Adobe Stock (Fotolia)
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