Sinkende Inflationsraten und Anleihen-Renditen beflügeln die Weltbörsen trotz hoher geopolitscher Gefahren
Trotz der nach wie vor vorhandenen Eskalationsgefahr beim Israel-Krieg und dem nicht enden wollen Ukraine-Krieg stiegen die Weltbörsen vergangene Woche wegen der zuletzt stark gesunkenen US-Inflationsraten und möglichen Fortsetzung der Zinspause der US-Notenbank Fed stark an. So sanken die Renditen am langen Ende sowohl in den USA als auch in Europa, was den Aktienmärkten starken Auftrieb gab. Keiner glaubt jetzt mehr an eine Zinserhöhung der Fed am 13. Dezember und hernach auch nicht. Besonders gut performten wieder einmal die Börsen aus Osteuropa, wobei viel zu wenige Anleger die großen Chancen an den Osteuropabörsen nutzen, weil sie bei den westlichen Medien immer noch sehr stiefmütterlich behandelt werden.
Osteuropa als klarer Outperformer
So erreichte der CECE-Index, ein Kunstprodukt der Wiener Börse mit Polen, Ungarn und Tschechien im Boot, letzte Woche ein neues Jahreshoch mit 1.782 Indexpunkten, was ein Plus von 33 Prozent seit Jahresbeginn bedeutet. Der Dow-Jones-Industrial-Index (DJI) erreichte mit 35.254 Indexpunkten zwar auch ein neues Jahreshoch, stieg damit aber nur mit 9,38 Prozent seit Jahresbeginn. Auch der Dax konnte in den letzten Tagen deutlich zulegen auf 16.397 Indexpunkte, was aber auch „nur“ ein Plus von 16,55 Prozent seit Jahresbeginn bedeutet. Nur der Nasdaq-Composite-Index mit den „glorreichen 7 KI-Aktien“, zu denen etwa Microsoft und Nvidia zählen, konnte mit Zentralosteuropa mithalten und stieg nun auf 14.304 Indexpunkte, was ein Plus von 37,72 Prozent seit Jahresbeginn bedeutet. Ohne die glorreichen 7 KI-Aktien wäre aber der Nasdaq-Index nur sehr unterdurchschnittlich angestiegen.
Paprika ins Depot mit ungarischen Aktien
Am meisten stiegen in Osteuropa wiederum die Aktien der Budapester Börse mit einem Plus von 41 Prozent beim ungarischen HTX-Index gefolgt von der Warschauer Börse mit einem Plus von 38 Prozent beim polnischen PTX-Index und die Prager Börse mit einem Plus von 16,5 Prozent beim tschechischen CTX-Index. In Ungarn und Polen gab es wegen der starken Landeswährung neben Kursgewinnen an der Börse zusätzlich hohe Währungsgewinne, so dass sich dort auch Anleihenkäufe mit hohen Anleihenrenditen lohnten. Alle genannten Börsen konnten den Dax in Euro mehr oder weniger klar outperformen.
Aktien aus Südosteuropa und dem Baltikum im Aufwind
Sehr erfreulich entwickelten sich auch die meisten Börsen aus Südosteuropa bzw. der Balkanregion sowie die Aktien aus dem Baltikum (Estland; Lettland, Litauen). So konnten die Aktien aus Kroatien mit dem CROX-Index um 32 Prozent anstieg, die Aktien aus Bulgarien mit dem BTX-Index um 27 Prozent und die Aktien aus Rumänien mit dem ROTX-Index um 25 Prozent seit Jahresbeginn. Alle genannten Osteuropa-Börsen waren klar besser als der Dax oder der DJI. Der SETX-Index für Aktien aus Südosteuropa stieg auch bereits um 23,66 Prozent auf 1.754 Indexpunkte.
„Schnäppchen“ mit russischen ADR/GDR im OTC-Markt
Russische ADR/GRD sind zwar wegen der Sanktionen an westlichen Börsen nicht handelbar, aber es bieten sich jetzt für sehr risikogeneigte Anleger unglaublich niedrige „Schnäppchenkurse“ mit OTC-Markt, die Anleger nur über die beiden Broker aus Zypern Zerich Securities Ltd. oder Freedom Broker wahrnehmen können. So werden Aktien wie die IT-Aktien VKontakte (das Facebook von Russland) und Yandex (das Google von Russland), die Konsumkette Fix Price oder der Personaldienstleister Headhunter zu einem Discount von zum Teil über 40 Prozent zu den Preisen an der Moskauer Börse gehandelt.
Bei Freedom Broker können Anleger auch Aktien aus Kasachstan handeln, wobei Aktien aus Kasachstan im Moment eine gute Alternative zu russischen Aktien ist. Der KTX-Index für Aktien aus Kasachstan stieg auch bereits seit Jahresbeginn um 36,37 Prozent auf 742 Indexpunkte.
Russische Unternehmen denken um
Einige russische Unternehmen wollen jetzt an die aus russischer Sicht freundliche Börse nach Kasachstan gehen, was der russischen Gold- und Silberproduzent Polymetal schon vorgemacht hat. Der Kurs von Polymetal stieg an der AIX in Kasachstan schon um 50 Prozent von 2,7 auf 4,07 US-Dollar an, wobei hier das Kurspotential noch lange nicht ausgeschöpft si, zumal sich die Gold- und Silberreise jetzt im Aufwind befinden.
Gold und Kryptowährungen hui, Öl pfui
Der Goldpreis stieg auf das neue Jahreshoch von 2.070 USD/Unze, was sehr nahe dem alten Allzeithoch ist, und Silber stieg auf 25,5 USD/Unze, was freilich von dem Allzeithoch von 50 USD/Unze noch weit entfernt ist. Insofern hat Silber noch mehr Erholungspotenzial. Russische Ölaktien gaben zuletzt etwas nach. Die Opec (Organisation erdölexportierender Länder) beschloss zwar weitere Förderkürzungen. Aber im nächsten Jahr drohen den USA eine Rezession und eine schwache Nachfrage aus China, so dass es Nachfragesorgen gibt. Der Brentölpreis fiel daher auch nach der Opec-Konferenz auf 79 USD/Barrel und der WTI-Ölpreis auf 74,2 USD. Gefragt bleiben weiter Kryptowährungen wie der Bitcoin und Ethereum mit jeweils neuen Jahreshöchstkursen.
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ZUM AUTOR
Andreas Männicke ist Journalist, Buchautor, Verleger, Börsen-Experte und Berater (mit Spezialisierung auf Osteuropa) – bekannt aus TV- und Radio-Sendungen wie N-TV, N24, DAF, Bloomberg, Deutsche Welle. Mehr Information: www.andreas-maennicke.de und www.eaststock.de
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- Aktienbörsenkurse: Gerd Altmann / Pixabay.com
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