Wer in einem sensiblen Bereich tätig ist – wie in der Altenpflege, in einer Arztpraxis, in einem Krankenhaus oder einem Bereich, in dem Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen nicht einzuhalten sind – kann eine Gefahr für Dritte sein. Eine Impfpflicht besteht jedoch weiterhin nicht. Allerdings kann hier von einer mittelbaren Verpflichtung zur Impfung gesprochen werden: Aus der Verweigerung der Beschäftigen, sich impfen zu lassen, können arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Denn Arbeitnehmer könnten dann ihre Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß anbieten und verlören den Anspruch auf ihre Vergütung. Liegen weitere Voraussetzungen im individuellen Einzelfall vor, kommt am Ende auch eine personenbedingte Kündigung in Betracht.
Aufgrund einer denkbaren Mithaftung des Arbeitgebers empfiehlt sich bei einer Corona-Schutzimpfung im Unternehmen vorab ein Hinweis an die Beschäftigten, dass zwischen ihnen und ihrem Arbeitgeber kein Behandlungsvertrag besteht. Dieser kommt nur mit dem Betriebsarzt zustande, der die Impfung in eigener Verantwortung vornimmt. Um gar nicht erst in einen Behandlungsvertrag zwischen Betriebsarzt und Angestellten einzutreten, sollten Arbeitgeber die gesamte Organisation, den Ablauf und die Empfehlungen zur Impfung dem Betriebsarzt überlassen. Bei einer Impfung der Angestellten trifft den Arbeitgeber dann keine besondere Aufklärungspflicht. Er muss aber den Betriebsarzt ordnungsgemäß auswählen.
Um die Impfbereitschaft unter den Beschäftigten zu erhöhen, können Arbeitgeber ihren geimpften Angestellten eine freiwillige einmalige Bonuszahlung oder eine Sachzuwendung zukommen lassen. Bei der Gestaltung dieser Entlohnungsmethode ist ein vorhandener Betriebsrat nach § 87 Abs. 10 BetrVG zu beteiligen. Zudem ist es für die Unternehmen freiwillig möglich, die durch die Impfung unterbrochene Arbeitsleistung als bezahlte Arbeitszeit zu werten.
Findet die Impfung innerhalb der Arbeitszeit statt, auch ohne dass der Betriebsarzt tätig wird, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlte Freistellung nach § 616 BGB, sofern dieser Paragraph nicht individualvertraglich oder durch Tarifvertrag begrenzt oder ausgeschlossen wurde. Bei Impfungen in den Testzentren ist keine freie Terminwahl möglich, und es wird meist nur ein fester Termin angeboten. Solange nur wenig Impfstoff in den Arztpraxen vorhanden ist, können Beschäftigte auch nicht darauf verwiesen werden, in einer Arztpraxis einen Termin zu vereinbaren, auf den sie Einfluss nehmen können.
— Martin Bauer —
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ZUM AUTOR
Rechtsanwalt Martin Bauer, Leiter AGA-Geschäftsstelle Schleswig-Holstein, AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
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