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Der gefährliche Spagat der Notenbanken

Die Notenbanken Fed und EZB haben Anfang Mai 2023 die Zinsen erneut um jeweils 0,25 Basispunkte erhöht. Im Grundsatz müssten die Notenbanken fortan weitere Zinserhöhungen machen, um die Inflationsraten runterzubringen. Wenn sie den Bogen überspannen, besteht die Gefahr von Verwerfungen am Finanzmarkt und/oder einer Rezession. Die Anleger an den Weltbörsen scheinen wenig beindruckt zu sein und setzen wohl darauf, dass es im Sommer zu einer Zinserhöhungspause kommt. Die meisten Indices stiegen am Freitag, 5. Mai 2023, kräftig – der Dax sogar fast ein neues Jahreshoch von fast 16.000 Indexpunkten. Und auch die Börsen in Osteuropa konnten kräftig zulegen. Andreas Männicke wirft einen Blick auf das Börsengeschehen.

PublicDomainPictures / Pixabay.com

Die Notenbanken Fed und EZB haben Anfang Mai 2023 erwartungsgemäß die Zinsen erneut um jeweils 0,25 Basispunkte erhöht und zwar in den USA auf 5 Prozent und in Europa auf 3,75 Prozent. Die Inflationsraten sind immer noch jeweils zu hoch und gehen vor allem in Europa nur langsam zurück. In den USA sank die Inflationsrate im März um einen Prozentpunkt auf 5 Prozent, In der EU verharrte sie im März auf 8,3 Prozent. Dabei haben die zentralosteuropäischen Länder wesentlich höhere Inflationsraten als der EU-Durchschnitt mit Ungarn an der Spitze von 25 Prozent.

Pleite der First Republic Bank blieb zunächst ohne Folgen

Die Notenbanken versuchen weiterhin die immer noch viel zu hohen Inflationsraten durch Zinserhöhungen zu bändigen. Sie laufen dabei aber auch Gefahr, den Bogen zu überspannen und damit eine neue globale Finanz- und Bankenkrise 2.0 zu verursachen. In den letzten Wochen musste bereits die Pleite-Bank First Republic Bank mit Sitz in San Francisco durch JP Morgan Chase, New York, übernommen werden. Die US-Notenbank Fed pumpte weitere 90 Milliarden Dollar in den Markt, um einen Flächenbrand zu vermeiden. Dies ist nun schon die dritte Pleite einer mittelgroßen Bank in den USA nach der Silicon Valley Bank und der Signature Bank, die durch Schieflagen im Anleihensektor in der Kombination mit einem starken Einlagenabzug pleitegingen und übernommen wurden.

Zunächst wird der US-Einlagensicherungsfonds FDIC Treuhänderin der First Republic Bank. Im ersten Quartal 2023 wurden 100 Milliarden US-Dollar an Einlagen von der First Republic Bank aus Kalifornien abgezogen. Die Bank konzentrierte sich dabei auf vermögende Kunden. Daher verpuffte auch der Geldzufluss von 30 Milliarden US-Dollar durch die konzertierte Aktion der Großbanken. Bei der Übernahme ging es um Kredite in Höhe von 173 Milliarden Dollar, Wertpapiere in Höhe von 30 Milliarden Dollar sowie Einlagen in Höhe von 92 Milliarden Dollar.

Gehen die USA Pleite?

Damit ist die Gefahr aber noch nicht gebannt. Insgesamt belaufen sich die Schieflagen im Bankensektor in den USA auf 6 bis 7 Billionen US-Dollar und global auf 16 US-Dollar. Damit sitzt die Welt jetzt auf einem gewaltigen Pulverfass, das jederzeit explodieren kann. Zudem war der Schuldenberg der Staaten und Unternehmen noch nie so groß wie jetzt. Die Schuldengrenze muss in den USA bis zum 1. Juni 2023 angehoben werden, sonst darf der Staat keine Auszahlungen mehr machen. Er muss seine Beamten nach Hause schicken. Die Schuldengrenze von 31,8 Billionen US-Dollar wurde bereits erreicht, nun gibt es eine Gnadenfrist bis zum 1. Juni, wo der US-Kongress die Schuldengrenze anheben muss. Wenn sich die Republikaner querstellen, kommt es zum technischen, temporären Default. Dieses Spiel wiederholt sich in den USA jedes Jahr, führte noch nie zur Staatspleite, sorgt aber temporär für große Aufregung.

Kommt nun eine digitale Währung?

Demnächst sollen auch digitale Währungen eingeführt werden, womit die Kontrolle der Zentralbanken immer größer werden. Der erste Probelauf der Europäischen Zentralbank EZB soll schon im Herbst dieses Jahres erfolgen. Es ist mit unmittelbaren und mittelbaren Enteignungsprozessen vor allem im Immobilienbereich zu rechnen, wobei die Partei der Grünen in Deutschland Immobilien demnächst immer wertloser werden lässt durch eine überzogene Politik des Klimawandels.

Industriestandort Deutschland zunehmend in Gefahr

Der Industriestandort Deutschland gerät zunehmend in Gefahr, durch zu hohen Energiepreise an Wettbewerbskraft zu verlieren. Daran ändert auch nicht die vom Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Strompreisbremse. Es ist falsch, dabei alles auf den Ukrainekrieg abzuschieben. Die meisten Probleme sind hausgemacht. Viele Unternehmen werden daher demnächst in Ausland abwandern (müssen). Es gibt auch Bestrebungen der EU und EZB, Bargeld abzuschaffen oder zumindest sehr einzuschränken. Die Notenbanken haben selbst im letzten Jahr so viel Gold gekauft wie schon lange nicht mehr. Sowohl Gold als auch Kryptowährungen profitierten seit Jahresbeginn schon von den Unsicherheiten an den globalen Finanzmärkten.

Banken- und Finanzkrise 2.0 ante portas

Die enorme Lücke bei den Schieflagen im Anleihensektor taucht in den Bankbilanzen nicht auf, da die Anleihen zum Anschaffungskurs bilanziert werden können. Wenn nun aber viele Anleger auf den Gedanken kommen, großvolumig Geld abzuziehen, wird es eine große Banken- und Finanzkrise geben. Gefahr droht vor allem in Zukunft bei Gewerbeimmobilien in den USA, deren Preise im Falle einer Rezession dramatisch einbrechen werden. Das Volumen beträgt hier immerhin 3 Billionen US-Dollar bei Krediten für Gewerbeimmobilien, wobei hier weniger die 100 US-Großbanken, wohl aber die 3.000 kleinen und mittelgroßen Banken in den USA betroffen sein werden. Zudem muss im Sommer die Schuldengrenze in den USA erhöht werden. Von daher dürfte es sprichwörtlich einen heißen Sommer geben.

Weltbörsen weiter im Aufwärtstrend trotz steigender Zinsen

Die Weltbörsen reagierten Ende letzter Woche erstaunlich gelassen auf die Zinserhöhungen der Notenbanken, wie auch zuvor auf die Pleite der First Republic Bank in den USA. Viele Anleger gehen wohl davon aus, dass jetzt demnächst keine weiteren Zinserhöhungen der Fed mehr folgen werden. Der US-Arbeitsmarkt ist noch sehr robust und zeigt (noch) keine Schwächetendenzen. Die US-Arbeitslosenquote sank zuletzt auf ein historisches Tief von 3,4 Prozent (zuvor 3,5 Prozent), Dies könnte die Fed dazu veranlassen, einen weiteren Zinsschritt zu wagen, wobei dann aber die US-Leitzinsen über der US-Inflationsrate wäre, was sehr gefährlich ist.

Tech-Aktien bleiben gefragt

Schon jetzt kündigt die inverse Zinsstruktur eine Rezession in den USA in der zweiten Jahreshälfte an. Die Kreditvergabe könnte abgewürgt werden und eine Rezession der zweiten Jahreshälfte in den USA folgen. Der Aktienmarkt sieht das im Moment aber (noch) anders. So stieg der Dax seit Jahresbeginn bereits bis Ende letzter Woche um über 13 Prozent auf 15.961 Indexpunkte. In den USA bleiben vor allen Dingen die großen Tech-Aktien gefragt. Der Nasdaq-Composite-Index konnte immerhin um fast 18 Prozent auf 12.235 Indexpunkte ansteigen, während der Dow-Jones-Industrial-Index in etwa auf dem Niveau wie zu Jahresbeginn verharrte.

Outperformance-Chancen in Osteuropa: Börse Kiew plus 31 Prozent

In Osteuropa überzeugte vor allem die Prager Börse aus Tschechien mit einem Plus von 21 Prozent beim CTX-Index, aber auch die Börsen aus den Balkanländern und dem Baltikum, obwohl die Inflationsraten hier viel höher sind als in Westeuropa. Sogar der UTX-Index für Aktien aus der Ukraine stieg schon um 31 Prozent (!) auf 59,6 Indexpunkte. Die Marktkapitalisierung der 10 größten ukrainischen Werte beträgt nur 3 Milliarden Euro. Die Börse Kiew ist sehr klein und die Aktien sind sehr illiquide. Den größten Anteil am UTX-Index haben die Agraruntermehmen Astarta, Kernel, Industrial Milk Company und KSG Agro mit einem Anteil von über 80 Prozent am UTX-Index. Astarta und Kernel notieren auch an der Warschauer Börse, wobei Kernel jetzt aufgekauft werden soll.

Damit avancierte die Börse Kiew zu einen der Top-Performer unter den Weltbörsen, obwohl ein Ende des Kriegs noch nicht absehbar ist. Anleger setzen dort vorzeitig auf eine Beendigung des Krieges noch in diesem Jahr. Dabei wird von ukrainischer Seite jetzt eine Großoffensive erwartet. Es mangelt dafür aber an Munition und Soldaten, dies aber auch bei der gefürchteten Wagner-Gruppe aus Tschetschenien, die sich beim Kampf um Bachmut wohlmöglich deswegen zurückziehen will.

Auch Putin gerät nun zunehmend unter Zugzwang, nachdem er bis zum 9. Mai – dem Tag der Siegesfeier über die Nazis im Zweiten Weltkrieg – in der Ukraine keine großen militärischen Erfolge vorweisen kann. Es bleibt auch abzuwarten, ob die geplante Großoffensive der Ukraine in diesem Jahr von Erfolg gekrönt sein wird. Es bleibt zu hoffen, dass es eine Patt-Situation bleibt und man dann versucht, die Konflikte nicht auf dem Schlachtfeld, sondern diplomatisch zu lösen. Ein Zurückdrängen der Russen und wohlmöglich die Zurückeroberung der Krim kann zu einem dritten Weltkrieg führen. China könnte nun bei der Konfliktlösung eine große Rolle spielen.

Aktien aus Kasachstan

Eine gute Alternative zu Aktien aus Russland, die wegen der Sanktionen weiterhin im Westen nicht handelbar sind, sind jetzt Aktien aus Kasachstan, wo sich der Finanzsektor sehr positiv entwickelt. Die Banken Kasachstans wie die Fintech-Bank Kaspi.kz und die Halyk Savings Bank (HSB) scheinen im Falle einer Bankenkrise auch krisenresistenter zu sein.

Gute Chancen in Osteuropa in der Balkan-Region und im Baltikum

In Osteuropa sind sogar Bankaktien eine gute Alternative zu westlichen Bankaktien. Die Bank of Georgia erreichte kürzlich sogar ein neues Allzeithoch, korrigierte nun aber auch etwas. Sehr stabil ist auch die Balkan- und Baltikum-Region. Der Crox-Index für Aktien aus Kroatien stieg sogar um 15 Prozent und der CTX-Index für Aktien aus Tschechien um 21 Prozent seit Jahresbeginn. Beide Osteuropa-Indices konnten den Dax klar outperformen. 10 Börsen aus Osteuropa zählen schon wieder zu den 30 am besten performenden Börsenindices auf der Welt. Es wird weiterhin Outperformance-Chancen in Osteuropa geben, so dass sich auch weiterhin für deutsche Anleger ein Blick über den Tellerrand gen Osten lohnt.

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ZUM AUTOR

Andreas Männicke ist Journalist, Buchautor, Verleger, Börsen-Experte und Berater (mit Spezialisierung auf Osteuropa) – bekannt aus TV- und Radio-Sendungen wie N-TV, N24, DAF, Bloomberg, Deutsche Welle. Mehr Information: www.andreas-maennicke.de und www.eaststock.de

 

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