Prigoschin offenbart die Schwächen des russischen Militärs
Am 24. Juni 2023 kam es zu einem internen Machkampf und Konfrontation zwischen der gefürchteten Wagner-Gruppe unter der Leitung von Jewgeni Prigoschin und der russischen Militärführung. 5000 Söldner der Wagner-Gruppe machten sich am 24. Juni schwer bewaffnet auf den Weg nach Moskau, nachdem sie zuvor schon die militärisch bedeutsame Stadt Rostov ohne Gegenwehr des russischen Militärs eingenommen hatten. Der Auslöser für diese wahnwitzige Aktion war der angebliche Beschuss der Wagner-Gruppe in den Feldlagern durch das russische Militär, wo auch einige Söldner starben. Prigoschin wollte sich dafür rächen und wollte alles vernichten, was sich ihm in den Weg stellt. Schon zuvor kritisierte er ständig die russische Militärführung, dass sie zu wenig Luftunterstützung gebe und zu wenig Munition liefere. Angeblich sterben jeden Tag 1.000 russische Soldaten an der Front wegen „unterlassener Hilfeleistung“. Gerichtet war die Kritik zunächst nur an den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu, der seit 2014 im Amt ist und sich im Syrienkrieg für Putin verdient gemacht hat.
Prigoschin hat aufgezeigt, wie verwundbar das russische System ist und auch welche Schwächen die Militärführung hat. Dies dürfte Russlands Präsident Wladimir Putin noch lange zu denken geben. Die Ukraine vermeldete indessen Geländegewinne an dem Tag, an dem Russland mit sich selbst beschäftigt war. Dennoch geht der Ukraine-Krieg mit unverminderter Härte weiter und damit auch das unnötige Sterben von Soldaten auf beiden Seiten.
Russische Militärführung wurde von Prigoschin scharf kritisiert
Prigoschins Kritik richtet sich auch an den Generalstabschef Waleri Gerassimow, der seit Januar 2023 das Amt von dem damaligen Kommandeur der russischen Streitkräfte Sergej Surowikin übernommen hatte. Surowikin wand sich mit einer Videobotschaft direkt an Prigoschin, dass er seinen Feldzug „der Gerechtigkeit“ sofort beenden und sich Putins Anordnungen unterordnen solle. Seine Aktion spiele nur dem eigentlichen Gegner in die Hände, den sie gemeinsam Seite an Seite bekämpfen müssen. Auch wenn der Konflikt nun unblutig endete, dürfte dies für Putin und die militärische Führung noch Folgen haben.
Machtkampf abgeblasen – und nun?
Der Ukraine-Krieg verläuft wegen des starken Widerstands der Ukraine und der westlichen Allianz offensichtlich für Russland nicht nach Plan und dauert nun viel länger als anfangs gedacht. Je länger er aber andauert, desto schwieriger wird es für Putin, die Fäden in der Hand zu behalten. Offensichtlich wollten einige Militärverbände sich der Wagner-Gruppe anschließen, was zu einem Machtwechsel hätte führen können. In Zukunft könnte dies nun zu noch mehre Repressionen in Russland führen, denn fast wäre der Krieg auch in Moskau angekommen. Putin genießt immer noch eine breite Unterstützung im Land, aber so einen Kämpfer wie Prigoschin hätte ihm das Leben schwer machen können.
Wagner-Gruppe muss sich neu formieren
Ein Blutbad wurde vermieden, weil der belarusische Präsident Alexander Lukaschenko einen Tag lang mit Prigoschin verhandelte und ihn zum Rückzug überredete. Prigoschin und seine Söldner bekamen Sicherheitsgarantien und Straffreiheit, wobei Putin sich nun schon Sorgen machen muss, wie es an der Front weitergeht. Prigoschin selbst darf nach Weißrussland (Belarus) ausreisen. Man darf sich fragen, was Lukaschenko sich dabei gedacht hat und inwiefern Prigoschin nun für Lukaschenko in Zukunft nützlich sein könnte, um einen gewisse „Drecksarbeit“ zu verrichten. Die Wagner-Gruppe sollte ab dem 1. Juli auch formell durch Verträge unter die Leitung des russischen Verteidigungsministeriums, was Prigoschin bisher ablehnte. Nun werden wohlmöglich zumindest Teile der Wagner-Gruppe in das russische Militär formell integriert.
Ukraine vermeldete erstmals Landgewinne an der Front
Die Kämpfer an der Front gehen indessen mit unverminderter Härte weiter. Die Ukraine konnte erste Landgewinne vermelden und nutzte damit die Gunst der Stunde. Entschieden ist hier aber noch nichts und der sinnlose Krieg dürfte noch lange weiter andauern. Der Friedensplan der Chinesen und einiger afrikanischer Länder, die vor kurzem beim Putin waren, findet im Westen kein Gehör. Der Krieg soll nach der Meinung der meisten westlichen Politiker auf dem Schlachtfeld gewonnen werden. Immer mehr Waffen wie demnächst auch uranhaltige Panzer-Munition, Mittelstreckenraketen und Kampfjets provozieren aber fast zwangsläufig nur noch mehr Tote und weitere Eskalationsstufen, die sogar am Ende in einen dritten Weltkrieg münden könnten. Dieser Verantwortung scheinen sich einige westliche Politiker nicht bewusst zu sein.
Warschauer Börse als Top-Performer
Die Börsen konnten auf die dramatischen Ereignisse in Russland bisher nicht reagieren, weil Wochenende war. Sie werden diesbezüglich auch nicht regieren, da sich Prigoschin mit seiner Wagner-Gruppe schon wieder zurückgezogen hat. Die Börsen werden erst dann positiv reagieren, wenn sich ein Kriegsende abzeichnet, was noch nicht der Fall ist.
Nach dem sehr guten ersten Halbjahr ist jetzt ohnehin wegen der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken und schwachen Konjunktur mit Korrekturen in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Besonders positiv entwickelten sich bisher die Börsen aus Osteuropa. 10 Börsen aus Osteuropa zählen schon wieder zu den 30 am besten performenden Börsen der Welt, an der Spitze die Warschauer Börse mit einem Plus von über 20 Prozent beim PTX-Index während der deutsche Dax „nur“ ein Plus von 12 Prozent erreichen konnte. Vor allem Video-Spielhersteller wie CI-Games und CD-Projekt machen jetzt Furore mit neuen Angeboten. Und auch die Aktien aus Kroatien konnten seit Jahresbeginn schon um 20 Prozent zulegen.
Neue Chancen in Kasachstan mit Polymetal
Gute Chancen tun sich derzeit in Kasachstan auf, die den Ukraine-Krieg nicht befürworten und nun auch Öl nach Deutschland liefern. Ein besonderes „Schnäppchen“ ist der russische Gold- und Silberproduzent Polymetal, der zuvor wegen der Sanktionen an der Londoner Börse nur für einige wenige Broker bedingt handelbar war. Das Unternehmen wechselte jetzt aber von der Londoner Börse zur AIX in Kasachstan, wo deutsche Anleger die Aktie jetzt auch zu Tiefstkursen kaufen können. Ausgehend von den ehemaligen Höchstkursen vor dem Krieg ergeben sich langfristig sogar Tenbagger-Chancen, also das Potenzial von 1.000 Prozent, mittelfristig zumindest von 100 Prozent.
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ZUM AUTOR
Andreas Männicke ist Journalist, Buchautor, Verleger, Börsen-Experte und Berater (mit Spezialisierung auf Osteuropa) – bekannt aus TV- und Radio-Sendungen wie N-TV, N24, DAF, Bloomberg, Deutsche Welle. Mehr Information: www.andreas-maennicke.de und www.eaststock.de
Bildquellen
- Moskau: comrade_petruha / Pixabay.com