So lautete eine politisch und biologisch nicht korrekte Aussage der wissenschaftlichen Tagung „Textwelten und Tierwelten“ an der Universität zu Bologna, an der ich im Oktober teilnahm. Dieser Satz geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Ist vor dem Hintergrund, dass Tiere in der Regel benachteiligt, Opfer von Aggression, unterrepräsentiert, ausgebeutet oder verhätschelt werden, da vielleicht etwas Wahres dran? Die gute Botschaft: Die Emanzipation der Tiere zeigt erste Erfolge. Es gibt Gottesdienste für Tiere, eine Hundenanny kann man steuerlich absetzen und in der Schweiz springt die Krankenkasse ein, wenn man seinen kranken Hund pflegen muss. Aber soll das nur für Wirbeltiere gelten? Ich erinnere mich an einen Vorfall vor vielen Jahren.
Ein Optiker in meinem Viertel, ein junger Mann mit viel Sachverstand, konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben, weil sein Kanarienvogel gestorben war und damals offenbar noch niemand das rechte Verständnis für seine Trauerarbeit aufbrachte.
Aber bei den Tieren müssen wir, ganz anders als bei Frauen natürlich, strengere Grenzen ziehen. Die Kanadagänse in Düsseldorf gehören z. B. ohne Federlesens als Martinsgänse auf den Tisch. Warum nicht mal den Anhängern der Steinzeitküche die Gelegenheit geben, unter Anleitung von fachkundigen Jägern ihre Fleischration selbst zu erlegen? Und anschließend daraus ein richtiges Kö-Event veranstalten, eine Gänse-Gourmet-Meile mit vielen schönen weißen Zelten direkt vor Breuninger und vis-à-vis der Eislaufbahn.
Warum wir das dürfen?
Nil- und Kanadagänse sind, wie der Name schon sagt, gar nicht von hier. Sie sind so genannte Neozoen. Sie besetzen Weiher und Seen und vertreiben, verletzen und töten die einheimischen Stockenten, Haubentaucher und Teichhühner. Für die hat sich bislang keine Tierschutzorganisation so richtig stark gemacht hat. Und sie erfüllen nicht das Kriterium, dass sie uns nutzen, wie z. B. die Wasserbüffel in Bayern, die sich auf feuchten Wiesen suhlen und damit der heimischen Gelbbauchunke ihren natürlichen Lebensraum wiedergeben. Auch Strauße, Yaks und Bisons leben in Bayern, weil ihr Fleisch so mager und so lecker ist.
Tiere soll man also liebhaben oder essen können und – ganz wichtig: sie dürfen uns Menschen nichts tun. Deshalb bin ich z. B. überhaupt keine Freundin von Schwänen. Ich gehöre nämlich zu einer sehr schützenswerten Randgruppe von Kanuten, die unbewaffnet durch Flusslandschaften paddeln und dabei von Schwanenvätern hinterrücks im Tiefflug angegriffen werden.
Jeder Marder muss für seinen Kabelverzehr büßen, jeder Maulwurf für seinen Hügel. Jede Wildsau, jeder Wolf, jeder Bär, der uns zu nah kommt, wird erschossen. Aber kenternde Paddler, die mit Köpfen auf Steine schlagen, haben offenbar eine ähnliche Lobby wie Stockenten, Haubentaucher und Teichhühner.
Das Zusammenleben mit anderen Spezies wird voraussichtlich auch weiterhin nicht ohne tierische Verluste vonstattengehen. Da hilft auch keine noch so enge Beziehung zum eigenen Haustier.
Susan Tuchel