No-Deal-Brexit oder Ausstieg vom Brexit? Die Anleger nehmen Großbritanniens Brexit-Dilemma noch sehr gelassen. Die Aktienmärkte stiegen trotz politischer und wirtschaftlicher Risiken in der Welt auf neue Jahreshöchststände. Am besten schnitt in diesem Jahr erneut die Moskauer Börse ab mit einem Plus von 18 Prozent in Euro. Das britische Pfund konnte wiedererstarken. Kryptowährungen haben sich stark erholt. Gold tendiert nur seitwärts.
Das Vereinigte Königreich konnte sich bis zum 31. März nicht entscheiden, was es eigentlich will. Großbritanniens Premierministerin Theresa May muss eine Niederlage nach der anderen hinnehmen. Viele Briten glauben an ihren baldigen Rücktritt, der die Brexit-Frage aber nicht klären würde. May kämpfte bis zum Schluss, konnte jedoch auch bei der letzten Abstimmung am 31. März keine Mehrheit auf sich vereinigen. Die nächste Abstimmung folgt nun am 10. April, wobei bisher keine Lösung in Sicht ist.
Die Europäische Union hat eine Verlängerung des EU-Austrittsdatums zunächst bis 12. April genehmigt. Am 10. April tritt noch einmal ein EU-Sondergipfel zusammen, um den wahrscheinlichen Antrag von Großbritanniens Premierministerin Theresa May auf eine deutliche Verlängerung des EU-Beitritts zu besprechen. Einige EU-Politiker bereiten sich schon auf einen „harten Brexit“, also einen Brexit ohne Deal mit der EU vor.
Wahrscheinlich wird May dann die zweite Verlängerung des EU-Austrittsdatums beantragen. Zwei Varianten sind denkbar: erstens die Verlängerung des EU-Austrittsdatums bis 30. Juni und zweitens die Verschiebung des EU-Austritts um ein oder zwei Jahre, um dann den EU-Austritt so zu vorzubereiten, dass Großbritannien zumindest in der EU-Zollunion bleiben kann. In beiden Fällen müsste Großbritannien dann bei der Europa-Wahl im Mai mitmachen – was eine Farce ist, da es noch gar keine Kandidaten Großbritanniens für die Europa-Wahl gibt.
Theoretisch möglich, aber wenig wahrscheinlich ist auch immer noch der Exit vom Brexit durch ein neues Referendum. Immerhin gibt es eine Petition mit mehr als 5 Millionen Unterschriften, die ein neues Referendum verlangen nach dem Motto: „Denn sie wussten nicht, was sie tun …“. Die EU will einer Verlängerung bis zum 22. Mai 2019 oder später nur zustimmen, wenn es für ein Abkommen im britischen Parlament eine tragfähige Mehrheit gibt. Danach sieht es bis jetzt aber nicht aus.
Das Unterhaus debattiert derzeit täglich, um Alternativen zu erarbeiten. Die Lager in Großbritannien sind nach wie vor gespalten und die Demonstration vor dem Parlament halten an bei beiden Lagern. Wenn früher oder später nicht eine Einigung gelingt, könnte es doch zu einem harten Brexit kommen, also einem Ausstieg ohne einen Deal mit der EU. Das will im Grunde niemand, auch die EU nicht. Der EU fehlen durch den Austritt Großbritannien 3 Milliarden Euro in der EU-Kasse. Nun will Deutschland hier für einen Ausgleich sorgen.
Mutige Anleger setzten jetzt auf das britische Pfund, da sie nicht an einen „harten“ Brexit glauben. Der Euro fiel zum britischen Pfund seit Jahresbeginn bereits von 0,91 auf unter 0,86 EUR/GBP, wo das Pfund jetzt seitwärts tendiert.
Anleger setzte auf eine baldige Einigung bei US-Handelsstreit mit China
Der US-Handelskonflikt mit China ist ebenfalls noch nicht endgültig geklärt. Zu 90 Prozent sollen jetzt gegenseitige Vereinbarungen abgeklärt sein, somit fehlen noch 10 Prozent. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Auch ist noch nicht geklärt, wie US-Präsident Donald Trump hernach mit der Importsteuer für europäische Autos verfahren will.
Einige Skeptiker warnen vor einem China-Crash, falls sich der US-Handelskrieg fortsetzten sollte. In diesem Fall wäre dann auch Deutschland sehr negativ betroffen, da der Export nach China einbräche. Deutschland könnte dann sogar in eine Rezession kommen. Bis jetzt wird aber noch ein Wachstum des Bruttosozialprodukts von 0,8 Prozent in Deutschland und 6 Prozent in China erwartet. China versucht gerade mit einem Steuersenkungsprogramm im Volumen von 300 Milliarden US-Dollar die lahmende Konjunktur zu verbessern.
Aktienmärkte haussieren trotz hoher politscher und wirtschaftlicher Risiken
Obwohl viele bedeutsame politische Fragen noch nicht geklärt sind und auch die Wachstumsprognosen überall nach unten revidiert wurden, stiegen die Aktienmärkte auf neue Jahreshöchstkurse und zwar der deutsche Aktienleitindex Dax auf 12.000 Indexpunkte, der Eurostoxx auf fast 3.500 Indexpunkte und der Dow-Jones-Index (DJI) auf über 26.400 Indexpunkte. Damit liegen der Dax und DJI Index über 13 Prozent und der EuroStoxx sogar über 14 Prozent. Der Nikkei225-Index aus Japan ist immerhin noch mit 8 Prozent im Plus. Der Euro stabilisierte zum US-Dollar bei 1,12 EUR/USD.
Bestes Quartal an den Aktienmärkten seit 32 Jahren – und nun?
Die Aktienmärkte erlebten bis Ende März sogar den höchsten Kursanstieg im ersten Quartal eines Jahres seit 32 Jahren. Das vierte Quartal 2018 war wiederum eines der schlechtesten Quartale im historischen Vergleich, zumindest bis Weihnachten 2018. Gold und Silber kamen hingegen wieder einmal nicht von der Stelle, weil auch hier bisher die Ängste über einen „harten Brexit“ oder ein Scheitern der US-Verhandlungen im Handelsstreit mit China abgenommen hatten. Gold verharrte dabei bei etwas unter 1.300 USD/Unze und Silber bei etwas über 15 USD/Unze. Damit tendiert Gold und Silber in diesem Jahr nur seitwärts. Innerhalb eines Jahres ist der Goldpreis damit noch mit 3,3 Prozent im Minus.
Der Bitcoin stieg hingegen in den letzten drei Monaten schon um 35 Prozent auf nunmehr fast 4.500 BTC/EUR. Ende März war er nur noch bei 3750 BC/EUR. Auch andere Kryptowährungen wie der Ripple oder Ethereum konnten sich seit Ende März kräftig erholen.
Attraktive Anlageralternativen
Wer aber glaubt, dass die Aktienkurse bald schon wieder ihren Zenit erreicht haben, dem bietet sich mit dem neuem „AMC“ Long/Short-Zertifikat aus der Schweiz eine gute Möglichkeit der Diversifikation. Bei dem Zertifikat werden an elf ausgewählten Aktienmärkten und 23 Rohstoffmärkten über die Terminmärkte Long- und Short-Postionen eingegangen. Die Rendite auf dem Papier betrug in der Simulation in diesem Jahr betrug 17 Prozent. Ab dem 8. April wird mit realem Geld gehandelt.
Eine weitere gute Möglichkeit der Diversifikation mit guten Potenzialen ist die vorbörsliche Beteiligung an einem Schweizer Pharmaunternehmen im Rahmen eines Pre-IPOs (IPO für Initial Public Offering), das ein sehr wirksames Medikament gegen Entzündungen entwickelt hat und im nächsten Jahr an die New Yorker Börse gehen will. Hier besteht sogar eine Verdoppelungschance.
Ein Kurseinbruch um 14 Prozent musste am 4. April die kleine kanadische Ölgesellschaft Saturn Oil & Gas auf 0,76 Euro in Deutschland bzw. 0,12 kanadische Dollar in Kanada (CAD) hinnehmen, obwohl der maßgebliche WTI-Ölpreis (West Texas Intermediate in diesem Jahr schon um 37 Prozent auf 63 USD/Barrel angestiegen ist und die Gesellschaft wahrscheinlich demnächst Rekordzahlen bei der Ölproduktion melden wird. Das Hoch lag bei der Aktie schon bei 0,3 CAD im September 2018. Seit der Kapitalerhöhung zu 0,24 CAD im Oktober 2018 ging es mit der Aktie nur noch abwärts und der Aktienkurs halbierte sich sogar hernach. Das erste Quartal 2019 dürfte daher vom Ergebnis her diesmal sehr positiv ausfallen, das erst im Mai 2019 gemeldete vierte Quartal 2018 aber sehr schlecht.
Die effektiven Finanzahlen werden immer erst sehr spät gemeldet. Damit ist die Aktie jetzt wieder auf dem Niveau der ersten Kapitalerhöhung, was für risikoorientierte Anleger eine gute Einstiegschance bzw. (Nach-)Kaufgelegenheit ist. Es ist zu vermuten, dass sich ein Großanleger am 4. April von der Ölgesellschaft aus internen Gründen verabschiedet hat. Der CEO John Jeffrey befindet sich auf Road Show und hat auch auf der Messe „Invest“ am 5. April in Stuttgart im Rahmen der „Rohstoffnacht“ sein Unternehmen präsentiert. Es bleibt abzuwarten, ob er dadurch neue Investoren und mehr Vertrauen für sich gewinnen konnte. Bis Ende 2019 soll die durchschnittliche Ölproduktion von 1.000 auf 2.000 Barrel verdoppelt werden. Bei dieser Aktie braucht der Anleger viel Geduld und gute Nerven.
Russischer Aktienmarkt bleibt top
Sehr viel besser lief es aber bei den russischen Öl-Gesellschaften. So erreichte Lukoil sogar ein neues Allzeithoch von 90 US-Dollar in London bzw. von 80 Euro an der Frankfurter Börse. Der RTS-Index für russische Aktien konnte in den letzten drei Monaten zwar „nur“ um 9 Prozent in US-Dollar zulegen, der RDX-Index, ein Kunstprodukt der Wiener Börse für den russischen Aktienmarkt, stieg in Euro aber um 16,5 Prozent auf über 1.500 Indexpunkte und der RTX-Index sogar um 17,4 Prozent, womit die Moskauer Börse schon wieder zu den Top-Performern unter den Weltbörsen zählt.
Rubel einer der stärksten Währungen der Welt 2019
Einer der stärksten Währungen der Welt ist in diesem Jahr ist – man höre und staune – der russische Rubel. Der Euro gab in diesem Jahr zum Rubel schon von 79 auf 63 EUR/RUB nach. Dies liegt an der geringen Verschuldung und den hohen Handels- und Haushaltsbilanzüberschüssen Russlands, was wiederum eine direkte Folge des stark gestiegenen Ölpreises ist. Falls die USA aber neue Sanktionen gegen Russland beschließen, dürfte sich der Rubel wieder schnell abschwächen.
Die möglichen US-Sanktionen, die ohnehin nichts bewirken, sind für Anleger eine unkalkulierbare Größe. Der „kalte Krieg“ zwischen den USA und Russland geht in die nächste Runde und wird möglicherweise demnächst in einem weiteren Stellvertreterkrieg in Venezuela ausgetragen, wo sich schon russische und chinesische Soldaten zum Schutz des amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro versammelt haben.
„Kalter Krieg“ zwischen USA und Russland machen weiterhin Sorgen
Der „kalte Krieg“ zwischen den USA und Russland ist nicht zu unterschätzen und könnte sogar den Weltfrieden gefährden, wenn eine der beiden Parteien einen militärisch großen Fehler macht. Der beidseitige Ausstieg aus dem Atomabrüstungsvertrag lässt nichts Gutes befürchten. Die Nato will jetzt gewaltig aufrüsten, was den Frieden auf der Welt nicht unbedingt sicherer macht und Deutschland macht dort als „Speerspitze“ mit. Hier wäre eine neue Entspannungspolitik dringlicher denn je. Immerhin eröffnete Daimler eine neue Produktionsstätte mit einem Investitionsvolumen von 250 Millionen Euro in Russland im Beisein des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Deutschlands Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Daimler-Chef Dieter Zetsche. Das lässt hoffen, dass die Vernunft obsiegt. Wandel durch Handel ist besser als Stagnation durch Konfrontation!
Deutsches Agrarunternehmen in Russland mit hohen Anleihenrenditen
Ein Vorbild zur deutsch-russischen Kooperation und Verständigung ist der Chef des deutschen Agrarunternehmens Ekosem Agar GmbH Stephan Dürr, der als deutscher Staatsbürger der größte Milchbauer in Russland mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von über 500.000 Hektar geworden ist. Er bekam beim Deutsch-Russischen Forum am 18. März verdientermaßen den Dr.-Friedrich-Joseph-Haass-Preis für sein Engagement in der deutsch-russischen Zusammenarbeit im Agrarbereich verliehen. Die an deutschen Börsen gehandelten Anleihen der Ekosem Agrar haben immerhin eine Rendite von fast 9 Prozent und eignen sich auch zur Depotbeimischung, denn operativ geht es mit dem Agrarunternehmen in Russland gut voran.
Überraschender Wahlsieg eines Außenseiters bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine
Bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, wo es auch eine Art Stellvertreterkrieg USA gegen Russland gibt, erhielt der Schauspieler Wladimir Selensky die meisten Stimmen, mit 30 Prozent klar vor der politischen Elite. Nun kommt es zu einer Stichwahl mit dem noch amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko, wobei Selensky die besseren Chancen eingeräumt werden, obwohl er politisch keine Erfahrungen hat. Im Gegensatz zu Poroschenko will Selensky das Verhältnis zu Russland verbessern und ohne neuen Krieg zu einer Lösung in der Ostukraine kommen. Dies scheint die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung auch zu wollen. Zudem will er die Korruption effektiver bekämpfen, was Poroschenko bisher nicht gelang.
Andreas Männicke