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Alarmierend: Zahl der Pflegebedürftigen erheblich unterschätzt

In Hamburg droht in den kommenden Jahren ein größerer Pflegenotstand als bisher angenommen. Bis 2030 wird es in der Hansestadt etwa 21.000 mehr Pflegebedürftige geben als bislang vorhergesagt. Das geht aus dem Pflegereport 2022 der Barmer Krankenkasse hervor.

Laut Barmer-Pflegereport 2022 werden in Hamburg bis zum Jahr 2030 weit mehr Pflegekräfte benötigt als bisher prognostiziert. Foto: ake1150/stock.adobe.com

Nach den Ergebnissen der Studienautoren, Wissenschaftler der Universität Bremen, werden in acht Jahren 112.000 Menschen in Hamburg auf Pflege angewiesen sein. Bereits in fünf Jahren werden 4.000 Pflegekräfte mehr benötigt als derzeit. Das sind 1.000 mehr als bislang angenommen. „Die Situation in der Pflege wird sich weiter verschärfen. Bereits heute fehlen Pflegekräfte. Es müssen rasch die Weichen für eine verlässliche und hochwertige Pflege gestellt werden“, fordert Dr. Susanne Klein, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Hamburg, anlässlich der Vorstellung des Pflegereports am 18. März 2022. Der Grund für die unterschiedlichen Prognosen: Bisherige Vorausberechnungen der Zahl der Pflegebedürftigen und des benötigten Pflegepersonals hätten ausschließlich demografie-abhängige Effekte berücksichtigt. Für die die aktuellen Auswertungen seien darüber hinaus Effekte der Pflegereformen hinzugezogen worden. Dadurch steige die Zahl der Anspruchsberechtigten und des benötigten Pflegepersonals zusätzlich, heißt es.

Gezielt für die Ausbildung in der Pflege werben

Den Reportergebnissen zufolge benötigt Hamburg bis zum Jahr 2030 zusätzlich etwa 1.000 Pflegefachkräfte, 1.000 Pflegehilfskräfte mit Ausbildung sowie 2.000 Pflegehilfskräfte ohne Ausbildung. Aus Sicht der Barmer muss deshalb der bereits bestehende Arbeitskräftemangel in der Pflege weiter entschlossen bekämpft werden. Im Fokus stehe dabei insbesondere die Ausbildung. Mit der seit 2020 einheitlichen Pflegeausbildung und dem Wegfall des Schulgelds seien bereits wichtige erste Schritte getan. „Es muss weiter gezielt für die Ausbildung in der Pflege geworben werden. Mehr Menschen für eine pflegende Tätigkeit zu begeistern, muss ein zentrales Anliegen werden“, so Klein. Eine angemessene Bezahlung sei nur ein Schritt. Ebenso wichtig seien bessere Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern.

Pflegende Angehörige und deren Belange mitdenken

Entsprechend der laut Barmer-Pflegereport steigenden Zahl an Pflegebedürftigen wird auch die Zahl der pflegenden Angehörigen anwachsen. Schätzungen zufolge werde etwa die Hälfte der pflegebedürftigen Menschen im häuslichen Umfeld und ohne Beteiligung zugelassener Pflegedienste versorgt. In Hamburg seien das aktuell etwa 39.000 Pflegebedürftige. „Mehr als 40 Prozent der pflegenden Angehörigen sind im erwerbsfähigen Alter. Diese Menschen sind ein unverzichtbarer Pfeiler des Pflegesystems. Sie müssen frühzeitig unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden. Unter dem Aspekt des allgemeinen Fachkräftemangels ist die Gesundheit pflegender Angehöriger auch in der Arbeitswelt ein wichtiges Thema“, appelliert Klein.

Finanzielle Überforderung Pflegebedürftiger vermeiden

„Entscheidend ist auch, dass Pflege qualitativ hochwertig und gleichzeitig bezahlbar bleibt“, so Klein weiter. Ein wichtiger Baustein dabei sei, dass die Stadt Hamburg ihrer gesetzlichen Pflicht nachkomme, die Investitionskosten zu übernehmen. Bereits dadurch würde eine Entlastung bei den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen erreicht. „Bislang stellen die Pflegeheime die Investitionskosten in der Regel Bewohnerinnen und Bewohnern in Rechnung. Das führt häufig zur finanziellen Überforderung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen“, erklärt Klein. Das wiederum belaste die öffentlichen Kassen zusätzlich, aus denen dann Sozialhilfe fließen müsse.

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Pflegekosten: Zuschüsse erhöhen sich 2022

Die Pflegeversicherung zahlt ab 1. Januar 2022 einen jährlich steigenden Zuschuss zum Eigenanteil für die Unterbringung im Pflegeheim (stationäre Pflege) und entlastet damit Betroffene. Im ersten Jahr übernimmt die Pflegekasse 5 Prozent des Eigenanteils. Im zweiten Jahr steigt der Zuschuss auf 25 Prozent, im dritten Jahr auf 45 Prozent und in den nachfolgenden Jahren 70 Prozent. Für die Kurzzeitpflege wird der Leistungsbetrag mit zehn Prozent mehr bezuschusst. In Summe sind es nun 1.774 Euro. Neue Regelung: Ein pflegebedürftiger Mensch, der im Krankenhaus liegt, hat seit diesem Jahr einen Anspruch auf  Übergangspflege im Krankenhaus, wenn die Versorgung nicht anders sichergestellt werden kann. Das gilt für einen Zeitraum von bis zehn Tagen.

In der ambulanten Pflege (Versorgung in der Häuslichkeit bzw. durch einen Pflegedienst) steigt der Zuschuss für die Pflegesachleistung – ab Pflegegrad 2 – ab 1. Januar 2022 um 5 Prozent. So gibt es für den Pflegegrad 2 nunmehr 724 Euro (vorher 689 Euro), der Leistungsbetrag für den Pflegegrad 3 steigt auf 1.363 Euro (vorher 1.298 Euro), für den Pflegegrad 4 sind es 1.693 Euro (bisher 1.612 Euro) und für den Pflegegrad 5 erhöht sich der Betrag auf 2.095 Euro (vorher 1.995 Euro).

Lesen Sie den gesamten Artikel: Das ändert sich 2022 – Teil 2

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  • Pflege: ake1150 / stock.adobe.com
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