Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert, kann darin eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben liegen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst entschieden. In dem entschiedenen Fall, beschäftigte die klagende Arbeitgeberin den beklagten Arbeitnehmer seit 2009 als Speditionskaufmann in ihrer Niederlassung in Leipzig. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung, die vorsah, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängert. Außerdem sah sie eine Erhöhung des monatlichen Bruttogehalts von 1.400 Euro auf 2.400 Euro vor. Das Entgelt sollte im Übrigen bis zum 30. Mai 2015 nicht weiter erhöht werden und bei späteren Neufestsetzungen wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben. Nachdem ein Kollege des Beklagten festgestellt hatte, dass auf den Computern der Niederlassung im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm „PC Agent“ installiert war, kündigte der Beklagte am 24. Dezember 2014 das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2015.
Verlängerung der Kündigungsfrist sollte niemals einseitig erfolgen
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei. Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, sei nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Grundrechtes auf Berufsfreiheit zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstelle.
Eine unangemessene Benachteiligung wird dann angenommen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Um eine unangemessene Benachteiligung handelt es sich nicht nur dann, wenn der Arbeitnehmer einer Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung zustimmt. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer auch dann unangemessen, wenn die Verlängerung der Kündigungsfrist nicht angemessen kompensiert wird.
Bundesarbeitsgericht lässt Höchstdauer der Kündigungsfrist offen
Durch die gesetzlich normierte Grundkündigungsfrist soll der Arbeitnehmer vor einem plötzlichen Arbeitsplatzverlust geschützt werden. Die gesetzlich verlängerten Kündigungsfristen bei zunehmender Betriebszugehörigkeit sollen den Bestandsschutz nur zugunsten von Arbeitnehmern erhöhen. Für Arbeitgeber führen die längeren gestaffelten Kündigungsfristen zu zusätzlichen Belastungen, die nach Auffassung des Gesetzgebers angesichts der vom Arbeitnehmer gezeigten Betriebstreue hinzunehmen sind. Der Gesetzgeber hält eine Frist von vier Wochen für die Personalplanung des Arbeitgebers für ausreichend. Zugleich lässt er eine beiderseitige Verlängerung der Kündigungsfrist zu. Das Bundesarbeitsgericht hat ausdrücklich die Höchstdauer der Kündigungsfrist offengelassen.
– Rechtsanwältin Michaela Hofbauer —
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Rechtsanwältin Michaela Hofbauer
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