Ob mit oder ohne Abkommen: Die Hansestadt Hamburg ist nach Informationen der Senatskanzlei gut gerüstet, wenn Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union vollzieht. Auch für die britischen Einwohner der Stadt soll es Regelungen geben.
Die Ablehnung des Austrittsvertrags durch das britische Unterhaus Mitte Januar habe daher zunächst keine weiteren Auswirkungen auf die Vorbereitungen eines Brexits in Hamburg, so die Senatskanzlei in einer Mitteilung vom 16. Januar 2019.
Gerade aus Hamburger Sicht sei die Ablehnung des Austrittsvertrags „äußerst bedauerlich“, so Staatsrätin Dr. Annette Tabbara, Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, bei der Europäischen Union und für auswärtige Angelegenheiten. „Der Senat ist aber gut vorbereitet, und zwar auch auf einen ‚No Deal‘-Brexit. Seit dem letzten Sommer laufen die Vorbereitungen. Neben den notwendigen gesetzlichen Anpassungen haben wir unser Augenmerk vor allem darauf gelegt, wie wir die Risiken für die Bürgerinnen und Bürger, die Hamburger Wirtschaft sowie die Hochschulen und Forschungseinrichtungen minimieren können.“
Angesichts der traditionell engen wirtschaftlichen Verbindungen Hamburgs zum Vereinigten Königreich sei es besonders wichtig, den künftigen Warenverkehr mit Großbritannien möglichst reibungslos zu gestalten, heißt es in der Mitteilung.
Hafen und Zoll vorbereitet – Schulungen seit Monaten
Staatsrat Dr. Torsten Sevecke betont: „Der Hamburger Hafen und unsere Zoll- und Einfuhrkontrollen sind gut vorbereitet, und zwar auch für den Fall, dass es aufgrund von Überlastungen an den Fährhäfen des Ärmelkanals, in Antwerpen oder Rotterdam zu Ausweichbewegungen nach Hamburg kommt. In Hamburg gab es für alle Beteiligten seit Monaten umfängliche Schulungsangebote zur Vorbereitung auf verschiedene Brexit-Szenarien.“
Ebenso sind die Veterinärämter auf einen höheren Beratungsbedarf und Kontrollaufwand eingestellt, die durch einen möglichen No-Deal-Brexit im Hafen entstehen würden.
Seit 2016 mehr als 800 Briten eingebürgert
Ein Brexit hat auch auf die im Ausland lebenden Briten Auswirkungen. Staatsrat Bernd Krösser erklärt dazu: „Wir wollen, dass alle britischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in Hamburg ihre Heimat sehen, auch hier bleiben können. Ich würde mich freuen, wenn möglichst viele Hamburgerinnen und Hamburger mit britischen Wurzeln sich einbürgern lassen.“
Das Interesse ist groß: Bereits im Anschluss an die erste Einbürgerungskampagne haben noch einmal rund 1.300 britische Staatsangehörige zuletzt ein persönliches Anschreiben des Ersten Bürgermeisters erhalten, in dem sie über die Möglichkeiten einer Einbürgerung informiert wurden. Seit dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 haben sich inzwischen mehr als 800 Briten einbürgern lassen. Auch für die kommenden Monate ist mit einer weiterhin hohen Nachfrage zu rechnen. Die Hamburger Ausländerbehörde ist auf ein hohes Beratungsaufkommen vorbereitet und bietet britischen Staatsangehörigen entsprechende Termine an.
Zudem hat der Hamburger Senat ein Brexit-Übergangsgesetz geplant, das zum 30. März in Kraft treten würde, falls es ein Austrittsabkommen geben sollte. Darin wird geregelt, dass Briten in Hamburg bis Ende 2020 so behandelt werden, als seien sie Bürger der EU. Sie wären lediglich nicht mehr wahlberechtigt bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und den Bezirksversammlungen.
Hamburger Wirtschaft erwartet erhebliche Belastungen
Ein harter Brexit sei für die Wirtschaft „das schlechteste aller denkbaren Szenarien“ und werde zu „erheblichen Belastungen für den Handel zwischen Hamburger Unternehmen und ihren britischen Partnern führen“, so Christi Degen, Hauptgeschäftsführerin der Handelskammer Hamburg, in einer Stellungnahme zur Brexit-Abstimmung im britischen Unterhaus. „Das Vereinigte Königreich wird zum Drittland und es fallen Zölle im grenzüberschreitenden Warenverkehr an. Die Zollformalitäten an den Grenzen werden Lieferketten unterbrechen und Just-in-Time-Lieferungen erschweren. Die notwendigen Zollanmeldungen werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, die bislang überwiegend auf dem EU-Binnenmarkt tätig waren.“
Die Hamburger Wirtschaft ist eng mit Großbritannien verbunden: Rund 1.000 Hamburger Unternehmen haben der Handelskammer Hamburg gegenüber angegeben, Geschäftsbeziehungen zum Vereinigten Königreich zu unterhalten. Etwa 200 Hamburger Unternehmen sind permanent im Vereinigten Königreich vertreten (Niederlassung, Produktionsstätte usw.) und rund 70 Firmen aus Großbritannien haben Niederlassungen in Hamburg. Für Hamburg war das Vereinigte Königreich im Jahr 2017 der fünftwichtigste Handelspartner weltweit (Export: Platz 5; Import: Platz 6)
Handelskammer mit Brexit-Hotline
Für Fragen aus der Hamburger Wirtschaft hat die Handelskammer Hamburg eine Brexit-Hotline eingerichtet: Telefon 040 36138-293 (Arne Olbrisch) und Telefon 040 36138-296 (Axel Rostalski). Die Außenwirtschafts- und Branchenexperten der Kammer stehen ausschließlich den Mitgliedsunternehmen zur Verfügung.
Weitere Informationen zum Brexit – zum Beispiel eine Online-Checkliste in deutscher und englischer Sprache – erhalten Mitgliedsunternehmen der Handelskammer Hamburg auf der Webseite www.hk24.de, Stichwort: Brexit.
Bildquellen
- brexit_1477611_1280: succo / Pixabay.com