Die Parteien stritten über die Zahlung von Weihnachtsgeld für die Jahre 2018, 2019 und 2020. Bis einschließlich 2017 erhielt der Kläger ein jährliches Weihnachtsgeld, welches mit dem Entgelt des Monats November abgerechnet wurde. In Folgejahren erhielt er keine entsprechenden Zahlungen mehr. Die Zahlung schwankte in der Höhe von 400 Euro brutto im November 2010 bis 1.500 Euro brutto im November 2017. In den Abrechnungen wurde diese Leistung als „freiw. Weihnachtsgeld“ bezeichnet.
Der Geschäftsführer der Beklagten teilte dem Kläger im Jahr 2020 per Mail mit, dass im Unternehmen „jährlich freiwillig“ gezahltes Weihnachtsgeld von den Faktoren „Arbeitsleistung, Zuverlässigkeit und Fehlzeiten“ abhänge. Der Kläger behauptete, die Höhe des Weihnachtsgelds habe habe jedenfalls 1.500 Euro brutto seit dem Jahr 2010 betragen. Das Weihnachtsgeld sei nicht erkennbar an Bedingungen geknüpft gewesen, es sei vielmehr „ohne Wenn und Aber“ gezahlt worden. Aufgrund der vorbehaltlosen Zahlungen sei ein Anspruch auf ein jährliches Weihnachtsgeld jedenfalls dem Grund nach entstanden. Seine Arbeitsunfähigkeit stehe dem nicht entgegen. Die Beklagte vertrat die Auffassung, es fehle bereits an der schlüssigen Darlegung eines Anspruchs auf die begehrte Leistung in bestimmter Höhe. Im Jahr 2010 habe sie an den Kläger nur ein reduziertes Weihnachtsgeld in Höhe von 400 Euro brutto gezahlt, weil dieser im besagten Jahr erhebliche Fehlzeiten aufgewiesen habe. Arbeitnehmer ohne Fehlzeiten hätten ein höheres Weihnachtsgeld erhalten. Aufgrund der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestehe ab dem Jahr 2018 kein Anspruch mehr. Auch anderen Arbeitnehmern werde das Weihnachtsgeld der Höhe nach im Verhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung gezahlt. Im Jahr 2020 habe keiner der insgesamt sieben Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld erhalten, weil das Jahr 2020 für die Beklagte „unauskömmlich“ gewesen sei.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 2.850 Euro, also 950 Euro pro Jahr, aus betrieblicher Übung zustehen. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Aus der zumindest dreimaligen vorbehaltlosen Gewährung von Sonderzahlungen an die gesamte Belegschaft erwächst ein Anspruch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen und der Arbeitgeber den Bindungswillen für die Zukunft nicht ausgeschlossen hat. Eine solche Erklärung des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Auszahlung liegt nicht vor, eine nachträgliche Erklärung und Lösung aus der Verpflichtung ist nicht möglich. Nur der Hinweis auf eine freiwillige Leistung der Sonderzahlung ist nicht ausreichend, da dies nur ein Beleg dafür ist, dass keine Verpflichtung aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz vorliegt. Eine Kürzung der Sonderzahlung aufgrund von Krankheit ist wegen fehlender Kürzungsvereinbarung nach § 4a EFZG nicht möglich. Im Ergebnis muss der Arbeitgeber bei jeder – möglichst bezeichnet als arbeitsleistungsbezogene – Sonderzahlung auf die freiwillige Leistung hinweisen, Ansprüche für die Zukunft ausschließen und bei Wunsch eine ausdrückliche Kürzungsvereinbarung für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abschließen.
— Martin Bauer —
_______________________
ZUM AUTOR
Rechtsanwalt Martin Bauer, Leiter der Geschäftsstelle Schleswig-Holstein, AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Im AGA sind mehr als 3.500 überwiegend mittelständische Groß- und Außenhändler sowie unternehmensnahe Dienstleister aus Norddeutschland organisiert. Der AGA unterstützt in Unternehmens- und Personalführung sowie in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Ferner vertritt der AGA die branchen- und firmenspezifischen Belange seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. www.aga.de
Bildquellen
- Bauer_Martin: AGA Unternehmensverband
- Weihnachtsgeld: vegefox.com / Adobe Stock