Zweitgrößtes Industriegebiet in Norddeutschland
Der Industriestandort Billbrook/Rothenburgsort ist das größte zusammenhängende Industriegebiet Norddeutschlands außerhalb des Hamburger Hafens. Es hat eine Fläche von rund 770 Hektar, das entspricht fast 1.100 Fußballfeldern. Neben der großflächigen industriell-gewerblichen Nutzung ist das Gebiet durch ein Netz von Wasserstraßen geprägt, das insgesamt circa 77 Hektar umfasst. Im Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort arbeiten mehr als 20.000 Beschäftigte in mehr als 1.000 Betrieben. Dort ist eine große Bandbreite von industriellen oder industrienahen Unternehmen und Branchen angesiedelt: Betriebe des Speditions- und Lagereigewerbes, der Baubranche, der Chemie- und Kunststoffproduktion, der Entsorgung, des Großhandels, des Maschinenbaus sowie der Lebensmittelproduktion bilden hierbei die Branchenschwerpunkte.
Da sich mehr als 90 Prozent der potenziell für Gewerbe bzw. Industrie nutzbaren Flächen im Projektgebiet in privatem Eigentum befinden, habe der Senat die angestrebte funktionale Erneuerung von Beginn an als einen langfristigen Prozess angelegt, heißt es. Die in der Landespressekonferenz am 26. Oktober vorgestellte Drucksache soll dafür den Auftakt bilden, dem weitere Teile folgen werden.
„Von enormer industriepolitischer Bedeutung“
„Für den Standort Hamburg ist dieses Vorhaben von enormer industriepolitischer Bedeutung. Wir wollen das Gebiet in die Zukunft entwickeln. Voraussetzung für den Erfolg ist die enge Zusammenarbeit der Hamburgischen Verwaltung und der öffentlichen Unternehmen mit dem Billbrookkreis, dem Industrieverband Hamburg und den Unternehmen vor Ort. Das Konzept berücksichtigt die Belange der Betriebe und Flächeneigentümer“, so Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. Der Senat werde den in den letzten Jahren eingeschlagenen Weg zur Revitalisierung und Modernisierung des Industriegebiets Billbrook/Rothenburgsort intensivieren und fortsetzen.
Schwerpunkte für die nächsten Jahre
- Die Verbesserung der Schiffbarkeit des Moorfleeter Kanals und des Tidekanals.
- Die Aktivierung des ehemaligen Wendebeckens an der Halskestraße sowie der Großmannstraße 210.
- Die schrittweise Modernisierung des Straßennetzes.
- Die Beseitigung der Missstände in der Nutzung des öffentlichen Raums.
- Die Entwicklung eines Konzeptes für die Billstraße durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte.
Konkrete Maßnahmen
- Im Bereich der Infrastruktur wurden bereits über 19 Millionen Euro investiert. Das Straßennetz muss aber weiter mit aller Kraft nach dem Motto „Eine bauen, eine planen“ Zug um Zug instandgesetzt werden. Der Bericht führt die in den nächsten Jahren konkret geplanten Investitionen auf. Eine dieser Straßen ist beispielsweise die Halskestraße. Die Erneuerung dieser Straße erfolgt im Zusammenhang mit der Herrichtung der Veloroute 9, die abseits der Straße als Zwei-Richtungsradweg ausgebaut wird. Die Maßnahme beinhaltet auch eine Ergänzung der Halskebrücke.
- Die Deutsche Bahn, der Bund und die Freie und Hansestadt Hamburg investieren knapp 18 Millionen Euro in den behindertengerechten Ausbau der drei S-Bahnhöfe.
- Mit der Drucksache werden 4 Millionen Euro für Sofortmaßnahmen im Bereich der Kanäle, insbesondere zur Wassertiefenunterhaltung im Moorfleeter Kanal und in Teilen des Tiefstackkanals bereitgestellt. Damit werden die Schiffbarkeit und die grundsätzliche Trimodalität im südlichen Teil des Industriegebietes gesichert.
- Das Flächenpotenzial des ehemaligen Wendebeckens an der Halskestraße soll durch Abtrag des auflastenden Glimmertons aktiviert werden. Diese Fläche ist ideal für die Errichtung eines Mobilitäts-Hubs mit einem idealerweise mehrstöckigen Lkw-Vorstau.
- Die Entfernung von für den Verkehr nicht zugelassenen bzw. nicht betriebsbereiten Fahrzeugen wird in den kommenden Monaten ein Handlungsschwerpunkt des Bezirksamtes Hamburg-Mitte im Gebiet sein. Die Situation vor Ort soll sich nachhaltig verbessern.
- Das Erscheinungsbild des öffentlichen Raums soll sich zudem im Zusammenhang mit der Straßenerneuerung deutlich verbessern. Aber auch im privaten Raum sollen Verbesserungen initiiert werden. Seit 2016 konnten immerhin bereits zwei große, wenig genutzte Areale die zudem Bodenbelastungen aufweisen, aktiviert werden, die heute mit modernen Industriegebäuden bebaut sind.
- Bereit eingeführte Maßnahmen zur Verbesserung der Erreichbarkeit im Umweltverbund, wie beispielsweise das seit 2019 bereitstehende IOKI-On-Demand-Angebot werden fortgeführt.
- Der Klimaschutz und die Klimaanpassung bleiben ein integraler Bestandteil aller Modernisierungsmaßnahmen. Billbrook/Rothenburgsort war der erste Gewerbestandort in Hamburg, für den ein dezidiertes Klimaschutzteilkonzept erstellt wurde. Eine Klimaschutzmanagerin ist aktiv im Gebiet unterwegs und unterstützt die Unternehmen.
Hintergrund
Lange schon prangern ansässige Unternehmen die Missstände an und fordern deutliche Maßnahmen zur Revitalisierung des vielerorts stark vernachlässigten, heruntergekommenen Gebietes. Seit 2016 liegt ein Handlungskonzept für den Standort zu sechs Handlungsfeldern vor: Flächennutzung, Infrastruktur, Städtebau und Freiraum, Verkehr und Mobilität, Markt und Unternehmen sowie Kommunikation und Beteiligung. Das Dokument basiert auf Bestandsanalyse, Zielszenarien und Maßnahmenvorschlägen. Unter der Projektleitung der damaligen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation waren alle relevanten Behörden, weitere Fachabteilungen und der Billbrookkreis in die Erstellung eingebunden (Quelle: Bilbrookkreis). Lange passierte nichts. Der Billbrookkreis forderte Anfang 2020 ein 400-Millionen-Euro-Sofortprogramm. Zuletzt hatte die Hamburger Bürgerschaft hat den Senat aufgefordert, bis zum 30. September 2021 die Maßnahmen zu beschreiben, die die Stadt Hamburg angehen will, um das Handlungskonzept umzusetzen. Das Ergebnis wurde nun am 26. Oktober vorgestellt.
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