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Stefan Nietzky: „Humboldts Schreibtisch als exakte Replik gebaut“

Der Hamburger Stefan Nietzky hat zusammen mit einem Partner eine neue Geschäftsidee entwickelt: den Nachbau des lange verschollenen Schreibtisches von Alexander von Humboldt. Im Interview mit Business-on.de spricht der 49-jährige Geschäftsführer und Inhaber der Agentur VOLL:KONTAKT über diese außergewöhnliche Idee, die er neben dem täglichen Agenturgeschäft vorantreibt.

Der Hamburger Stefan Nietzky hat zusammen mit einem Partner eine neue Geschäftsidee entwickelt: Sie lassen den Schreibtisch Alexander von Humboldts originalgetreu nachbauen. Foto: VOLL:KONTAKT

Humboldt-Schreibtisch: Dieser Form folgen die Gedanken

Es ist ein Möbelstück, an dem Geschichten entstanden und Geschichte geschrieben wurde: Vor fast 200 Jahren gab der Forscher und Universalgelehrte Alexander von Humboldt seinen Schreibtisch bei einem Tischlermeister in Berlin in Auftrag. Zeitlose schlichte Eleganz, kluge Konzeption und handwerkliche Präzision zeichnen diesen beweglichen Arbeitstisch aus Messing und Holz aus. An dem Schreibtisch konnte der Gelehrte kreativ werden, Forschungsliteratur ebenso wie Notizen und Textentwürfe geordnet ablegen und zu seinen komplexen Wissenschaftserzählungen zusammenführen.

Für Stefan Nietzky und seinen Geschäftspartner Sebastian Windisch manifestiert sich in Humboldts Schreibtisch der Leitsatz, der in der damaligen Zeit entstand, nach dem die Form der Funktion folgt. Die beiden gehen mit Humboldt noch weiter und sagen: „Dieser Form folgen die Gedanken.“

Der Original-Schreibtisch Alexander von Humboldts in Paris: Das Möbelstück aus massiver Birke misst in der Länge 1436 mm, ist 790 mm tief und hat eine Höhe von 897 mm. Noch mehr spannende Details rund um den Schreibtisch finden sich unter: www.humboldtversum.com. Foto: Lüder Lindau

Business-on.de: Herr Nietzky, was verbinden Sie mit der Person Alexander von Humboldt?

Stefan Nietzky: Der Name Alexander von Humboldt ist mir natürlich seit meiner Schulzeit geläufig, aber erst über die Daniel-Kehlmann-Buchverfilmung „Die Vermessung der Welt“ habe ich mehr über ihn erfahren. Das ist zehn Jahre her, und da wir den Kinostart damals bei uns in der Agentur im Bereich PR betreut hatten, musste ich mich natürlich auch intensiver mit der Persönlichkeit Alexander von Humboldts befassen. Ein toller Film von Detlev Buck übrigens!

Business-on.de: Wie ist die Geschäftsidee entstanden, Humboldts Schreibtisch nachzubauen und als Replik zu vermarkten?

Stefan Nietzky: Sebastian Windisch, ein Schulfreund und heute Architekt in Berlin, war wenige Tage vor dem ersten Lockdown im März 2020 in der Ausstellung „250 Jahre Alexander von Humboldt“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin. Dort wurde dieser Schreibtisch als eines der herausragenden Objekte dieser Ausstellung präsentiert und muss wohl einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Als wir wenige Wochen später – mitten im Lockdown, als keiner wusste, wie es weitergehen wird – telefonierten, meinte mein Freund auf einmal: „Dann lass uns doch den Schreibtisch von Alexander von Humboldt nachbauen und verkaufen“ und so war die Idee in die Welt gesetzt.

Business-on.de: Was fasziniert Sie an Humboldts Möbelstück?

Stefan Nietzky: Der Schreibtisch ist einfach zeitlos und bescheiden in seiner Erscheinung. Gleichzeitig hat er eine Geschichte: Nicht nur, dass Humboldt sein wohl wichtigstes Werk „Kosmos“ an ihm schrieb, sondern auch, dass dieser Tisch viele Jahre lang als verschollen galt und erst vor wenigen Jahren zufällig im Depot eines Pariser Museums wieder auftauchte.

Business-on.de: Wie lange hat es von der Entwicklung bis zur Einführung dieses Schreibtisch-Nachbaus gedauert?

Stefan Nietzky: Nach der Ideenfindung waren die notwendigen Schritte schnell klar: Wo steht der Tisch und kommen wir da überhaupt ran? Wer kann eine 360-Grad-Vermessung des Objekts vornehmen und wer hat das notwendige handwerkliche Know-how, die Fertigung zu übernehmen. Corona hat dann für allerlei Verzögerung gesorgt. Letztendlich konnten wir erst wenige Wochen nach der Wiedereröffnung im September 2021 zur Sternwarte in Paris reisen, die uns Zugang zum Schreibtisch gewährte. Mit dabei waren der Vermesser und ein Fotograf. Denn eines war klar: Wir müssen nicht nur vermessen, sondern auch fotografieren. Außerdem wollten wir Videomaterial für eine Dokumentation generieren.

Business-on.de: Wie naturgetreu ist Ihr Nachbau, wie aufwendig die Fertigung?

Stefan Nietzky: Die Replik ist wirklich sehr genau, denn sie wird immer nur im Vergleich zum Original funktionieren. Wir haben durch die Vermessung jede Unebenheit mit aufgenommen. Natürlich haben wir die Dellen nicht in die Replik übernommen, aber gerade die Verzapfung ist recht komplex. Ich sage immer: „Der Tisch ist so, wie ihn Alexander von Humboldt selbst in Empfang genommen hat.“ Bei der Schreibtisch-Oberfläche haben wir uns im Gegensatz zu einem gewachsten Leinenstoff jedoch für einen damals auch üblichen Lederbezug entschieden.

Für die Fertigung brauchten wir zum einen Metallteile, Füße und Knöpfe, die uns ein Metallbauer aus Berlin fertigte, und zum anderen eine Tischlerei, die in der Lage war, aus den 3D-Daten Fertigungszeichnungen zu erstellen und nach diesen Vorgaben zu bauen. Wir haben in Berlin eine entsprechende Tischlerei gefunden. Da war schon Meisterhandwerk gefragt. Die Fertigung lief ganz anders, als man heute einen modernen Schreibtisch bauen würde.

Business-on.de: Wie sähe ein idealer Standort für das außergewöhnliche Möbel aus?

Stefan Nietzky: Nachdem der Prototyp im April 2022 fertiggestellt war, war uns klar, dass der Tisch im neu eröffneten Humboldt-Forum in Berlin stehen muss. Aber wie kommen wir da mit unserem kommerziellen Projekt so einfach rein? Wir hatten Glück, denn kürzlich eröffnete dort das Restaurant „Wilhelm Alexander“. Die Betreiber waren ganz interessiert an unserem Tisch, der jetzt dort für jeden zugänglich in den Räumlichkeiten seinen Platz hat.

Wir führen aktuell viele Gespräche mit Multiplikatoren und Personen aus dem musealen Umfeld und es hat sich gezeigt, dass viele Autoren „Lesungen am Humboldt-Schreibtisch“ halten wollen. Langfristig gesehen wollen wir natürlich weitere Humboldt-Schreibtische produzieren und verkaufen, die bei Humboldt-Liebhabern zu Hause oder an öffentlichen Orten stehen. Natürlich denken wir da auch international, denn Humboldt war der erste Kosmopolit unserer Zeit. Sein Name und seine Bedeutung sind in der ganzen Welt bekannt.

Seit Herbst 2022 sind die ersten Replika des Humboldt-Schreibtisches erhältlich. Ein detailgenauer Nachbau des außergewöhnlichen Möbelstücks steht im Restaurant „Wilhelm“ im Berliner Humboldt Forum. Foto: Lüder Lindau

Business-on.de: Sie führen in Hamburg eine Onlinemarketing-Agentur. Was machen Sie genau?

Stefan Nietzky: Mit www.vollkontakt.com sind wir hauptsächlich im Entertainment-Bereich aktiv. Mit meinem 10-köpfigen Team biete ich Dienstleistungen wie PR, Influencer-Marketing, Social Media, Onlinewerbung und Markenkooperationen. Wir haben viele Filmverleiher und deren Kinofilme als Kunden, aber auch andere Unternehmen aus dem Familien- und Freizeitbereich.

Business-on.de: Wie wichtig ist für Sie berufliches Netzwerken?

Stefan Nietzky: Ich habe die Bedeutung tatsächlich erst mit der Corona-Krise erkannt und bin seit zwei Jahren im BNI-Netzwerk aktiv. Seitdem wächst mein berufliches Netzwerk stetig und auch in Sachen Humboldt-Schreibtisch habe ich darüber schon interessante Kontakte gemacht.

Business-on.de: Welche Vorteile bieten sich Ihnen in der weltoffenen Hansestadt für Bekanntmachung und Verkauf des Humboldt-Schreibtisches?

Stefan Nietzky: In der aktuellen Phase läuft vieles über persönliche Gespräche, denn wir wollen das Thema erst einmal so in die Welt bringen. Berlin ist durch seinen Humboldt-Bezug sehr wichtig, aber ich habe gute Empfehlungen zu Geschäftsleuten hier in Hamburg erhalten und erhoffe mir dadurch neue Impulse. Vielleicht findet sich auch ein Partner, der zum Beispiel für einen weltweiten Vertrieb Erfahrung mitbringt oder das Konzept „Nachbau von Schreibtischen berühmter Persönlichkeiten“ mit uns weiterentwickeln möchte.

Business-on.de: Was treibt Sie denn als Unternehmer und Führungskraft an?

Stefan Nietzky: Die Corona-Krise hat mein Unternehmen hart getroffen und ich sehe es als persönliche Herausforderung, das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Energie tanke ich, wenn ich täglich 25 Kilometer mit dem Fahrrad zwischen zu Hause und dem Büro pendle und durch Meditation.

Business-on.de: Was macht für Sie eine erfolgreiche Unternehmensführung aus?

Stefan Nietzky: Kreativität ist für mich die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmensführung. Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft, zählen für mich Loyalität und Teamgeist. Ich bin stolz darauf, dass ich sagen kann: Ich kann mich auf jeden in meinem Team 100-prozentig verlassen.

Business-on.de: Vielen Dank für das Interview, Herr Nietzky!

 

— Das Interview führte Katja Tiedek —

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BUSINESSKÖPFE IN UND UM HAMBURG

In dieser Interview-Reihe sprechen Geschäftsleute, Selbstständige und Entscheidungsträgerinnen und -träger in der Metropolregion Hamburg über ihr Business und darüber, was sie aktuell bewegt, wie sie ihr berufliches Umfeld erleben und was sie mit ihrem Standort verbindet.

Bildquellen

  • Humboldt-Schreibtisch-Original: Lüder Lindau
  • Humboldt-Schreibtisch-Replik: Lüder Lindau
  • Stefan Nietzky: VOLL:KONTAKT
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