Am 16. Mai könnte der Bundesgerichtshof eine folgenreiche Entscheidung für viele Onliner treffen: Dann soll sich nämlich entscheiden, ob das Einbetten von YouTube-Videos unter bestimmten Umständen Urheberrechte verletzt oder nicht. Im business-on.de-Interview gibt Kathrin Berger, Fachanwältin für IT-Recht, ihre persönliche Einschätzung zum Thema ab und erklärt, wo die derzeitige rechtliche Unsicherheit beim sogenannten Framing liegt.
business-on.de: Wer in vimeo oder YouTube Videos einstellt, muss eindeutig durch Ankreuzen erklären, ob er das Einbinden erlaubt oder nicht. Wieso gibt es also einen Streit, ob Videos eingebunden werden dürfen oder nicht?
Kathrin Berger: Grundsätzlich sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: das Embedding der legal und das der illegal ins Internet eingestellten Filme.
Keiner der beiden Fälle ist aber bisher rechtlich geklärt. Es kann allerdings mit guten Argumenten verteidigt werden, dass es bei einem rechtmäßig auf YouTube platzierten Video eine Einwilligung in das Framing darstellt, wenn dieses nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Der Bundesgerichtshof wird in Kürze über einen Fall unterscheiden, bei dem ein Werbevideo von einem Unternehmen online gestellt wurde, das nicht die entsprechenden Rechte hatte. Dieser Film wurde von anderen Nutzern im Wege des Framing verlinkt. Diese Nutzer wurden daraufhin wegen Urheberrechtsverletzung verklagt.
Es handelt sich hier also um den zweiten Fall – das Verlinken eines illegal eingestellten Filmes. Hier kommt es dann nicht darauf an, ob das Einbinden zugelassen wurde, da der Einstellende, der selber keine Rechte hat, eben auch keine Erlaubnis für die Nutzung erteilen kann.
business-on.de: YouTube-Nutzer müssen ebenfalls erklären, dass sie bei den eingestellten Filmen über alle Rechte verfügen, d.h. dass sie den Film selbst hergestellt bzw. die Einverständnis der Protagonisten haben. Nur dann dürfen Filme auch eingebunden werden. Die Frage ist nun: Was passiert, wenn illegal hochgeladene Filme verteilt werden. Ist die Antwort da nicht eindeutig? Belangt wird derjenige, der das Video hochgeladen bzw. behauptet hat, er verfüge über alle Rechte.
Kathrin Berger: Derjenige youtube Nutzer, der versichert, die Rechte zu haben, sie in Wirklichkeit aber gar nicht hat, ist ohnehin verantwortlich. Hier besteht in der Praxis aber häufig das Problem, dass man nicht genau herausfinden kann, von wem ein Inhalt auf die Plattform hochgeladen wurde.
Daneben könnte es aber eben auch möglich sein, dass derjenige, der den Inhalt im Wege des Framing weiter nutzt, ebenfalls verantwortlich ist.
business-on.de: Andersherum müsste ja jeder, der ein Video einbindet, prüfen, ob das Video illegal oder legal hochgeladen wurde. Das widerspricht der Grundidee von YouTube. Außerdem gilt diese Regel ja auch nicht in der realen Welt. Wenn ich ein Auto kaufe, muss ich auch nicht überprüfen, ob das Auto dem Verkäufer wirklich gehört. Was soll also das ganze?
Kathrin Berger: Beim Kauf eines Autos gibt es den „gutgläubigen Erwerb“ des Eigentums. Ein Käufer darf sich also darauf verlassen, dass derjenige, der Eigentümer ist, dieses auch rechtmäßig erlangt hat.
Eine solche Konstruktion gibt es aus verschiedenen Gründen im Urheberrecht nicht, die Situation ist also nicht vergleichbar.
Aber es ist natürlich zutreffend, dass derjenige, der ein Video einbindet, nicht prüfen kann, ob es tatsächlich legal hochgeladen wurde. Sollte das Framing daher als Urheberrechtsverletzung gesehen werden, so würde dies eine erhebliche Einschränkung darstellen. Möglich wären allerdings auch dann noch einfache Verlinkungen, die keine Urheberrechtsverletzung darstellen.
business-on.de: Wie wahrscheinlich ist es Ihrer Meinung nach, dass Webseitenbetreiber eine Strafe erhalten, weil sie ohne besseren Wissen, illegale Videos eingebunden haben?
Kathrin Berger: Dazu kann ich im Moment noch gar nichts sagen. Es gibt zwar eine Andeutung des BGH, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Framing als Urheberrechtsverletzung eingestuft werden könnte. Es ist aber weder klar, ob der BGH tatsächlich so entscheiden wird, noch welche Voraussetzungen er dann im Einzelnen annimmt.
Möglicherweise legt der BGH die Sache auch dem EuGH vor, da es sich letztlich um eine Frage handelt, die – aufgrund der weitgehenden Angleichung des Urheberrechts in den Mitgliedstaaten der EU – auf europäischer Ebene geklärt werden muss.
Kathrin Berger