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Aktien & Fonds

Wer die Wahl hat, hat die Qual – auch bei Aktien!

Osteuropa-Börsen boomen weiter, aber kaum einer ist dabei. Gazprom ist der große Gewinner am Aktienmarkt (plus 70 Prozent in sechs Monaten!) Auch Uranaktien wie Kazatomprom bleiben gefragt. Die Moskauer Börse bleibt Outperformer. Die Weltbörsen konsolidieren. Gold ist wenig gefragt. Osteuropa-Börsenexperte Andreas Männicke gibt einen aktuellen Überblick.

„Wer die Wahl hat, hat die Qual!“. Dies trifft nicht nur für die Bundestagswahlen zu, sondern auch für die Auswahl von den „richtigen“ Aktien zu „richtigen“ Zeit. Nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 beginnen nun die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP sowie gleichzeitig zwischen CDU, Grünen und FDP. Dies kann man durchaus als wichtige Weichenstellung – auch für die Börse – betrachten. Gleichzeitzeig verhandeln in den USA die Demokraten mit den Republikanern über die Höhe des Investitionsprogramms, aber auch über die Erhöhung der Schuldengrenze. Kommt es zu keiner Einigung und und dann einem neuen „Shutdown“, also einem temporären Default, würden die Weltbörsen nachgeben.

Größter Profiteur der zuletzt stark gestiegenen Öl- und Gaspreise ist Russland und hier insbesondere der Gasgigant Gazprom, dessen Kurs sich schon in einem Jahr mehr als verdoppelt hat. Dadurch konnte auch die Moskauer Börse outperformen. Aber auch elf weitere Osteuropa-Börsen konnten den Dax und S&P-Index klar outperformen. Es ist bedauerlich, dass die Osteuropa-Börsen immer noch sehr stiefmütterlich in den Medien behandelt werden und auch Bankberater kaum das Know-how haben, hier kompetent zu beraten.

Alles wird teurer, vor allem aber der Strom

Nach den Ergebnissen der Bundestagswahlen ist nun theoretisch eine „Ampel-Koalition“ (SPD, Grüne und FDP), aber auch eine „Jamaika-Koalition“ (CDU, Grünen und FDP) möglich. Auch wenn die „Ampel-Koalition“ von der Mehrheit der Bevölkerung (noch) favorisiert wird, sollte sich jeder über die Konsequenzen – auch an der Börse – klar werden. Mit der „Ampel“ wird im nächsten alles sehr viel teurer und der Investitionsstandort Deutschland ist gefährdet. Die angestrebte Energiewende kann zur Energiekrise in Deutschland werden, weil vieles bei den Grünen nur Wunschdenken ist.

Sicherlich ist und bleibt der Klimawandel weltweit ein wichtiges Thema, was vor allem die junge Bevölkerung beschäftigt. Aber die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels müssen auch bezahlbar sein und dürfen den Investitionsstandort Deutschland durch zu hohe Strompreise nicht gefährden. Denn damit steht auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel, die schon jetzt immer schwächer wird. Nicht wenige Energieexperten erwarten sogar einen Blackout in einzelnen Städten, wenn der Strombedarf stark temporär ansteigt. Vieles ist bei den Grünen nicht zu Ende gedacht, auch nicht der Strombedarf bei den erwünschten 10 Millionen E-Autos. Wichtig wird hier auch die Steuerpolitik der nächsten Regierung sein, die Investitionsanreize bieten muss. Bei zunehmender Inflation wird vieles teurer und der Bevölkerung im nächsten Jahr auch viel zugemutet. Dann dürfte die Stimmung wieder umschlagen.

Weltbörsen stehen vor großen Herausforderungen – die Politiker aber auch!

Die Aktienkurse gaben zwar schon in den letzten Tagen leicht nach, aber die wahren Auswirkungen des Wahlergebnisses werden erst dann zu Tage treten, wenn die Koalitionsvereinbarungen klar sind. Durch den Einfluss der Grünen wird in jedem Fall im nächsten Jahr vieles sehr teuer und die Belastungen für die Bevölkerung werden höher. Wie sich das dann auf die Börsen auswirken wird, hängt auch von anderen Faktoren ab. In jedem Fall stehen die Börsen und Volkswirtschaften im nächsten Jahr auch in Anbetracht der neuen Mega-Verschuldung vor großen Herausforderungen, die Politiker mit ihren kühnen Wahlversprechen damit allerdings auch. Da die Notenbanken in den nächsten Monaten mit dem „Tapering“, also einer Verminderung der Wertpapierkäufe starten werden, wird die monetäre Unterstützung an den Börsen nicht mehr so stark sein wie in diesem Jahr.

Wann hat die „Drogenpolitik“ der Notenbanken ein Ende?

Unklar ist es auch nicht, ob die im Moment stark steigende Inflation nur ein temporäres Problem sein wird, wie es jetzt die Notenbanken unterstellen, oder ob die Inflation auch im nächsten Jahr nachhaltig hoch bleiben wird. Im Moment sorgen vor allem die stark gestiegenen Energiepreise für eine höhere Inflation. Durch die „Drogenpolitik“ der Notenbank gibt es zudem eine Asset-Inflation und damit eine Blasenbildung bei Aktien, Anleihen und Immobilien. Abzuwarten bleibt, ob die Insolvenz des chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande bereits die Immobilienblase in China zum Platzen bringt.

Kommt es in den USA um „Shutdown“?

Spannend wird es in den nächsten Wochen auch in den USA, wo die Demokraten ein Mega-Investitionsprogramm – und damit auch höhere Schulden beschließen wollen, wogegen sich aber die Republikaner stemmen. Es könnte sein, dass die Erhöhung der Schuldengrenze in den USA durch die Republikaner blockiert wird, was dann zu einem temporären Default und einer Haushaltsperre, neudeutsch „Shutdown“ führen könnte, Auch dies könnte die Aktienmärkte demnächst weltweit verunsichern. US-Präsident Joe Biden ist schon dabei, sein Investitionsprogramm für die nächsten Jahre erheblich zu kürzen. Ob sein Plan, die Unternehmenssteuern zu erhöhen, durchkommt, ist auch noch nicht klar.

Vierte Corona-Welle ist im Anmarsch – na und?

Ebenso bedeutsam ist es aber, ob es im Winter eine vierte Corona-Welle gibt, was sich jetzt in einigen Ländern schon andeutet, in denen die Impfquote sehr gering ist wie in Russland, Weißrussland und Rumänien mit nur etwa 30 Prozent. So wurden Litauen, Rumänien und Belarus aufgrund stark steigender Inzidenzen aktuell zum neuen Hochrisikogebiet erklärt. In Russland wurde zuletzt eine neue Rekordzahl von 887 Corona-Toten an einem Tag gezählt. Auch Russland hat nur einen Impfquote von 30 Prozent.

Neue Lockdowns sind deswegen zwar nicht zu erwarten, aber verschärfte Maßnahmen. Dagegen haben andere Länder wie Großbritannien, Dänemark, Schweden und Chile schon alle Corona-Maßnahmen aufgehoben. In Deutschland wurden sogar in Bayern jetzt erstmals wieder die Clubs geöffnet, allerdings nur unter der 2G-Regel. Es bleibt aber das Problem, dass die weltweiten Lieferketten nicht mehr so wie zuvor funktionieren, was sogar vereinzelt etwa im Automobilsektor zum Produktionsstop führen kann.

Weltbörsen gaben nach, aber auch Gold und Silber

Die Aktienmärkte haben in den letzten Tagen mit Kursverlusten reagiert. So fiel der Dax in der Woche nach den Bundestagswahlen von 15.700 auf 15.000 Indexpunkte im Tief, jetzt erholt auf über 15.250 Indexpunkte. Dies bedeutet immer noch ein Plus von 10,42 Prozent seit Jahresbeginn. Bei unter 14.800 Indexpunkten könnte es zu einer schärferen Korrektur im Oktober kommen.

Der US-amerikanische „S&P 500 Index“ fiel nach dem neuen Allzeithoch am 6. September 2021 von 4.540 auf nunmehr 4.345 Indexpunkte, was nun „nur“ noch ein Plus von 17,74 Prozent bedeutet nach zuvor über 21 Prozent. Damit schneidet er immer noch besser ab als der Nasdaq-Index mit einem Plus von 14,71 Prozent.  Gold konnte in den letzten Wochen von den Unsicherheiten an den Weltbörsen und der relativ hohen Inflation bisher noch nicht profitieren. Der Goldpreis ist jetzt nah dem Jahrestief bei 1.756 US-Dollar/Feinunze. Ebenso gab auch Silber in den letzten Wochen stark auf nunmehr 22,5 US-Dollar/Unze nach, was auch nahe dem Jahrestief liegt.

Moskauer Börse als eindeutiger Outperformer

Eindeutiger Outperformer bleibt aber der russische RTS-Index mit einem Plus von 24,33 Prozent in US-Dollar seit Jahresbeginn. Noch mehr stieg sogar der RDX-Index, ein Kunstprodukt der Wiener Börse für russische Aktien, mit über 42 Prozent in Euro, wobei hier insbesondre die Öl- und Gasaktien von den stark gestiegenen Öl- und Gaspreisen profierten. So stieg der Brentölpreis zuletzt auf 79,21 US-Dollar/Barrel, war ein Plus von über 80 Prozent in einem Jahr bedeutet. Noch stärker stiegen die Gaspreise, wovon wieder besonders der russische Gasgigant Gazprom mit einem neuen Jahreshoch von über 8,6 Euro profitiert. Der Kurs stieg in einem Jahr um 134 Prozent und in den letzten drei Monaten um 70 Prozent. Die Nordische Pipeline ist inzwischen zwar fertiggestellt. Gazprom warten nun aber auf die technische und politische Zertifizierung und Genehmigung der Betriebserlaubnis, was mit dem Grünen im Bunde nun zum „Politikum“ werden könnte. Der Rubel stieg auch auf ein neues Jahreshoch von 84,71 Euro/Rubel, denn der Rubel rollt wieder.

Gazprom mit neuen Jahreshoch

Gazprom vor einem Jahr und dann noch einmal im März dieses Jahres als „Aktie des Monats“ im monatlich erscheinenden Börsenbrief „East Stock Trends“ zum Kauf empfohlen erreichte ein Kursplus von über 70 Prozent. Nicht weniger schlecht performte der größte Uranproduzent der Welt aus Kasachstan Kazatomprom aufgrund stark gestiegener Uranpreise.

Schon wieder 12 Börsen aus Osteuropa als Outperformer, aber kaum einer ist dabei!

Nicht nur einzelne Aktien, sondern auch die Indices der Börsen Osteuropas weisen eine weit überdurchschnittliche Performance auf: 12 Börsen aus Osteuropa befanden sich bis 17. September 2021 unter den 30 an den besten performenden Börsen der Welt. Am besten performten bisher die Börsen in Kasachstan (plus 67,6 Prozent) gefolgt von Estland (plus 50,4 Prozent), Russland (plus 37,5 Prozent), Tschechien (plus 37,0 Prozent), Ukraine (plus 33,5 Prozent), Bosnien (plus 30,6 Prozent), Slowenien (plus 30,3 Prozent), Bulgarien (plus 27,5 Prozent), Rumänien (plus 25,9 Prozent), Ungarn (plus 25,3 Prozent), Litauen (plus 24,0 Prozent) und Polen (plus 19,8 Prozent). Sie performten besser als Dax (plus 13,2 Prozent) und DJI (plus 20 Prozent)! Da die Börsen Osteuropas aber immer noch sehr stiefmütterlich in den westlichen Medien behandelt werden, ist kaum ein deutscher Anleger bei dieser Super-Performance dabei.

— Andreas Männicke —

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ZUM AUTOR

Andreas Männicke ist Journalist, Buchautor, Verleger, Börsen-Experte und Berater (mit Spezialisierung auf Osteuropa) – bekannt aus TV- und Radio-Sendungen wie N-TV, N24, DAF, Bloomberg, Deutsche Welle. Mehr Information: www.andreas-maennicke.de und www.eaststock.de.

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