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Recht & Steuern

Bewerberstatus nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz bei Stellenausschreibung auf eBay-Kleinanzeigen 

Schon die Meldung über die Nachrichtenfunktion des Verkaufsportals eBay-Kleinanzeigen kann eine Bewerbung darstellen und damit der sich darüber meldenden Person den Status eines Bewerbers im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes zugestehen. Bei einer diskriminierenden Ausschreibung steht dem Geschädigten dann auch ein entsprechender Schadensersatz zu, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 21. Juni 2022, Az. 2 Sa 21/22. 

Foto: Nicole Lienemann / Adobe Stock

Der übliche Markt der Stellenanzeigen über Zeitschriften und Co. hat ausgedient, insbesondere da hierüber die digital versierten Beschäftigten von heute kaum noch erreicht werden können. So ist es nur verständlich, dass Unternehmen über die digitalen Kanäle versuchen, an qualifiziertes Personal zu kommen. Neben den reinen Stellenbörsen werden auch soziale Medien und andere Wege, wie im hier entschiedenen Fall eBay-Kleinanzeigen, genutzt. Hierbei gilt zu beachten, dass bereits damit der Bewerbungsprozess beginnt und die gleichen Grundsätze wie in den typischen Stellenanzeigen heranzuziehen sind.

So suchte ein im Kreis Steinfurt ansässiges Unternehmen eine Sekretärin. In der Anzeige hieß es wörtlich: „Sekretärin gesucht!“ mit der Beschreibung: „Wir suchen eine Sekretärin ab sofort, Vollzeit/Teilzeit: Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …“ Es kam, wie es kommen musste: Es meldete sich ein männlicher Kandidat über den Nachrichtenkanal der Plattform, über den dieser kurz seine Beweggründe sowie seine Erfahrungen schilderte.

Die Antwort des Unternehmens war denkbar knapp, indem dieses mitteilte, „man suche eine Dame für die Stelle“. Der abgelehnte männliche Bewerber sah sich dadurch in seinem Geschlecht diskriminiert und machte daher einer Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern gegenüber dem Unternehmen geltend. Das Amtsgericht hatte die Klage noch abgewiesen, zu Unrecht, wie das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) dann entschied. Voraussetzung für einen Entschädigung sei lediglich, dass der Kläger als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes gelte. Dies sei aus Sicht des Gerichts vorliegend der Fall, denn wer eine Stellenanzeige bei eBay-Kleinanzeigen veröffentlicht, muss damit rechnen, dass sich die Bewerber über die Chatfunktion von eBay-Kleinanzeigen bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Es werde gerade kein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers gefordert. Komplette Unterlagen seien daher nicht nötig, es reiche vielmehr aus, dass die Person des Bewerbenden identifizierbar sei, so das LAG.

Aufgrund des Anzeigentextes und in Anbetracht der ablehnenden Antwort des Unternehmens bestätigte das LAG die Diskriminierung des Klägers und sprach diesem eine Entschädigung nach den Regeln des § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, in diesem Fall daher insgesamt 7.800 Euro zu, da im Hamburger Umland für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.700 Euro üblich ist.

— Kay Gröger —

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ZUM AUTOR

Rechtsanwalt Kay Gröger
Leiter Geschäftsstelle Bremen,  Zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV)
AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Im AGA sind mehr als 3.500 überwiegend mittelständische Groß- und Außenhändler sowie unternehmensnahe Dienstleister aus Norddeutschland organisiert. Der AGA unterstützt in Unternehmens- und Personalführung sowie in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Ferner vertritt der AGA die branchen- und firmenspezifischen Belange seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. www.aga.de

Bildquellen

  • Kay Gröger: AGA Unternehmensverband
  • eBay-Kleinanzeigen: Nicole Lienemann / Adobe Stock
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