Erstmals seit 2009 ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen wieder angestiegen. Sie befinden sich jedoch weiterhin auf einem niedrigen Niveau – den hohen Energiekosten und Lieferkettenproblemen zum Trotz. Das teilt der Informationsdienstleister Crif Mitte März bei der Veröffentlichung seiner Daten zu Firmeninsolvenzen im Jahr 2022 mit. Demnach meldeten im letzten Jahr 14.578 Unternehmen in Deutschland eine Insolvenz an. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um 4,2 Prozent. 2021 lag die Zahl der Firmeninsolvenzen bei 13.991.
Noch weniger Insolvenzen als 2022 hat es laut Crif-Analyse seit Einführung der neuen Insolvenzordnung 1999 nur 2021 gegeben. Im Vergleich zum bisherigen Insolvenzhöchstjahr 2003, in dem es in Deutschland 39.320 Firmenpleiten gab, haben sich die Insolvenzfälle 2022 um über 60 Prozent verringert.
Vielfältige Ursachen
„Hauptursachen für die Firmeninsolvenzen im letzten Jahr waren die hohen Energiekosten, die bestehenden Probleme in den Lieferketten und die hohe Inflation. Hinzu kam die Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern, die aufgrund der hohen Energiepreise und der Inflation weniger Geld zur Verfügung hatten. Die resultierenden Kaufkraftverluste belasteten die Unternehmen ebenfalls“, kommentiert Crif Deutschland-Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen.
Bisher habe Deutschland eine schwere Rezession vermieden und es bestehe Grund zur Hoffnung, dass dies auch weiterhin der Fall sein werde. Jedoch sei es notwendig, dass sich die geopolitische Situation nicht weiter verschlechtere, um eine Abnahme der Inflation und eine Verbesserung der Wirtschaftslage zu erreichen.
Prognose 2023: moderater Anstieg
„Aktuell gehen wir von bis zu 16.500 Firmeninsolvenzen im Jahr 2023 aus. Das ist ein Plus von knapp 13 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022. Wir sehen keine Insolvenzwelle, sondern vielmehr eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens in Deutschland“, sagt Dr. Frank Schlein.
Hamburg über Durchschnitt
Die höchste Insolvenzdichte gab es 2022 mit 82 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen in Berlin. Der Bundesdurchschnitt lag bei 48 Pleiten je 10.000 Firmen. Über diesem Wert rangieren neben Berlin auch Bremen (73 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen), Nordrhein-Westfalen (62), Hamburg (63), das Saarland und Hessen (je 53). Die wenigsten Firmenpleiten gab es im Jahr 2022 in Bayern und Thüringen (je 35 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) und Baden-Württemberg (36).
Absolut gesehen meldeten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (3.789), Bayern (1.994) und Baden-Württemberg (1.517) die meisten Firmeninsolvenzen.
Baugewerbe mit höchster Quote
Nach Branchen gesehen gab es 2022 im Baugewerbe die meisten Unternehmensinsolvenzen. Es folgen der Handel einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, das Gastgewerbe, die Gastronomie, die Logistik, das verarbeitende Gewerbe sowie Unternehmen aus der Branche der Garten- und Landschaftsbauer.
Frühe Anzeichen
Es gibt in der Praxis typische Verhaltensmuster, die frühzeitig auf eine prekäre Situation von Unternehmen hinweisen, etwa wenn eine schlechtere Zahlungsmoral, ein verändertes Bestellverhalten oder eine häufige Änderung in der Geschäftsführung, Bankverbindung oder Firmierung auftreten, so Crif in der Unternehmensmitteilung. Indikatoren seien aber auch, wenn Zahlungen durch ungerechtfertigte Mängelrügen hinausgezögert, mündliche Zusagen gebrochen oder häufig Rechnungskopien angefordert werden würden. Zudem leisten sich die betroffenen Unternehmen nach Angaben keine Neuanschaffungen mehr und nutzen veraltete Produktionsanlagen. Hinweise auf eine finanzielle Schieflage liefert auch der Verbrauch von Eigenkapital über Jahre hinweg oder die mehrfache Erhöhung der Kreditlinie, also ein Fremdkapitaleinsatz.
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