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Recht & Steuern

Trinkgelage nach Weihnachtsfeier kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte sich in einem Verfahren mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Alkoholexzess auf dem Firmengelände im Anschluss an eine Betriebsfeier eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

Symbolfoto: bilderstoeckchen / Adobe Stock

Der Kläger war seit dem 1. Juni 2021 als Gebietsmanager im Außendienst im Gebiet Nordrhein-Westfalen bei der Beklagten, einer Winzergenossenschaft, beschäftigt. Am 12. Januar 2023 fand bei der in Süddeutschland ansässigen Beklagten eine Weihnachtsfeier in einem externen Restaurant statt. Gegen 23 Uhr fuhr der Bus die Beschäftigten, die dies wollten, zurück zur firmeneigenen Kellerei. Der Kläger hatte sich dieser Gruppe angeschlossen.

Eine Fortsetzung der Weihnachtsfeier im Betrieb war nicht vorgesehen. Der Kläger traf sich mit zwei weiteren Kollegen im circa 500 Meter vom Betrieb entfernten Hotel, um dort eine Flasche Wein zu trinken. Danach gingen der Kläger und ein Kollege zurück zum Betrieb der Beklagten. Das Tor zum Betriebsgelände wurde mit der Zutrittsberechtigungskarte des Kollegen geöffnet. Im Aufenthaltsraum der Kellerei tranken der Kläger und sein Kollege vier Flaschen Wein, die teilweise für den Verkauf an einen Discounter bestimmt waren. Die leeren Flaschen standen am nächsten Morgen auf dem Tisch. Im Mülleimer befanden sich zahlreiche Zigarettenstummel. Auf dem Fußboden lag eine zerquetschte Mandarine, die zuvor an die Wand geworfen worden war. Einer der beiden Mitarbeiter hatte sich neben der Eingangstür erbrochen. Das Hoftor stand offen. Der Kollege des Klägers wurde am Abend auf dem Nachhauseweg von der Polizei aufgegriffen und wegen seiner starken Alkoholisierung zum Ausschluss einer Eigengefährdung nach Hause gefahren. Der Kollege des Klägers räumte am 16. Januar 2023 gegenüber der Beklagten ein, „etwas Scheiße gebaut“ zu haben. Er bezahlte den Wein.

Nach Anhörung des Betriebsrats am 19. Januar 2023 und mit dessen Zustimmung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 25. Januar 2023 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30. April 2023.

Anders als das Arbeitsgericht hat das LAG Düsseldorf im Rechtsgespräch zum Ausdruck gebracht, dass eine Abmahnung im Hinblick auf die Schwere der Pflichtverletzung hier nicht ausreichend sei. Es sei offensichtlich, dass man als Mitarbeiter nicht im Anschluss an eine beendete Weihnachtsfeier mit der Chipkarte des Kollegen die Räume des Arbeitgebers betreten dürfe, um dort unbefugt vier Flaschen Wein zu konsumieren. Anhaltspunkte für eine dem Kläger erkennbare Duldung dieses Verhaltens seitens der Arbeitgeberin seien nicht ersichtlich. Es stelle sich deshalb allenfalls die Frage, ob das Verhalten bereits eine fristlose Kündigung rechtfertige oder die Interessenabwägung zu einer ordentlichen Kündigung führe.

Auf Vorschlag des LAG haben die Parteien sich im Rahmen eines Vergleichs auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus sozialen Gründen geeinigt.

 

— Svenja Hoppe-Sumic —

_________________________

ZUR AUTORIN

Rechtsanwältin Svenja Hoppe-Sumic
AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Im AGA sind mehr als 3.500 überwiegend mittelständische Groß- und Außenhändler sowie unternehmensnahe Dienstleister aus Norddeutschland organisiert. Der AGA unterstützt in Unternehmens- und Personalführung sowie in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Ferner vertritt der AGA die branchen- und firmenspezifischen Belange seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. www.aga.de

Bildquellen

  • Weihnachtsfeier: bilderstoeckchen / Adobe Stock
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