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Interviews

Dr. Bettina Bunge: Schleswig-Holstein als attraktive Kongress- und Tagungs-Destination bekannt machen

Im Tourismus setzt Schleswig-Holstein auf die Stärkung des Geschäftsreisemarktes und Vermarktung als Ganzjahres-Destination. Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH, spricht im Interview über aktuelle Ziele und Entwicklungen, über das 2018 gegründete Schleswig-Holstein Convention Bureau sowie über Digitalisierung und Nachhaltigkeit im MICE-Geschäft.

Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH. Foto: Peter Lühr

Business-on.de: Schleswig-Holstein hat sich im März auf der ITB in Berlin präsentiert. Welche Eindrücke haben Sie von der Leitmesse der Tourismusbranche mitgebracht?

Dr. Bettina Bunge: Die Reiselaune ist weiterhin erfreulich positiv und die Branche gut aufgestellt, so dass wir auch in Schleswig-Holstein von einem guten Reisejahr ausgehen. In der Norddeutschland-Halle haben wir uns gemeinsam mit Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen präsentiert und vor allem unsere neuen touristischen Angebote, Jubiläen und Neuheiten, wie zum Beispiel die Unesco-Welterbestätte Haithabu/Danewerk vorgestellt. Unser Messestand ist umfassend nachhaltig konzipiert, das fängt mit der Ausstattung an und reicht bis zu den regionalen Speisen. Wir haben viele neue Kontakte geknüpft, Produktideen entwickelt und gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort das Reiseland Schleswig-Holstein prominent vermarktet.

Anlaufstelle für MICE-Kunden

Business-on.de: Seit Beginn Ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH) Ende 2017 legen Sie einen Fokus auf die Tagungs- und Kongresswirtschaft. Was haben Sie bisher erreicht?

Dr. Bettina Bunge: Zunächst einmal haben wir durch Marktforschungsstudien und Gesprächsrunden im eigenen Bundesland vermittelt, wie wichtig die Tagungs- und Kongresswirtschaft als Wirtschaftsfaktor ist und welche Potenziale noch schlummern. Wir haben dieses Geschäftsfeld in unserer Landesmarketingstrategie verankert und erstmals ein Schleswig-Holstein Convention Bureau (SHCB) etabliert, das bei uns in der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein angesiedelt ist.

Es bietet als erste Anlaufstelle für MICE-Kunden – also Kunden aus den Geschäftsbereichen Meetings, Incentives, Conventions und Events – umfassenden Beratungsservice und das ohne Provision. Darüber hinaus koordiniert das SHCB die Vernetzung der dazugehörigen Partner im Land. Wir können ein breites Spektrum an Veranstaltungen bedienen. Unsere professionell ausgestatteten Tagungszentren liegen in ganz Schleswig-Holstein. Unsere Stärke liegt im Größenbereich 50 bis 250 Teilnehmer, aber auch Kongresse bis zu 1.000 Personen fühlen sich bei uns wohl. Aktuell arbeiten wir an unserer Website für den MICE-Bereich www.sh-convention.de mit umfassender Locationsuche und Hilfestellungen für jegliche Anfragen. Als kommunikative Klammer haben wir den Slogan „Schleswig-Holstein – Tagen im echten Norden“ entwickelt und erfolgreich schon Firmen und Verbände für eine Veranstaltung in unserem Bundesland begeistern können.

Business-on.de: Ganz neu kooperiert das Schleswig-Holstein Convention Bureau mit dem German Convention Bureau e. V. (GCB). Was hat es damit auf sich?

Dr. Bettina Bunge: Wir wollen Schleswig-Holstein als attraktive Kongress- und Tagungs-Destination bundesweit in den Köpfen der Entscheider in Unternehmen und Verbänden verankern. Das GCB ist für uns ein wichtiger Multiplikator. Über die Kooperation wird der „echte Norden“ als Tagungsdestination über diverse On- und Offline-Kanäle transportiert. Seit dem Frühjahr 2019 sind wir sogenannter „Preferred Partner“ des GCB und erhoffen uns mit dieser Kooperation eine nachhaltige Steigerung des Bekanntheitsgrades, relevante Kontakte und innovative Ideen für unser MICE-Marketing.

MICE: Übernachtungsvolumen deutlich erhöhen

Business-on.de: Welchen Anteil haben Geschäftsreisen im Vergleich zu Privatreisen? Welche sind die Quellmärkte für die MICE-Anbieter in Schleswig-Holstein?

Dr. Bettina Bunge: Der Urlaubstourismus ist in Schleswig-Holstein generell sehr stark. Der Geschäftsreiseanteil spielt bisher noch eine verhältnismäßig geringe Rolle mit nur rund 5 Prozent. Das wollen wir ändern und mehr MICE-Geschäft nach Schleswig-Holstein holen. Hier erwarten wir mittelfristig einen Anteil von mindestens 10 Prozent am Übernachtungsvolumen.

Auch im Hinblick auf die Positionierung Schleswig-Holsteins als Ganzjahres-Destination ist das MICE-Geschäft von strategischer Bedeutung. Für Tagungen relevante Innovationsschwerpunkte und Wirtschaftscluster liegen in Schleswig-Holstein in den Bereichen Maritime Wirtschaft, Erneuerbare Energien, Digitale Wirtschaft, Medizin- und Biotechnologie/Life Science und Tourismus. Darauf fokussieren wir uns. Wir richten uns an Firmenplaner, Wirtschaftsverbände und -vereine und nicht zuletzt an Event- und Incentive-Agenturen. Unser Quellmarkt ist primär Deutschland beziehungsweise die DACH-Region.

Business-on.de: Das Jahr 2018 hat dem Tourismus im Norden ein Rekordergebnis gebracht. Inwieweit konnte auch der MICE-Bereich profitieren?

Dr. Bettina Bunge: Mit 34,5 Millionen Übernachtungen in 2018 und einem Zuwachs von 15,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr konnte die Tourismusbranche des Landes laut Statistikamt Nord 2019 ein Rekordergebnis erzielen, sowohl im Leisure- als auch im Businessbereich. Knapp 200.000 Betten in 3.200 Betrieben mit zehn oder mehr Betten sind die Kapazitätsgrundlage für diese Berechnung. Bezüglich des MICE-Segments nahmen 2016 laut Meeting- und Eventbarometer 6,38 Millionen Teilnehmer an 77.416 Veranstaltungen in Schleswig-Holstein teil. Im Ranking der Bundesländer stehen wir mittlerweile auf Platz 6.

Megatrends Internationalisierung und Digitalisierung

Business-on.de: Welche Erwartungen haben Sie für die Tagungs- und Kongresswirtschaft für 2019 und die kommenden Jahre?

Dr. Bettina Bunge: Generell wächst dieses Geschäftsfeld international und national. Hier erwarten wir auch für Schleswig-Holstein entsprechende Steigerungsraten, insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit noch geringen Bekanntheit als attraktive MICE-Destination. Die Megatrends Internationalisierung und Digitalisierung verändern auch die Tagungs- und Kongressbranche, aber trotz virtueller Kommunikationsmöglichkeiten ist und wird es weiterhin wichtig sein, sich zu treffen. Im Sinne der GCB-Vision für die Zukunft: ‚Meetings made in Germany connect the world – digital and face-to-face‘ erwarten auch wir in Schleswig-Holstein entsprechendes Wachstum in diesem Segment.

Grundsätzlich müssen wir mit unserem Schleswig-Holstein Convention Bureau und den Partnern im Land noch viel Basiskommunikationsarbeit leisten, um Schleswig-Holstein als MICE-Destination im In- und Ausland bekannt zu machen und als Ganzjahresreiseziel zu etablieren. Wir sind nicht nur Urlaubsland im Sommer, sondern auch Tagungsland über das ganze Jahr hinweg.

Business-on.de: Welche Themen stehen konkret an?

Dr. Bettina Bunge: Das wichtigste Instrument ist für uns derzeit die flächendeckende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Bekanntmachung der vielfältigen Veranstaltungslocations und Kompetenzfelder sowie zum generellen Imageaufbau der Destination. Konkret heißt das Medienkooperationen, Fachartikel und Pressereisen.

Zur Kontaktaufnahme mit Entscheidern präsentieren wir uns im Mai erstmals auf der IMEX, der internationalen Messe der Kongress-, Meeting-, Event- und Incentivebranche, in Frankfurt am Main. Gemeinsam mit dem German Convention Bureau haben wir ein umfangreiches Marketingpaket in Planung und bereiten sogenannte Fam-Trips, Kennenlernreisen zu Destinationen oder Locations, für Veranstaltungsplaner vor. Mit unserem SHCB bieten wir täglich die Möglichkeit, Kunden im Rahmen eines Key-Account-Managements systematisch zu beraten und an unsere Leistungsträger und Unternehmen weiterzuleiten.

Digitalisierung: Roboter statt Messehostessen?

Business-on.de: Wie steht es um die Digitalisierung im MICE-Geschäft in Schleswig-Holstein?

Dr. Bettina Bunge: „Kaum ein Thema wird aktuell kontroverser diskutiert als dieses: Können wir uns vorstellen, dass Kongress-Teilnehmer künftig statt von einer Hostess von einem Roboter begrüßt werden? Welche Automatisierung macht für die Branche Sinn, welche Tagungen finden nur noch im virtuellen Raum statt? Mit dem Projekt „Future Meeting Space“ setzt das German Convention Bureau schon länger auf die Entwicklung neuer Meeting-Konzepte, die den Herausforderungen der Digitalisierung gerecht werden.

Digitalisierung in der MICE-Branche bedeutet nicht nur, dass Kommunikationswege auf einmal „digital“ sind. Beim Buchen von Tagungen bedeutet Digitalisierung schlichtweg Automatisierung. Prozesse, die bisher manuell stattgefunden haben, werden nun automatisch abgewickelt. Die Echtzeitabfrage von Preisen und Verfügbarkeiten, Instant Book genannt, wird aktuell diskutiert.

In Schleswig-Holstein stehen wir insgesamt noch am Anfang der Umsetzung digitaler Projekte. Die Landesregierung hat mit ihrem Digitalisierungsprogramm zunächst den Breitbandausbau und das E-Government im Fokus. Leistungsträger digitalisieren ihre Arbeitsabläufe und Kommunikationswege, wir bei der TA.SH beziehungsweise dem Schleswig-Holstein Convention Bureau kümmern uns derzeit primär, wie schon erwähnt, um unsere Website www.sh-convention.de und die Online-Locationsuche. Zukünftig setzen wir auch auf Virtual Reality, um Veranstaltungsplaner schon ins Land und die Tagungsdestination zu holen, ohne dass sie faktisch reisen müssen.

Tourismus-Cluster: fünf Kernziele im Bereich Nachhaltigkeit

Business-on.de: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im MICE-Geschäft?

Dr. Bettina Bunge: Nachhaltigkeit wird auch im MICE-Geschäft immer wichtiger und umfasst in der Veranstaltungsbranche heute weit mehr als nur regionales und saisonales Catering und Umweltschutz. Die Einhaltung nachhaltiger Standards im Hinblick auf die sozialen Aspekte, Corporate Social Responsibility (CSR), Mitarbeiterkomfort und Compliance ist genauso in den Mittelpunkt gerückt wie das nachhaltige, wirtschaftliche Handeln.

In Schleswig-Holstein wird an einer nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur gearbeitet. Dabei geht es vor allem um ein gut ausgebautes Streckennetz der Bahn, den Einsatz von E-Bussen, E-Autos und Car-Sharing-Modellen. Nachhaltig wirtschaftende Kongresszentren wie die Musik- und Kongresshalle Lübeck, Hotels mit innovativen Energiekonzepten – zum Beispiel das Marina Resort Heiligenhafen, Lifestyle Timmendorfer Strand – gewährleisten einen sparsamen Umgang mit Ressourcen. Ein wichtiger Teil davon ist die saisonale und regionale Küche, wie das Beispiel des landesweiten Netzwerk „FEINHEIMISCH – Genuss aus Schleswig-Holstein“ zeigt.

In der Tourismusstrategie Schleswig-Holstein 2025 wurde dem Thema Nachhaltigkeit ein eigenes Handlungsfeld zugedacht. Seit 2015 befasst sich das Tourismus-Cluster Schleswig-Holstein mit der landesweiten Umsetzung von Maßnahmen. Die fünf Kernziele des Tourismus-Clusters sind die landesweite Vernetzung von Akteuren und Projekten, Informations- und Wissenstransfer, die Steigerung der Zahl der nachhaltigen Betriebe, die Unterstützung bei der Entwicklung nachhaltiger Regionen und Angebote.

Für die Zukunft gilt es, Schleswig-Holstein flächendeckend als nachhaltige MICE-Destination zu entwickeln. Vor dem Hintergrund von nachhaltigen Landesentwicklungsstrategien, den vielfältigen Klima- und Naturschutzinitiativen sowie großen Kompetenzen in Forschung und Industrie können wir uns hier glaubwürdig positionieren und im Wettbewerb erfolgreich behaupten.

Business-on.de: Vielen Dank!

 

— Das Interview führte Tanja Königshagen —

Bildquellen

  • Dr. Bettina Bunge: Peter Lühr
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