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Kolumnen & Glossen

Der Mann der Nobelpreisträgerin

Ehen sind etwas sehr diffiziles, gleich, ob sie auf einer wirtschaftlichen und/oder einer emotionalen Grundlage basieren.

Ehen sind etwas sehr diffiziles, gleich, ob sie auf einer wirtschaftlichen und/oder einer emotionalen Grundlage basieren.

Selbstverständlich geben wir Liebesheiraten spätestens seit Schillers „Kabale und Liebe“ den Vorzug. Liebe ist für uns das einzig tragfähige Argument für eine Eheschließung. Wie unselig es laufen kann, wenn in einer Ehe wirtschaftliche Interessen, Liebe und ein frauenfeindlicher Zeitgeist aufeinandertreffen, zeigt der Film “Die Frau des Nobelpreisträgers“ mit Glenn Close und Jonathan Pryce, der gerade in den bundesdeutschen Kinos angelaufen ist.

Da klingelt eines Morgens das Telefon. Stockholm ist dran und verkündet, dass der diesjährige Nobelpreis für Literatur an Joe Castleman geht. Trotz müder Knochen hüpfen Joe und seine Ehefrau Joan vor Freude auf dem Ehebett und fliegen zusammen mit Sohn David zur Preisverleihung nach Schweden.

Der Zuschauer ahnt, auch weil die Kamera verdächtig oft auf Glenn Closes ambivalenten Gesichtszügen ruht, da ist was faul im Staate. An Betulichkeit und platten Dialogen kaum zu überbieten, kommt peu à peu die Wahrheit ans Licht. Denn Joan ist mehr als die Muse von Joe, sie ist seine Ghostwriterin.

Aber weil im Amerika der 60-er Jahre schreibende Frauen keine Lobby hatten, einigten sich die in Liebe entbrannte und talentierte Studentin Joan und ihr Professor, der flugs noch Frau und Kind verlässt, auf diesen geheimen Deal und das ziehen die beiden fast vier Jahrzehnte lang durch.

Doch jetzt, wo Joe die höchsten Lorbeeren einheimsen soll, kocht die Suppe bei Joan über. Sie erklärt ihrem Ehemann, er solle sie ja nicht in seiner Dankesrede erwähnen. Joe, der tumbe Tor, hält sich nicht dran, ihr platzt der Kragen, sie verlässt demonstrativ die Preisverleihung und verkündet ihm auf der Rückfahrt ins Hotel die Trennung. Das alles spielt Glenn Close so wunderbar, dass sie in dieser Rolle bereits als oscarverdächtig gehandelt wird.

Kein Heldentod

Bevor aber alle Welt weiter auf dem zersauselten und permanent ächzenden Joe rumhackt, der die Emanzipation seiner Frau verhindert hat, möchte ich eine Lanze für ihn brechen. Nicht umsonst hat der arme Tropf stets eine Walnuss in seiner Hosentasche, auf die er die Namen der jeweils Angebeteten und aller Damen kritzelt, die er vermutlich wegen seines stark angekratzten Egos ins Bett bekommen möchte. Er ist die hohle, taube Nuss, heimst Lorbeeren ein, die ihm nicht gebühren. Das geht selbst robusten Männerseelen ans Gemüt.

Die angekündigte Trennung bricht ihm im wahrsten Sinne des Wortes das Herz. Er verstirbt noch in derselben Nacht im Hotelzimmer und ebnet seiner Frau hochherzig den Weg in eine eigene schriftstellerische Karriere – zart angedeutet, als Joan im Flugzeug zärtlich mit ihren Fingern über zwei noch unbeschriebene Seiten ihres Notizbuches streicht.

Für so viel Aufopferung verdient Jonathan Pryce meines Erachtens einen Trost-Oscar.

 

— Susan Tuchel —

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