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Fehler und Irrtümer in der Existenzgründung – Teil 2: Der Faktor Mensch

Zahlreiche Existenzgründer müssen ihre Selbstständigkeit schon in der Startphase oder den ersten drei Jahren aufgeben. Neben persönlichen Gründen sind es die eigenen Schwächen oder eine unzureichende Vorbereitung, die zur Aufgabe führen können. Der Hamburger Gründungsberater und Coach Uwe Twachtmann thematisiert in seiner Beitragsreihe die häufigsten Fehler und Fehleinschätzungen von Unternehmensgründern. Er gibt Tipps aus seiner Beratungserfahrung und schlägt Gegenstrategien vor. Im zweiten Teil der Artikelreihe geht es um den Faktor Mensch.

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Es fehlt die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen

Der Businessplan ist mit der vorgegebenen Struktur ein ideales Mittel, das Geschäftskonzept in allen Punkten zu planen und Strategien für die unterschiedlichen Gründungsphasen zu entwickeln. Häufig denkt der Gründer nicht über eigene Schwächen, externe Marktrisiken und die Konsequenzen für das junge Unternehmen nach. Bei Problemen oder Fehlentwicklungen fehlt ihm die Einsicht, Situation und Gründe zu analysieren. Konsequenzen und die Umsetzung in konkrete Maßnahmen unterbleiben. Mangelnde Selbstkritik hindert den Gründer daran, fehlerhafte Prozesse, Strukturen und Entscheidungen zu überdenken und Fehler zukünftig zu vermeiden. Aus Angst vor (unangenehmer) Kritik und möglichen Konsequenzen nimmt der Selbstständige keine Beratung von außen in Anspruch.

Beispiel: „Ich kann ja schließlich nichts dafür, dass die Aufträge nach der Krise ausgeblieben sind und mein Konto jetzt überzogen ist. Mein Konzept ist doch gut. Die Bank muss mir nur einen Dispo geben, damit ich bald wieder ein Mailing an die Kunden verschicken kann und der Umsatz wieder reinkommt.“

Tipp: Schätzen Sie Schwächen und Risiken realistisch ein und entwickeln Sie unbedingt Strategien für den Ernstfall. Sehen Sie eigene Fehler als Möglichkeit an, sich stetig zu verbessern. Akzeptieren Sie Kritik und Ratschläge als Feedback und mögliche Handlungsalternativen. Holen Sie sich aktiv und rechtzeitig kompetente Unterstützung, bevor Bank und Geschäftspartner Ihnen „die Freundschaft kündigen“.

Falsche Auswahl von Mitarbeitern und Freelancern

Das Geschäft wächst und die zeitliche Belastung steigt. Zur Bewältigung des wachsenden Arbeitsvolumens stellt der Existenzgründer dann Mitarbeiter oder Freelancer ein. Oftmals ist es der Bauch, der die Entscheidung für Mitarbeiter und Dienstleister trifft. Ein konkretes Stellen- und Aufgabenprofil mit fachlichen und persönlichen Anforderungen an den Neuen gibt es nicht. Die entstehenden Kosten sind nicht berechnet und der notwendige Nutzen der zusätzlichen Kapazität nicht festgelegt. Über die rechtlichen Konsequenzen der Beschäftigung hat sich der Unternehmer keine Gedanken gemacht und arbeitet per Handschlag oder auf Basis eines Vertrags aus dem Internet.

Beispiel: „Es könnten wirklich mehr Aufträge und Umsatz sein. Aber jetzt habe ich beim Netzwerken jemanden kennengelernt, der schon in zig Firmen im Vertrieb gearbeitet hat und super Akquise kann. Genauso einen brauche ich, der wird sein Fixum und die Umsatzprovision schon verdienen.“

Tipp: Überlegen Sie sich klare Strukturen und Abläufe für Ihren Betrieb. Legen Sie Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung für den neuen Arbeitsplatz verbindlich fest. Ist die Stelle produktiv und welchen Nutzen wird sie Ihnen konkret bringen? Planen Sie die zusätzlichen Kosten inklusive sämtlicher Nebenkosten. Informieren Sie sich über die Rechtslage und Ihre Rechte und Pflichten. Achtung: Bei Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gilt das Kündigungsschutzgesetz.

Es gibt Zoff im Gründungsteam

Unabhängig von der Gesellschaftsform ist die Gründung im Team eine großartige Möglichkeit, mit Partnern und Freunden zu arbeiten und die verschiedenen Talente und Ausbildungen zu verknüpfen. Oftmals vergessen die Teammitglieder in der Euphorie des gemeinsamen Projekts, verbindliche Regelungen für Verantwortlichkeiten und Kompetenzen festzulegen. Vereinbarungen über Arbeitszeiten und Kapitaleinsatz sowie der Verteilung des gemeinsam erwirtschafteten Gewinns unterbleiben. Das Team verzichtet auf eine schriftliche und verbindliche Dokumentation der geschäftlichen Grundlagen. In der Folge entstehen im Alltagsgeschäft Diskussionen über Entscheidungen, Zuständigkeiten und Verantwortung. Strategiediskussionen enden erfolglos. Für den Fall der Trennung, Auflösung oder den Ausfall eines Gründers existieren keine Planungen und Vereinbarungen.

Beispiel: „Auch wenn wir eine GbR haben ist fifty-fifty nicht fair. Ich habe schließlich die ganzen Projekte allein gestemmt und war manchmal bis 22 Uhr im Büro. Und Du hast vormittags ein bisschen telefoniert und ein paar Kontakte zu Kunden gemacht.“

Tipp: Machen Sie sich Gedanken über die gemeinsamen Ziele und wählen Sie die passende Gesellschaftsform für Ihr Konzept und das Team aus. Treffen Sie verbindliche Vereinbarungen. Schließen Sie unbedingt einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag ab und belassen Sie es nicht bei mündlichen Absprachen. Holen Sie sich dafür kompetente Unterstützung. Und besprechen Sie vor allen Dingen auftretende Probleme sofort und auf der Sachebene mit Ihren Kollegen.

Unseriöse Geschäftspartner

Die Erfahrung zeigt leider immer wieder, dass junge Unternehmer eine bevorzugte Zielgruppe für unseriöse Geschäftspartner und den „schnell verdienten Euro“ durch die möglichen Fördermittel sind. Denn Existenzgründer sind im Geschäftsleben oft unerfahren und ihnen ist mitunter nicht bewusst, dass sie mit ihrer Gründung den Verbraucherschutz und mögliche Kündigungs- und Rücktrittsmöglichkeiten aufgegeben haben. Sie sind mit positivem Feedback leicht zu begeistern und glauben an gemeinsame Projekte und die zukünftige Zusammenarbeit.

Beispiel: „Mein Auftraggeber verspricht mir tolle gemeinsame Projekte für die Zukunft. Weil das Budget nicht so hoch ist und wir die Zusammenarbeit erst einmal ausprobieren wollen, soll ich ausnahmsweise für diesen ersten Auftrag einen Sonderpreis machen.“

Tipp: Suchen Sie sich Ihre Geschäftspartner sehr sorgfältig aus. Fragen Sie konkret nach Details der zukünftigen Zusammenarbeit. Treffen Sie keine mündlichen Vereinbarungen und Zusagen, bestätigen Sie jede Absprache schriftlich. Leisten Sie keine Unterschriften, ohne die Vereinbarung oder den Vertrag vollständig gelesen und verstanden zu haben, schlafen Sie eine Nacht darüber. Das gilt auch und besonders für das Internet.

Im dritten Teil der Reihe „Fehler und Irrtümer in der Existenzgründung“ geht es um „Zahlen und Finanzen“. Das Thema „IT und Internet“ wird Schwerpunkt des vierten Teils der Serie sein.

 

— Uwe Twachtmann —

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