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Crazy Draghi, crazy Flash Boys – was ist noch zu erwarten?

Aktien-, Rohstoff-, Devisen- und Anleihenmärkte im Wirbel der Notenbanken – nach der Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank am 10. März 2016.

Aktien-, Rohstoff-, Devisen- und Anleihenmärkte im Wirbel der Notenbanken – nach der Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank am 10. März 2016.

Aktien-, Rohstoff-, Devisen- und Anleihenmärkte im Wirbel der Notenbanken – nach der Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank am 10. März 2016.

Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi senkte am 10. März 2016 den Leitzins von 0,05 auf 0 Prozent, erhöhte die Negativ-Zinsen für Bankeinlagen und erhöhte auch das Anleihenaufkauf-Programm von 60 auf 80 Milliarden Euro. Hier werden jetzt auch Unternehmens- und Bankanleihen einbezogen. Damit „lieferte“ Draghi weit mehr als Anleger und Analysten zuvor erwartet hatten und dennoch brachen die Aktienmärkte in den Nachmittagstunden am 10. März brutal ein, was verwundert. Erst am 11. März gab es dann wieder starke Kurssteigerungen im Spiel-Casino „Börse“.

Die Aktien-, Rohstoff-, Devisen- und Anleihenmärkte reagierten am 10 März wie auf Knopfdruck unisono mit eigenartigen, sehr volatilen Kehrtwendungen am selben Tag. Die erste überraschende und wenig verständliche Wendung vollzog sich um 16 Uhr während der Pressekonferenz von Draghi, ebenfalls wie auf Knopfdruck und von Geisterhand geführt, da alle Märkte gleich „paradox“ reagierten. Am 16./17. März wird die us-amerikanische Notenbank Fed die Aktien-, Devisen- und Rohstoffmärkte wieder in den Bann ziehen. Damit hängen vor allem die Aktienmärkte weiterhin am Tropf der Notenbank. Aber wie lang kann die größte Manipulation der Kapitalmärkte in der Nachkriegszeit gut gehen?

„Flash Boys“ dominieren die Weltbörsen mit ihren Computerprogrammen – wo bleibt die Vernunft?

Nach der Zinsentscheidung der EZB sprangen die Aktienmärkte zunächst – verständlicher Weise – in die Höhe, um dann Minuten später brutal einzubrechen. Auch die Rohstoff- und Devisenmärkte machten ähnliche Kehrtwendungen am selben Tag mit großem Volumen. Verantwortlich für die Kurskapriolen am 10. März sind die „Flash boys“, also die Hochfrequenzhändler an den Terminmärkten, die in Nanosekundenschnelle die Aktien-, Devisen und Anleihenmärkte per Knopfdruck über die Terminmärkte dominierten und das auf ganz verrückte Weise, denn in den ersten Minuten wurde die Zinsentscheidung für die Aktienmärte positiv und für Gold negativ interpretiert, dann aber wenigen Minuten später – während der Pressekonferenz von Draghi – negativ. Innerhalb von zwei Stunden gab es am Donnerstagnachmittag von 14.15 Uhr bis etwa 17 Uhr unglaublich starke Kursbewegungen in beide Richtungen mit hohem Volumen. Erst am 11. März stiegen alle Aktienmärkte wieder infolge der EZB-Entscheidung und schlossen jeweils höher als am 9. März, erreichten aber noch nicht wieder das Intraday-Hoch vom 10. März.

„Crazy Thursday“ im Überblick

Schauen wir uns noch einmal genau an, was am 10. und 11. März 2016 infolge der „Flash Boys“ und ihrer Computer-Programme genau „Verrücktes“ passierte.

Dax: Der Dax stieg erst nach der Zinsentscheidung der EZB am 10. März zunächst um 250 Indexpunkte von 9.750 auf 10.000 Indexpunkte, um dann blitzschnell auf 9.400 Indexpunkte, also um 600 Indexpunkte einzubrechen. Hernach erholte sich der Dax etwas, schloss aber bei 9.648 Indexpunkten mit 2,3 Prozent im Minus. Das waren dann etwa 1.000 Indexpunkte, die geübte Trader maximal intraday machen konnten. Ungeübte Trader erlebten am 10. März aber wegen der Bullenfalle ihr Waterloo und machten riesige Verluste, wenn sie die Long-Position durchgehalten haben. Am 11. März eröffnete der Dax mit einem Gap nach oben und stieg dann um 3,51 Prozent auf 9.831 Indexpunkte, nachbörslich mit der steigenden Wall Street sogar auf 9.860 Indexpunkte (plus 3,9 Prozent) sodass dann die „Shorties“, also die Leerverkäufer, einen auf den Deckel bekamen und die Short-Positionen schnell eindecken mussten. Die Volatilität, kurz „Vola“ war an beiden Tagen außergewöhnlich hoch, denn Kursprünge um 3 bis 4 Prozent in beide Richtungen macht der Dax nicht alle Tage.

EuroStoxx: Ähnlich „verrückte“ und wenig nachvollziehbare Kursbewegungen machten an den Terminmärkten zur gleichen Zeit auch die amerikanischen Indices Dow Jonas Industrial Index (kurz DJI): am 10. März erst von 17.020 auf 17.100, dann herunter auf 16.840 im Tief, um am 11. März mit plus 1,28 Prozent bei 17.213 Indexpunkten zu schließen. Der Eurostoxx, stieg am 10. März erst von 3.010 auf 3.130, brach dann auf 2.970 Indexpunkte ein, um am 11. März mit einem Plus von 3,77 Prozent bei 3.077 Indexpunkten zu schließen. Per Saldo notierten die westlichen Aktienmärkte unter starken Kurschwankungen dann über den Schlusskursen vom 9. März. Dabei reagierten die europäischen Aktienmärkte nach der EZB-Entscheidung weit volatiler als die amerikanischen Aktienmärkte, was nicht verwundert, da die Kassamärkte via London, Chicago und New York über die Terminmärkte „gemacht“ werden.

Gold: Gold reagierte genau umgekehrt zu den Aktienmärkten nach dem Motto: Wenn die Aktienmärkte steigen fällt Gold und umgekehrt. Erst fiel daher der Goldpreis nach der EZB-Entscheidung von 1.250 auf 1.238 US-Dollar/Unze, um dann intraday sprunghaft im Hoch auf 1.273 US-Dollar/Unze anzusteigen, aber am 11. März wieder um 1,7 Prozent auf 1.250 US-Dollar/Unze zu konsolidieren.

Brent-Öl: Der Brent-Ölpreis reagierte am 10. und 11. März kaum auf die EZB-Entscheidung und bewegte sich seitwärts um die 40-US-Dollar/Barrel-Marke. Aber auch hier gab er erst von 40,8 auf 39,8 US-Dollar/Unze nach, um am 11 März wieder auf 41,0 US-Dollar/Unze anzusteigen, aber nur leicht mit plus 0,24 Prozent bei 40,26 US-Dollar/Barrel zu schließen.

Euro/US-Dollar: Zu ähnlich starken und paradoxen Kursausschlägen kam es bei den Devisenkursen, insbesondere beim Euro zum Dollar. Der Euro brach erst nach der EZB-Entscheidung von 1,10 auf 1,0850 Euro/US-Dollar ein, um dann intraday um etwa 16 Uhr sprunghaft von 1,0845 auf 1,12 Euro/US-Dollar anzusteigen. Derartige Kursprünge in beide Richtungen sind außergewöhnlich. Am 11. März schloss der Euro zu Dollar dann unter starken Kurschwankungen leicht mit 0,25 Prozent im Minus bei 1,1136 Euro/US-Dollar.

Euro-Bund-Future: Noch „verrückter“ reagierte der Euro-Bund-Future, wobei es hier auch einen Kontraktwechsel gab. Der Euro-Bund-Future fiel von 166,6 zunächst auf 162,5, um dann am 11. März bei 161,72 zu schließen. Normalerweise sollte der Euro-Bund-Future bei sinkenden Leitzinsen auf null und Erhöhung der Negativ-Zinsen bei Bankeinlagen bei der EZB ansteigen. Er machte jedoch das Gegenteil.

Alarm-Signale: Nullzinspolitik führt zur Blasenbildung und Enteignung der Sparer

Unverständlich war es auch, dass der Dax gegen 16 Uhr am 10. März um über 500 Indexpunkte fast panikartartig einbrach. Hier bedürfte es einmal einer Untersuchung, wer diese gewaltigen Kursbewegungen und auch warum herbeigeführt hat, denn „normal“ waren sie sicherlich nicht. Was haben die „Anleger“ hier bei der dramatischen Intraday-Kehrtwendung vermutet? Etwa dass die Bankenkrise in Europa, vor allem bei italienischen Banken, weit schlimmer ist als bisher bekannt und die EZB hier wesentlich mehr weiß als der Normalanleger?

Auch die Tatsache, dass erstmals auch Unternehmens- und Bankanleihen aufgekauft werden sollen, dürfte eher als Alarmsignal gewertet werden, denn warum entscheidet sich die EZB sonst zu so einen anormalen Schritt. Damit wird das QE (quantitative easing), also die außergewöhnlichen Maßnahmen der Notenbanken, immer mehr ausgeweitet und keiner weiß so genau, was das noch bringen soll und wo das hinführen wird. Die Abhängigkeit der Kapitalmärkte von der „Drogenpolitik“ der Notenbanken, die zu Blasenbildungen bei verschiedenen Asset-Klassen – außer bei Rohstoffen – führen und zu einer schleichenden Enteignung der Sparer führt, wird damit immer größer. Sogar die Bild-Zeitung rät jetzt zu Aktienkäufen, was nur als weiteres Warn-Signal gewertet werden kann.

Was macht nun die Fed?

Nun wartet alles auf die nächsten Zinsentscheidungen der japanischen Notenbank in der nächsten Woche, die wie die EZB bereits Negativzinsen eingeführt hat, wie die auch der amerikanischen Notenbank Fed am 16./17. März. Kommt es hier zu einer Zinserhöhung und damit gegenläufigen Politik zur EZB, könnten die Aktienmärkte wieder schnell einbrechen. Sollte die Fed die Zinsen nicht erhöhen, könnte es sogar zu einer fortgesetzten Frühjahrsrally kommen.

Moskauer Börse top: plus 30 Pozent

Der russische Aktienmarkt ist mehr von dem Ölpreis als den Entscheidungen der westlichen Notenbanken abhängig, obwohl auch die EZB die Kursverläufe in Russland am 10. und 11. März beeinflusst hat. So stieg der russische RDX-Index am 10. März nach der EZB-Entscheidung erst von 1.000 auf 1.025 Indexunkte an, um dann parallel zum Dax gegen 16 Uhr auf 975 Punkte zu korrigieren. Am 11. März eröffnete der RDX-Index ähnlich wieder Dax mit einem Gap nach oben und schloss mit plus 2,31 Prozent bei der jetzt hart umkämpften, „magischen“ 1000-er-Marke.

Der russische RDX-Index stieg seit dem 12. Februar schon über 30 Prozent und war bis zum 11. März einer der der am besten performenden Aktienmärkte der Welt. Dies hing aber mehr damit zusammen, dass der Rubel infolge des starken gestiegenen Ölpreises deutlich nach oben ging, sodass hohe Währungsgewinne entstanden. So gab der Euro zum Rubel in den vergangenen Wochen seit dem 12. Februar von 90 auf 77 Euro/Rubel nach. Bei einem fallenden Ölpreis sank der Rubel wiederum zuvor sehr stark. Der russische Aktien-Markt bleibt damit einer der besten Trading-Märkte der Welt. Auch liquide Aktien wie Gazprom konnten sich ausgehend von dem Tief von 2,70 Euro nunmehr um über 40 Prozent 3,63 Euro, im Hoch 3,92 Euro erholen.

Osteuropa-Börsen können den Dax outperformen

Acht Börsen aus Osteuropa zählen jetzt schon zu den 30 am besten performenden Börsen der Welt. Stark ansteigen konnten nicht nur die Budapester Börse, sondern auch die baltischen Börsen als „Oasen der Stabilität“ unter den Weltbörsen. Hier gab es auch kein Börsenbeben wie bei den Westbörsen im Januar. Es ist daher wenig verständlich, dass die Osteuropa-Börsen so stiefmütterlich von den meisten Medien abhandelt werden.

 

Andreas Männicke

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