Wie wirken sich Krisen auf das Kooperationsverhalten von Unternehmen aus? Das hat eine aktuelle Studie der Kooperationsmarketing-Agentur Connecting Brands aus Hamburg untersucht. Während strukturelle Umbrüche wie die Digitalisierung und der Trend zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz das Kooperationsgeschehen fördern, ist das Kooperationsaufkommen in der plötzlichen Corona-Krise laut Mitteilung zurückgegangen.
Die empirische Studie führte die Agentur in Kooperation mit Nadine Schneider im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang Marken- und Medienmanagement an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt durch. Demnach wurden zunächst Ende 2020 Experteninterviews geführt. Anfang 2021 folgte eine Online-Umfrage unter 104 kooperationsaffinen Unternehmensvertretern.
Krisen betreffen Firmen unterschiedlich stark
Den Unternehmensvertretern wurden verschiedene Krisen vorgelegt. Danach sollten sie sich dazu äußern, wie stark ihr Unternehmen von der jeweiligen Krise betroffen ist. Von der Digitalisierung zeigten sich 70 Prozent der befragten Unternehmen stark oder sehr stark betroffen, von Klima- und Nachhaltigkeitsthemen rund ein Drittel der Befragten. Was die Corona-Krise betrifft, gaben 97 Prozent der befragten Unternehmen an, betroffen zu sein – aber nur gut die Hälfte, nämlich 55 Prozent, sah sich stark oder sehr stark betroffen.
Wie die Studie ergab, hängt die Betroffenheit deutlich von der jeweiligen Branche des Unternehmens ab. Während der E-Commerce und andere Digitalunternehmen von der Corona-Krise profitiert haben, sind Branchen wie der Einzelhandel, Tourismus und Entertainment in besonderem Maße betroffen. In der Corona-Krise änderten laut Studienautorin 71 Prozent der befragten Unternehmen ihre Marketingstrategie. Über 60 Prozent setzten Marketingmaßnahmen aus und kürzten das Marketingbudget. Das habe sich laut Angaben dann auch auf das Kooperationsverhalten ausgewirkt: Die Hälfte der befragten Unternehmen ist demnach in der Corona-Krise weniger oder gar keine Kooperationen eingegangen.
Knapp ein Fünftel kooperierte mehr
19 Prozent der Unternehmen haben mehr Kooperationen durchgeführt. Viele Unternehmen sind von der Corona-Krise so hart getroffen worden, dass das operative Geschäft auf das nur absolut Notwendige runtergefahren und Marketingbudgets komplett gestrichen wurden. Somit fehlt auch das Budget für Kooperationen. Es macht auch wenig Sinn, Kunden über eine Kooperation anzulocken, wenn Geschäfte oder Hotels aufgrund des Lockdowns geschlossen sind, heißt es in der Mitteilung zu den Studienergebnissen. Daher hätten insbesondere stark von der Corona-Krise betroffene Unternehmen weniger kooperiert. Gleichzeitig seien während der Pandemie vor allem die Unternehmen kooperativ engagiert, die bereits vorher zwanzig oder mehr Kooperationen pro Jahr eingegangen sind.
Digitalisierung befeuerte auch in Kooperationen
Dagegen wirkt die Digitalisierung laut Angaben als ein „Kooperations-Booster”. 41 Prozent sind dadurch mehr Partnerschaften eingegangen. Zehn Prozent davon sogar doppelt so viele oder mehr. Nur acht Prozent gaben an, weniger oder gar keine Kooperationen im Zuge der Digitalisierung durchzuführen: „So nutzen die Unternehmen Kooperationen mit anderen Firmen, um die eigene digitale Transformation voranzutreiben. Die Pandemie hat diese sogar noch beschleunigt“, folgern die Studienautoren.
Das Kooperationsverhalten sei also von der jeweiligen Krise abhängig. Grundsätzlich halten demnach 90 Prozent der in der Studie befragten Unternehmen Kooperationen für ein geeignetes Mittel, um sich in Krisenzeiten gegenseitig zu stärken und zu fördern. 86 Prozent sind der Meinung, mit Kooperationen einen echten Mehrwert schaffen zu können und 58 Prozent halten diese für eine preisgünstige Alternative für andere Marketingmaßnahmen.
Wenn die Corona-Krise die Digitalisierung vorantreibt und der Klimaschutz in den nächsten Jahren noch stärker Fahrt aufnimmt, sollte das die zukünftige Kooperationstätigkeit von Unternehmen weiter beflügeln.
Bitkom: Deutlich weniger Start-ups kooperieren mit Mittelstand und Konzernen
Der Digitalverband Bitkom hat sich ebenfalls mit der Frage nach Kooperationen – aus einer anderen Perspektive – beschäftigt: So gingen deutsche Start-ups im vergangenen Jahr weniger Kooperationen mit etablierten Unternehmen ein. Zwar arbeiten drei Viertel (76 Prozent) der Startups mit Mittelständlern, Konzernen oder Global Playern zusammen. Vor einem Jahr waren es aber noch 90 Prozent. Am häufigsten entwickeln Gründende gemeinsam mit etablierten Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen (54 Prozent). Vier von zehn Startups (43 Prozent) kooperieren auf sonstige Art und Weise, zum Beispiel im Rahmen von Gründerwettbewerben. Jedes Sechste (17 Prozent) gibt an, dass etablierte Unternehmen eine finanzielle Beteiligung bei ihnen halten. Das zeigt die Befragung von mehr als 200 Startups, die vom Digitalverband Bitkom in Auftrag gegeben wurde. „In der Corona-Pandemie haben alle mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen. Auch wenn Vieles im Alleingang schwieriger ist: Kooperationen wurden während Corona vernachlässigt – von beiden Seiten“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Dabei gilt es, gerade in Krisenzeiten zusammenzuhalten und sich gegenseitig zu unterstützen.“
Zusammenarbeit lohnt sich
Dass sich Kooperationen lohnen, zeigen die Erfahrungen der Start-ups. Sechs von zehn (61 Prozent) derjenigen, die mit etablierten Unternehmen Produkte und Dienstleistungen entwickeln oder auf sonstige Art und Weise zusammenarbeiten, berichten von überwiegend positiven Erfahrungen. Ebenso viele (61 Prozent) konnten neue Kunden und Märkte erschließen und über die Hälfte (54 Prozent) ihr Produkt verbessern. Vier von zehn (41 Prozent) stellen durch die Zusammenarbeit eine größere fachliche und technologische Expertise bei sich fest. Doch nicht nur die Start-ups profitieren von der Kooperation, ebenso können die etablierten Unternehmen von den Startups lernen. So ergänzen sich beide Seiten aufgrund unterschiedlicher Stärken und Schwächen, wie 47 Prozent der Gründerinnen und Gründer berichten. Ein Viertel (27 Prozent) sagt allerdings, dass die etablierten Unternehmen mehr von ihnen profitieren als umgekehrt. Fast zwei Drittel (63 Prozent) der Start-ups geben an, dass ihnen die Prozesse bei den Betrieben viel zu langsam und aufwändig waren. Gleichzeitig sagt jedes Vierte, dass es die etablierten Unternehmen als arrogant gegenüber Start-ups erlebt hat. „Die Zusammenarbeit muss auf Augenhöhe stattfinden“, erklärt Berg. „Sie ist dann besonders wertvoll, wenn man in der Lage ist, die eigenen Schwächen und die Stärken des Partners zu erkennen und anzunehmen.“
Bildquellen
- Pressebild_Kooperationen_in_Krisenzeiten: Masterarbeit Nadine Schneider / FHWS 2021
- 210630_startup-kooperationen_pg: Bitkom
- Color: MetsikGarden / Pixabay.com